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WORKSHOP S1: "INSOLVENZVERFAHREN UND SCHULDNERBERATUNG – MIT ODER OHNE GERICHTE?" - Guido Stephan (Richter am Amtsgericht, Insolvenzgericht Darmstadt)
THESEN:

• Ein Insolvenzverfahren mit dem Ziel einer nachhaltigen Schuldenbefreiung ist ohne Schuldnerberatung nicht denkbar. Zur Bewältigung der prekären Lebenslage „Überschuldung“ bedarf die überschuldete Person in der Regel einer professionellen Hilfe. Diese Hilfestellung können die Beteiligten im gerichtlichen Verfahren (Gericht oder Verwalter/Treuhänder) nicht leisten. Es ist auch nicht deren Aufgabe.

• Eine Schuldenbefreiung ist ohne Insolvenzverfahren nicht möglich. Zwar ist anzustreben, dass möglichst viele Verfahren zu vertraglichen (einverständlichen) Lösungen geführt werden und dass Gerichte nur unterstützend (z.B. durch eine Zustimmungsersetzung) tätig werden. Kommt es zu keiner einverständlichen Regelung bedarf es zur Durchsetzung des Schuldbefreiungsanspruchs zwingend eines gerichtlichen Verfahrens.

• Nur beides zusammen - das gerichtliche Verfahren und die das Verfahren begleitende Schuldnerberatung - gewährleisten eine nachhaltige Entschuldung. Diesem Erfordernis trägt jedoch der Entwurf eines „Gesetzes zur Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens und zur Entschuldung völlig mittelloser Personen“ nicht Rechnung.

• Bislang wurde die Schuldnerberatung über den § 305 InsO in das Verfahren einbezogen. Durch den zwingenden außergerichtliche Einigungsversuch musste jeder Schuldner eine außergerichtliche Stelle oder außergerichtliche Person aufsuchen, die für die Aufstellung eines außergerichtlichen Plans nicht nur die Vermögenssituation aufarbeiten musste, sondern von ihrem Selbstverständnis heraus auch den Schuldner beraten und begleitet hat. Im Wesentlichen wurde diese Tätigkeit von den geeigneten Stellen (Schuldnerberatung) wahrgenommen. Für einen Rechtsanwalt als geeignete Person war dieses Verfahren nicht attraktiv, weil es zu aufwändig war.

• Künftig soll in den Fällen– so der vorliegende Gesetzentwurf -, in denen der Schuldner wenig oder überhaupt nichts an die Gläubiger leisten kann, von der geeigneten Stelle oder Person lediglich eine Bescheinigung, dass aus diesem Grund ein Einigungsversuch aussichtslos ist, erteilt werden. Für eine solche Bescheinigung muss sich die geeignete Stelle oder Person nicht mit dem Umfang und den Ursachen der Überschuldung auseinandersetzen. Die Vorlage eines Bescheids über den z.B. Bezug von ALG 2 ist in der Regel ausreichend. Diese Bescheinigung werden auch Anwälte bereitwillig ausstellen.

• Somit benötigt künftig der Schuldner keine geeignete Stelle mehr, um ein Insolvernzverfahren beantragen zu können. Da die Finanzierung der Schuldnerberatung häufig mit der Tätigkeit im Verbraucherinsolvenzverfahren verknüpft wird, ist auch zu befürchten, dass die veränderte Aufgabe der geeigneten Stelle im Rahmen eines Insolvenzverfahrens sich negativ auf die Finanzierung der Schuldnerberatung auswirkt.

• Aus diesem Grund wird in der nächsten Zeit nicht die Frage:
INSOLVENZVERFAHREN UND SCHULDNERBERATUNG – MIT ODER OHNE GERICHTE?
sondern die Frage:
INSOLVENZVERFAHREN – MIT ODER OHNE SCHULDNERBERATUNG?
diskutiert werden müssen.

ID: 39694
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 12.05.07
   
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Erzeugt: 08.05.07. Letzte Änderung: 08.05.07.
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