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WORKSHOP S1: "INSOLVENZVERFAHREN UND SCHULDNERBERATUNG – MIT ODER OHNE GERICHTE?" - Einleitung
Moderation: Werner Sanio (Schuldnerfachberatungszentrum Mainz/Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung). Referenten: Thilo Feuchtmann (TeamBank), Prof. Dr. Wolfhard Kohte (Universität Halle), Tim Sommer (Insolvenzhilfeverein), Helga Springeneer (vzbv), Richter Guido Stephan (Amtsgericht Darmstadt, vormals BMJ), Michael Weinhold (AGSBV)

Überschuldung ist zur Geißel der Kreditgesellschaft geworden. Nachdem lange Jahre an die Vernunft der Verbraucher appelliert und die Not der Überschuldung als Anreiz zur Kreditrückzahlung angesehen wurde, hat sich international die Einsicht durchgesetzt, dass ebenso wie in der Wirtschaft auch beim Verbraucher ein Neuanfang notwendig und Schuldbefreiung erforderlich ist. Dabei gehen die Wege auch international weit auseinander. In den USA, wo die schnellste und kompromissloseste Schuldbefreiung existiert(e), hat der konservative Kongress Schulunterricht und Tilgung zur Pflicht der Überschuldeten gemacht.

In Europa sehen viele Länder in der Schuldenbefreiung einen Prozess, der intensiver Begleitung bedarf. Besonders in Deutschland ist dabei die Schuldnerberatung zu einem unverzichtbaren und gesetzlich anerkannten Instrument der Wiedereingliederung ins Wirtschaftleben geworden, für die die Insolvenz nur Symptom nicht aber Grund ist. Mit dem letzten Stand der Reform der Insolvenzordnung haben sich Vertreter einer Rehabilitation durch Hilfe und Vertreter einer auf Effizienz setzenden Schuldenbereinigung auf einen Kompromiss geeinigt. Die Fragen, die die Lager teilten bleiben aber weiterhin virulent:

- Welche Rolle sollen die Gerichte spielen: Sozialingenieure, Schiedsrichter oder Notare?
- Welche Hilfe sollen diejenigen erhalten, die nichts zurückzahlen können?
- Welche Rolle spielt die Schuldnerberatung in dem Verfahren und vertritt sie die Schuldner, die Gläubiger oder das Recht?
- Wie viel Zeit braucht der Schuldner zur Rehabilitation und welche Eigeninitiative wird ihm belassen oder aufgebürdet?
- Was bedeutet das Verbraucherinsolvenzverfahren für die Banken: Schreckgespenst, Entlastung oder Richtschnur?
- Wie kann der Gedanke der Überschuldungsprävention in dem bestehenden System fortentwickelt werden?


Auf dem Podium werden Referenten informieren und diskutieren, die maßgeblich an Reformüberlegungen auf Seiten der Banken, der Schuldnerberatung, der Verbraucherverbände, der Bundesregierung und im Gericht beteiligt sind oder waren.

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Mögliche andere Diskussionsschwerpunkte:

- Überschuldete Personen, Schuldnerberatung und Justiz – Kooperation statt Konfrontation
- Perspektive und Zukunftssicherung für die Schuldnerberatung in Deutschland
- Verändert sich die Rolle/Aufgabe der Schuldnerberatung durch die so genannte Hartz-Reform und wenn ja, mit welchen Konsequenzen für den Beratungs­pro­zess?
- Was können wir von der seit langem geplanten und nun vermutlich tatsächlich anstehenden InsO-Reform erwarten?
- Können die von der Bundesregierung geplanten Änderungen im Kontopfändungs­recht wirksam dem Problem des finanziellen Ausschlusses Überschuldeter begegnen?
- Brauchen wir ein Recht auf ein Girokonto in Deutschland?

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Wichtige Grundgedanken zur Aufgabe der Schuldnerberatung und den möglichen Wegen der Problembewältigung im Feld der Überschuldung - Beitrag von Herrn Sanio auf der Tagung der LAG-SB/LIGA Mecklenburg-Vorpommern am 18.10.2006.

(Sehe Anhang)

ZUR ENTWICKLUNG DER QUALITÄT IN DER SOZIALBERATUNG FÜR SCHULDNER

Neue Steuerungsmodelle der öffentlichen Verwaltung, Finanzierungslöcher in
den Sozialhaushalten, Existenz bedrohende Konkurrenzkämpfe zwischen den
Trägern – dies sind gewiss gravierende Gründe für die Soziale Arbeit zur
Implementierung von Qualitätsmanagement. Ich möchte heute aber den Blick auf
andere Motive richten, nämlich solche, die sich aus dem Selbstverständnis und
der Logik des Beratungsangebots der Schuldnerberatung selbst ergeben.
Qualitätsentwicklung dient nicht der Kontrolle der Beratungskräfte oder einer
einseitigen Leistungsmaximierung. Um die Ziele des Konzeptes zu verstehen, ist
eine umfassendere Herangehensweise erforderlich. Ich möchte auf einige aus
meiner Sicht wesentliche Aspekte eingehen.

GESCHICHTLICHER RÜCKBLICK

Das Thema Qualitätsentwicklung beschäftigt die Schuldnerberatung bereits seit
vielen Jahren. Ende der achtziger Jahre ging es dabei um die Frage, ob
Schuldnerberatung Sozialarbeit ist, es wurde um den Handlungsrahmen der
Schuldnerberatung gestritten und auch die Wirksamkeit der
Beratungsbemühungen stand in der Diskussion1 Dabei wurde frühzeitig für eine
systemische Problemsicht und kritisch-reflektierende Handlungsorientierungen
der Beratungskräfte plädiert.

Kurz nach dem Start der Verbraucherinsolvenzordnung, die durch die
Anforderungen des rechtsförmlichen Verfahrens das Selbstverständnis und die
Zielbestimmung der sozialen Schuldnerberatung auf eine harte Probe stellte, begann auf der Grundlage der Rahmenkonzeptionen der Wohlfahrtsverbände
und des Curriculums für die Fort- und Weiterbildung der BAG-SB die Diskussion
um die Einführung eines Berufsbildes für die Schuldnerberatung. Die Ansprüche
an die juristische Kompetenz der Beratungskräfte, sowie nicht zuletzt die neuen
Haftungsrisiken, die sich aus der Tätigkeit als geeignete Stelle nach § 305 InsO
entwickelten, ließen dabei zunächst - und dies scheinbar zwangsläufig - Fragen
der Beratungsmethodik und der sozialpädagogischen Kompetenz der
MitarbeiterInnen in der Schuldner- und Insolvenzberatung in den Hintergrund
treten.

DIE DISKUSSION UM DAS BERUFSBILD SCHULDNERBERATUNG

Die Arbeitsgruppe Berufsbild der BAG-SB schon vor der Einführung der neuen
Insolvenzordnung4. und später der Arbeitskreis Berufsbild der AG SBV verfolgten
das Ziel, einheitliche Kriterien für das Leistungsangebot der Schuldner- und
Insolvenzberatung zu erarbeiten. Der Arbeitskreis Berufsbild der AG SBV legte
Ende 2001 erste Entwürfe des "Berufsbildes Schuldnerberater" und der
"Rahmenordnung für die Weiterbildung zum Schuldner-/Insolvenzberater" vor,
die in den Folgejahren in den Mitgliedsverbänden der AG SBV intensiv diskutiert
wurden.

Im April 2004 verabschiedete der ständige Ausschuss der AG SBV die in der
Zwischenzeit überarbeiteten Fassungen beider Papiere, nunmehr unter dem Titel
"Funktions- und Tätigkeitsbeschreibung Schuldner- und InsolvenzberaterIn" sowie "Rahmenordnung für die Weiterbildung zum >Schuldner- und
Insolvenzberater/in [...]<". Die Ratifizierung in den Mitgliedsverbänden ist
allerdings bis heute nicht erfolgt und zurzeit scheint offen, wie die Entwicklung
weiter gehen wird. Diese Tatsache verweist auf Probleme in der verbandlichen
Struktur der deutschen Schuldnerberatung – ein gemeinsamer Dachverband
konnte bis heute nicht realisiert werden.

Die Funktions- und Tätigkeitsbeschreibung betont für die fallbezogene Hilfe die
Grundsätze der Freiwilligkeit und Verschwiegenheit bzw. Vertraulichkeit, sie legt
zudem besonderen Wert auf die fachliche Unabhängigkeit der Beratungskräfte.
Auch die Ausbreitung gewerblicher Regulierer und die damit drohende
Beschädigung des Renommees der Schuldnerberatung in der breiten
Öffentlichkeit macht es inzwischen erforderlich, die Kompetenz und Seriosität der
sozialen Dienstleistung Schuldnerberatung transparent und nachprüfbar darzustellen. Statt lediglich quantifizierender Berechnungsmodelle sind aber
zuallererst qualitative Aspekte zu berücksichtigen. Die Definitionen und
Positionsbestimmungen unterliegen in diesem Prozess der fortwährenden
Kontrolle durch die Weiterentwicklung der Beratungspraxis, die somit wiederum
kontinuierliche Überarbeitungsprozesse ihrer theoretischen Grundlagen in Gang
setzt. Für die Schuldnerberatung als Aushandlungsprozess zwischen
verschiedenen beteiligten Akteuren - SchuldnerIn, BeraterIn und Gläubiger - ist
es für die Entwicklung eines Instrumentariums zur Optimierung des Angebots
sinnvoll, den Begriff Qualitätsentwicklung statt Qualitätssicherung zu verwenden,
denn es geht hier um fachliche Entwicklung nicht nur um Verwaltung/Kontrolle.

ZWISCHENBILANZ

Das Arbeitsfeld Schuldnerberatung hat in den letzten 10 Jahren enorme
Veränderungsprozesse erfahren, sowohl bezüglich der Art und Weise, in der die
Beratungsleistungen erbracht werden, als auch bezüglich der Bedeutung, die
unseren Bemühungen von der interessierten Öffentlichkeit und seitens der
(sozial-) politisch Verantwortlichen beigemessen wird. Diese Veränderungen
waren für uns oft mit großen Bedenken verbunden, ob veränderte
Rahmenbedingungen - siehe Verabschiedung und Einführung der InsO zwischen
1994 und 1999 oder die Hartz-Reformen 2005 –die Identität, die Ziele und das
Selbstverständnis der Schuldnerberatung nachhaltig beeinträchtigen, verwässern
oder in ihrem Umfang reduzieren könnten.

Heute stehen wir vor einer – jedenfalls angekündigten – Reform des
Insolvenzverfahrens und es bleibt abzuwarten, was diese für die Praxis bringen
wird. Wir können im Sinne eines wohlverstandenen Qualitätsmanagements auf
der politischen Ebene nur hoffen, dass die energische Intervention der
Sozialressorts und der Verbände der Schuldnerberatung im BMJ und bei den
Länderjustizministerien hinreichend Gehör gefunden haben und Einsicht
bewirken können.

Für unser heutiges Thema sind jedoch vor allem die Erfahrungen aus acht
Jahren InsO-Praxis interessant, die zeigen, dass alleine die Identifizierung von
Schwachstellen und Stolperfallen im Verfahren noch nicht für deren Beseitigung
sorgt, denken wir nur an eine Untersagung der
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im außergerichtlichen Einigungsversuch oder
die Einführung von Zwangsmitteln gegen Gläubiger, die eine
Schuldenregulierung sabotieren – beides Regelungen, auf die wir bis heute
warten.

Auch beim Thema Qualitätsmanagement ist letztlich entscheidend,
Veränderungsmacht zu besitzen, um Verbesserungen erreichen zu können.

Sechs Themenbereiche:

1. Ebenen von Qualität
2. Überschuldung: Problemdefinition, Ursachenforschung und Grundlagen der Beratung
3. Identitätsentwicklung der Schuldnerberatung
4. Zielvorstellungen der Schuldnerberatung
5. Qualitätsmerkmale in der Schuldnerberatung
6. Prozesse der Qualitätsentwicklung in der Schuldnerberatung
7. Ausblick und Perspektive

ID: 39573
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 12.05.07
   
 

Erzeugt: 26.03.07. Letzte Änderung: 21.05.07.
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