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Sicherung eines verantwortliches Kreditmarktes in Europa

Prinzipien 1 - 3


P1:    Zugang zu verantwortlichem und sozial angepasstem Kredit muss allen offen stehen.

  1. Kredit ist eine lebensnotwendige Leistung für die Teilhabe in der Gesellschaft.

    In der Industriegesellschaft ist Kredit zu einer Basisdienstleistung für eine Teilhabe in der Gesellschaft geworden. Indem den Menschen eine Verfügungsmöglichkeit über ihr zukünftiges Einkommen eingeräumt wird, erhalten sie Zugang zu den kapitalintensiven modernen Produkten und Dienstleistungen wie PKW, Haushaltsgütern, Fortbildung und Eigenheim. Der Zugang zum Kredit verschafft auch eine Ausgleichsmöglichkeit zwischen wechselnden Einkommens- und Ausgabeanforderungen, die der moderne Arbeitsmarkt mit seiner Flexibilisierung den Verbrauchern zumutet.

    Während Konsumkredit in weniger entwickelten Gesellschaften noch nicht in gleichem Maße notwendig sein muss, ist der Bedarf an Kapital für Existenzgründung und Selbstbeschäftigung überall erforderlich geworden. Hier spielt mangels Eigenkapital der Kredit als das „Eigenkapital der kleinen Leute“ die Rolle eines Menschenrechts, zukünftige Erwerbschancen und eigene Ressourcen bereits vorher für aktuelle Investition nutzen zu können. Daher muss Kredit unabhängig von sozialen, biologischen oder kulturellen Unterschieden der Menschen allen zugänglich sein.

    Um dieses Recht zu verwirklichen, müssen dort Bank- und Kreditsysteme aufgebaut werden, wo sie noch nicht existieren, während dort, wo sie bereits existieren aber diese Menschen ausschließen muss eine Versorgung durch die bestehende entwickelte Bankinfrastruktur gewährleistet werden. Eine staatliche Regulierung sollte daher einerseits unter keinem Vorwand den Zugang zu einem guten und erschwinglichen Kreditangebot unter Wettbewerbsbedingungen verstellen. Dies bedeutet, dass Formen der Kleinstkreditvergabe wie das Microlending sowie alternative soziale Kreditgeber zuzulassen sind. Soweit allerdings solche Institutionen mit geringerer technischer Ausstattung, geringerer Kosteneffizienz und weniger Verbraucherschutz bei höheren Preisen arbeiten, sollten sie allein als Tore für das offizielle Bankensystem wirken.

  2. Banken dürfen nicht diskriminieren.

    Die Gesellschaft hat den Banken die Verwaltung unserer Ersparnisse und damit die geldliche Form unseres nationalen Reichtums anvertraut. Sie sollte darüber wachen, dass dieses Vertrauen nicht missbraucht wird. Das Geld sollte ohne jede Diskriminierung so wieder investiert werden, dass dabei unsere Städte und Regionen versorgt und die Standards von Ethik und Moral auch gegenüber der Dritten Welt eingehalten werden. Zugang zum Kredit sollte unsere Stadtteile und Regionen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung fördern und nicht durch Ausbeutung zerstören.

    Banksysteme in entwickelten Märkten haben die Tendenz, ärmere Verbraucher schlechter zu behandeln, indem sie ihnen, die von anderen Diensten ausgeschlossen sind, Dienste anbieten, die nicht einmal ihre eigenen Standards in der Gesellschaft einhalten. Daher müssen solche Märkte überwacht werden. Daher ist eine Gesetzgebung notwendig, die die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch Transparenz des Kreditvergabeverhaltens der Anbieter weckt (Community Reinvestment), indem Verpflichtungen geschaffen werden, sozial benachteiligte Schichten in das Bankgeschäft einzubeziehen (Mindestgirokonto, gleiche Chancen im Kredit) oder indem durch Subventionen oder Unterstützung die Barrieren abgebaut werden, die spezifisch die verantwortliche Kreditvergabe an diese Menschen behindert. (Zinssubventionen beim sozialen Wohnungsbau, staatliche Bürgschaften bei Existenzgründern und Eigenheim, freier Zugang zu Kredit- und Schuldnerberatung)

  3. Verbraucherkredit und Existenzgründerkredite bedürfen der Aufsicht.

    Die nicht-gewerbsmäßige Nutzung von Krediten muss in einem Rahmen funktionierender Finanzaufsicht, vernünftiger Verbraucherschutzregelung und einer Verbesserung der Wirtschaftsmoral und Ethik erfolgen, um die Nutzer im Markt und vor den Auswüchsen des Marktes zu schützen.

    Verbraucherkredit, Wohnraumfinanzierung und Existenzgründerdarlehen sind unmittelbar mit der sozialen Existenz und dem Wohlergehen der Kreditnehmer verknüpft. Die Inanspruchnahme ist daher nicht eine Konsequenz allein rationalen Kalküls. Kreditnehmer fehlt zudem häufig die Erfahrung und sie müssen unvorhersehbare Ereignisse aus einer schwachen Marktposition heraus mit einbeziehen. Wenn unvermeidbare Zahlungsschwierigkeiten eintreten können die Mechanismen des Marktes allein ihr soziale Existenz nicht ausreichend schützen. Das ist der Grund dafür, warum seid Auftauchen des Geldes in der Wirtschaft Schuldner besonderen Schutz genossen und die modernen Gesetzgeber diesen Schutz mit der Ausdehnung der Kredite an Private intensiviert haben. Verbraucherschutz ersetzt dabei nicht die Eigenverantwortung und Aufmerksamkeit der Verbraucher sondern stärkt sie dort, wo es notwendig ist und kompensiert dort, wo sie nicht möglich oder zum Schutz nicht ausreichend ist.



P2:    Kreditverträge müssen transparent sein und vom Nutzer verstanden werden.

Es muss vollständige Transparenz über den Gesamtpreis einer Kredittransaktion sowie die tatsächlich bereitgestellte Kaufkraft bestehen, damit der Verbraucher rational das günstigste Produkt auswählen und damit Wettbewerb herrschen kann. (Wettbewerbstransparenz) Es muss jedoch ebenso darüber Transparenz herrschen, welche Belastungen sowie evtl. Risiken wann auf die Liquiditätslage des Haushalts in der Zukunft zukommen. (Soziale Transparenz)

  1. Es darf im Wettbewerb nur einen Preis für die gesamte Nutzung geben.

    Wettbewerbstransparenz erfordert eine Preisauszeichnung mit einem standardisierten mathematisch eindeutigen Preis, der als Gesamtpreis („one-price“ Doktrin) als Effektiver Jahreszinssatz alle aus der Nutzerperspektive durch den Kredit entstehende Zahlungsströme erfasst.

    Der Effektive Jahreszinssatz sollte alle auf den Kredit bezogenen Auszahlungen an den Verbraucher (Nettokapital) sowie alle Einzahlungen des Verbrauchers (Belastungen) gleichgültig auf welche Kostenelemente sie sich beziehen zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt umfassen. Dies umfasst Zahlungen aus verbundenen Geschäften wie Restschuldversicherungen, Spar- und Investmentverträgen, Kontogebühren ebenso wie die Zahlungen auf abgespaltene Dienstleistungen, die nach dem Ansatz an der Wertschöpfungskette etwa auf Vermittlerprovision, Akquisitionskosten, Risikogebühren oder Kosten für die Einziehung der Forderungen entfallen. Solche Zahlungen, die auf Produkte entfallen, für die ein Markt und damit eine Alternative besteht, sollten zusätzlich gesondert ausgewiesen werden, damit der Vergleich einfach wird.

  2. Kreditnehmer brauchen einen standardisierten Zahlungsplan.

    Der Zahlungsplan sollte alle gegenseitigen Zahlungen aus allen verbunden Geschäften umfasst. Er sollte die tatsächlichen Auswirkungen der Zahlungen auf das Vermögen des Kunden zum Vertragsschluss und in der Zukunft in Form einer Kontoaufstellung mit Soll und Haben enthalten und auf solche Risiken und ihre Folgen in der Zukunft hinweisen, die mit statistischer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

  3. Verbraucher sollten ausreichend Zeit zur Entscheidungsfindung haben.

    Für eine informierte Entscheidung und zur Einholung fachlichen Rates in Bezug auf das konkrete Angebot ist eine freie Überlegungszeit erforderlich. Das Widerrufsrecht oder das (französische) Recht, ein bindendes Angebot der Anbieterseite einseitig abzulehnen sollte nicht durch eine Pflicht zur sofortigen Rückzahlung behindert werden. Solche Hindernisse betreffen gerade die Schwächsten, die von skrupellosen vor allem Kleinkreditgebern in unnötige Kredite hineingetrieben wurden und verhindert adäquate Marketingpraktiken.

  4. Freier Zugang zu unabhängiger Kredit- und Schuldnerberatung.

    Verbraucher und Kleinunternehmer benötigten am meisten Rat und Hilfe in schwierigen Finanzsituationen. In dieser Lage sind die Verbraucher bereit, Informationen aufzunehmen. Hier fällen sie aber auch die für sie schädlichsten Entscheidungen. Daher müssen sie hier über ihre Rechte sowie die sozialen Konsequenzen bestimmter Anpassungsmassnahmen wie Umschuldungen aufgeklärt und ihnen geholfen werden, mit den Auswirkungen des Kredits auf ihre Familie, ihr Arbeitseinkommen und ihren zukünftigen Konsum fertig zu werden. In solchen Notsituation kann der Markt, der einen mündigen und frei wählenden zahlungskräftigen Verbraucher voraussetzt, keine adäquaten Lösungen bieten. Daher muss es für Verbraucher in der Not billige Kreditmöglichkeiten gemeinnütziger Träger geben.

  5. Finanzielle Allgemeinbildung bildet beide Seiten.

    Beide Seiten müssen an einem wechselseitigen Lernprozess der finanziellen Bildung teilhaben, der den Verbraucher über die Finanzdienstleistungen und die Finanzdienstleister über die Bedürfnisse der Verbraucher informiert.

    Verbraucher müssen die Nutzung von Finanzdienstleistungen und ihrer Risiken lernen. Sie müssen aber auch lernen, dass Produkte und Dienstleistungsangebote veränderbar sind und dass sie selber mit die Verantwortung tragen, dass sie durch ihre Beschwerden, ihre Kreditvermeidung oder den Anbieterwechsel sowie im politischen Prozess bessere und angepasstere Kreditangebote erreichen. Auch die Anbieter müssen in diesem Prozess lernen sich auf die Verbraucher, ihre Bedürfnisse und Risiken einzustellen, damit sie das vom Erwerbsprinzip getragene Interesse zum gesellschaftlichen Nutzen hin entwickeln können. Banker sind nicht Lehrer der Verbraucher aber sie können deren Fragen beantworten.



P3:    Kreditvergabe sollte über die gesamte Kreditlaufzeit fair, verantwortlich und vorsichtig erfolgen.

  1. Kredite müssen für die Nutzer produktiv sein.

    Nicht jeder Zugang zum Kredit ist produktiv für die Nutzer. Vor allem in Europa und den USA ist der Zugang zum Kredit als solchem kaum noch ein Problem. Stattdessen wird ein Übermaß an schlechten Krediten für alle angeboten, die unproduktive Verwendungen fördern, die Abhängigkeit der Verbraucher erhöht und zu Überschuldung und Übervorteilung führen.

  2. Verantwortliche Kreditvergabe erfordert Information, Beratung und Haftung.

    Die Bereitstellung aller notwendigen Informationen sowie einer objekt- und personengerechten Beratung ebenso wie eine Haftung für fehlende und falsche Information und Beratung muss die Verbraucherentscheidung fördern.

    Beratung verbindet die Bedürfnisse der Verbraucher mit ihrem zukünftigen Einkommen und ihrer zukünftigen Kaufkraft und vermittelt ihnen einen konkreten Eindruck darüber, wie sich der Kredit auf das Leben ihrer Familien auswirken wird. Sie ist nur effektiv, wenn der Kreditgeber auch die rechtliche Verantwortung für ihre Richtigkeit, Vollständigkeit und Verständlichkeit übernimmt.

  3. Kein Kreditgeber sollte das Recht haben, die Schwäche, Not, Unerfahrenheit oder Arglosigkeit des Kreditnehmers auszunutzen.

    Wo Märkte Verarmung, Übervorteilung und Abhängigkeit dadurch befördern, dass sie die Reichen begünstigen und die Armen nach ihrem scheinbaren Zukunftswert benachteiligen, muss das Recht dem Mindeststandards entgegenstellen, die auch für die Ärmeren die Bedingungen eines „Als-Ob-Marktes“ verwirklichen. Effektiv wirkende Wuchergrenzen, ebenso wie Regeln, die verhindern, dass Verbraucher in der Not durch ungerechtfertigte Zusatzkosten und unsinnige Zusatzprodukte belastet werden, können dafür Sorgen, dass die Freiheit des Marktes nicht als Vorwand dafür missbraucht wird, Kunden ohne Verhandlungsmacht kartellartig auszubeuten. Soziale Diskriminierung, Ausgrenzung, Preisdifferenzierung nach Einkommen und Einkommensquelle sowie die Überbürdung aller Risikokosten auf die Schwächsten (mit dem Scheinargument, dass auch diejenigen 70% dieser Gruppe das höchste Risiko zu tragen haben, bei denen es später nachweislich nicht eintritt) führt dazu, dass diese Prophezeiung bewusst zur Realität gemacht wird. Soziale Risiken, die die ungleiche Verteilung von Einkommenschancen für geleistete Mühe und Arbeit zwischen Kinderlosen und Eltern, zwischen Kranken und Gesunden, zwischen Jungen und Alten, zwischen Gebildeten und weniger Gebildeten repräsentieren, sollten von allen in der Gesellschaft und nicht nur von den unmittelbar Betroffenen getragen werden.

  4. Vorzeitige Rückzahlung von Krediten muss zu jeder Zeit ohne strafähnliche Zusatzkosten möglich sein.

    Verbraucher sollten das Recht haben, „in ihre Schulden zu sparen“, d.h. ihr Geld zur lukrativsten und sichersten Geldanlage, der Schuldentilgung zu benutzen. Es kann nicht akzeptiert werden, dass aus Profitgier Geldverleiher das Recht erhalten, Verbraucher in der Verschuldung zu halten, um daraus mehr Gewinne zu erwirtschaften. Jede Art von Fälligkeitsgebühr, die über die reinen Verwaltungskosten hinausgeht, ebenso wie die Androhung sonstiger Konsequenzen, verhindert das Recht. Wenn Verbraucher auf ihre Schulden zahlen, dann sollte dies bei Überschuldung immer zuerst von der Zinstragenden Kapitalschuld entlasten.

  5. Umschuldungen und Zusatzkredite sollten zu keinem Schaden führen.

    Umschuldungen führen aus der Sicht der Nutzer zu keiner Kredittilgung sondern zu einer Krediterhöhung und zumeist zu insgesamt verschlechterten Kreditkonditionen in einer Schwächephase. Recht sollte diese Ausbeutung steuern. Scheinlösungen, bei denen zukünftige Chancen gegen aktuelle kurzfristige Erleichterungen eingetauscht werden, müssen verhindert werden.

 

Erzeugt: 04.06.07. Letzte Änderung: 10.07.07.
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