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WORKSHOP F3: "VERSCHULDET IN DEN BERUF – WELCHE CHANCEN UND GEFAHREN BIETEN DIE NEUEN STUDENTENKREDITE?" - Achim Meyer auf der Heyde (Deutschen Studentenwerks)
Antworten zur Diskussionsfragen von Herrn Achim Meyer auf der Heyde (Deutschen Studentenwerks, DSW)

1) LASSEN SICH POTENTIELLE STUDIERENDE DURCH STUDIENGEBÜHREN ABSCHRECKEN?

Dies ist durchaus möglich, vor allem bei Studierenden aus einkommensschwächeren und bildungsferneren Elternhäusern. Denn Studiengebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester bedeuten für Studierende Mehrkosten von 83 Euro pro Monat und 27 % der Studierenden haben monatlich nur weniger als 600 Euro zur Verfügung, insgesamt rund 46% nur bis zu 700 Euro. Da sind 83 € monatlich eine erhebliche Belastung, zumal die Länder anstelle Stipendien als sozialverträgliche Alternative nur Studiengebührendarlehen anbieten und Hochschulabsolventen während der Berufseintritts-, Familien- und Existenzgründungsphase möglicherweise mehreren Rückzahlungsverpflichtungen aus BAföG, Bildungskredit, Studienkredit, Studiengebührenkredit ausgesetzt sein können.
Inwieweit sich Studierwillige jetzt eher gegen ein Studium und für eine Lehre entscheiden – ist bisher empirisch nicht eindeutig belegbar. Allgemeine Studiengebühren sind erst seit diesem April in 5 Bundesländern eingeführt. Dennoch dürften die zurückgehenden Studienanfängerzahlen auch eine Folge der Einführung von Studiengebühren sein.

2) KANN MAN DIESE POTENTIELL ABGESCHRECKTEN JUNGEN MENSCHEN DURCH EINE STUDIENFINANZIERUNG SOWEIT BERUHIGEN, DASS SIE EIN STUDIUM AUFNEHMEN?

Die Stichworte heißen: Einfachheit/Transparenz und Sicherheit/Verlässlichkeit. Ist eine ausreichende staatliche Studienfinanzierung gegeben, dann können Familien auch überzeugt werden: Das Studium ist finanzierbar. Wir brauchen daher Verlässlichkeit der Politik: bei BAföG-Anpassungen, einer automatischen Koppelung an die Einkommens- und Preisentwicklung. Seit 2001 sind die Fördersätze des BAföG konstant. Die Bundesregierung selbst seitdem hat jeweils in ihrem 15., 16., und 17. BAföG-Bericht Anpassungen um insgesamt rund 10% als notwendig formuliert, aus fiskalischen Gründen aber bislang auf sie verzichtet. Ebenso ist von Bund beschlossene Absenkung der Altersgrenze beim Kindergeld von 27 auf 25 Jahre bildungspolitisch kontraproduktiv.Sollen mehr Studierende gewonnen werden, dann geht das nur über eine ausreichende und konstante Studienfinanzierung, die dann auch die möglichen Abschreckungseffekte überlagert.

3) WELCHE VORAUSSETZUNGEN MÜSSEN GEGEBEN SEIN, DAMIT EIN SOLCHER STUDIENKREDIT IHNEN SINNVOLL ERSCHEINT, ODER ANDERS GEFRAGT, WÜRDEN SIE JEDEM STUDIERENDEN EINEN SOLCHEN KREDIT GEWÄHREN?
a) Voraussetzungen in der Person?
b) Voraussetzungen des Studienfachs?
c) Voraussetzungen der universitären Struktur?

Die Studentenwerke haben 2005 Kriterien für Studiendarlehen beschlossen: Zwei der Essentials sind:
a) Der Zugang zu Studienkrediten muss allen Studierenden gleichermaßen und zu gleichen Konditionen offen stehen, unabhängig von der Wahl des Studienfachs,
b) Die Freiheit der Berufswahl darf nicht durch Kreditvergabe nach Fachwunsch oder Studienzielen beeinträchtigt werden.
Wichtig ist für uns, dass die Studierenden nicht in eine Schuldenfalle laufen.Die Studienfinanzierungsberatung darf nicht zu einer Schuldnerberatung werden. Unser Schwerpunkt liegt auf der Beratung über die günstigste Finanzierungsform. Auch die Stiftung Warentest kommt zu dem Ergebnis: Es gibt keine günstigere Finanzierung als das BAföG.

4) EINE SOLCHE STUDIENFINANZIERUNG IST JA EIN LANG LAUFENDER KREDIT, WERDEN SOLCHE KREDITE VON IHNEN/NACH IHRER EINSCHÄTZUNG KÜNFTIG
a) bonitätsabhängig vergeben - welche Bonität?
b) mit variablen Zinssätzen vergeben, können Studierende das Risiko tragen?

Die Fragen sind eher: Wie schaffen wir es, trotz unseres demographischen Problems so viele Geeignete wie möglich zu einem möglichst hohen Ausbildungsabschluss zu führen, damit die Wirtschaftskraft Deutschlands durch Know-how weltmarktfähig bleibt? Wie muss dann eine Förderung aussehen? Sie kann nur aus Zuschuss und anteiligem Darlehen bestehen. Die 2001 mit der BAföG-Reform beschlossene Darlehensdeckelung auf 10.000 Euro beim BAföG war ein klares Signal für Transparenz und Kalkulierbarkeit: mehr als maximal 10.000 Euro sind nicht zurückzuzahlen.
Darüber hinaus gilt es weitere Sicherheitselemente herauszustellen: Fixzins, Zinscap, maximaler Auszahlungsbetrag und Warnhinweise bei Krediten über 25 bis 30.000 Euro inkl. Zinsen, Beratungsprotokolle. Dies sind aus unserer Sicht zielführende Maßnahmen.

5) GIBT ES ERFAHRUNGEN MIT BAFÖG-EMPFÄNGERN, DIE SICH FÜR DIE KÜNFTIGEN ANGEBOTE DER STUDIENFINANZIERUNG NÜTZEN LASSEN - UND WELCHE?

Das BAföG hat mehrere Elemente, die den Studierenden Sicherheit vor einer zu hohen Verschuldung geben: Die Begrenzung der Rückzahlungshöhe auf max. 10.000 Euro, die Zinslosigkeit, die 5-jährige Karenzzeit, die einkommensabhängige Rückzahlung, eine erträgliche Ratenhöhe von 105 Euro/mtl., die max. 20-jährige Rückzahlungsphase, Darlehensteilerlasse. Dies sind klare Signale: Ein Studium ist finanzierbar.

6) GIBT ES ERFAHRUNGEN AUS DEM AUSLAND MIT DER STUDIENFINANZIERUNG, DIE IN DIE DEUTSCHE DISKUSSION EINGEBRACHT WERDEN KÖNNEN?

Bei den Zinssätzen belächeln uns Niederländer und Schweden, die durchaus eine Mischfinanzierung aus Zuschüssen und Kreditanteilen haben, aber nur bis 3 % Zinsen verlangen – weil es eine als Bildungs- und damit Zukunftsförderung für die Gesellschaft angesehen wird.

Achim Meyer auf der Heyde
Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW)

ID: 39690
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 11.05.07
   
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Erzeugt: 08.05.07. Letzte Änderung: 08.05.07.
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