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WORKSHOP S2: "UPDATE BEI SCHROTTIMMOBILIEN – ERFAHRUNGEN UND AUSBLICK" - Rechtsanwalt Eberhard Ahr (Bremen)
Abstract

DIE RECHTSPRECHUNG ZU DEN SCHROTTIMMOBILIENFÄLLEN MUSS SICH ÄNDERN!

Seit Jahren gaben die meisten Gerichte bis hin zum dafür zuständigen 11. Senat beim Bundesgerichtshof in den so genannten Schrottimmobilien-Prozessen immer wieder den Banken recht, weil diese vor Gericht behaupteten, sie hätten mit den überteuert verkauften Wohnungen und den damit verdienten hohen Provisionen nichts zu tun, sondern lediglich auf Antrag der ihnen unbekannten Vermittler oder Treuhänder des Verbrauchers, den Kredit für die Wohnungen gegeben.

Ebenfalls seit Jahren warfen die Anlegeranwälte vor Gericht den Banken, vor allen Dingen der HypoVereinsbank in München, vor, die finanzierten Kaufpreise seien wegen darin versteckter Innenprovisionen von mindestens 18,4 % u.a. unnötiger Kosten sittenwidriger Wucher und sie, die Banken, hätten dies gewusst. Trotzdem bestritten diese und deren juristische Vertreter dies hartnäckig immer wieder. Sie leugneten nicht nur das Vorhandensein dieser Provisionen, sondern auch, dass diese in den Kaufpreisen versteckt gewesen seien. Sie bestritten darüber hinaus stets, dass sie von der Sittenwidrigkeit dieser Geschäfte gewusst hätten. Eigene Einwertungen hätten dies nicht ergeben und agierten dabei mit verfälschenden „Marktpreisen“.

Dazu kamen bewusst rechtliche Falschdarstellungen, z.B. in den so genannten Treuhandfällen. Dort haben die Gerichte die den Treuhändern erteilten Vollmachten wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz für nichtig erklärt. Die Banken nahmen allerdings so genannten Vertrauensschutz in Anspruch, der ihnen vom Bundesgerichtshof auch bereitwillig gewährt wurde mit der Begründung, die Banken hätten damals in den 90-er-Jahren diesen Verstoß nicht erkennen konnten. Dabei war genau das seit den Bauherrenmodellen in der Fachliteratur längst bekannt.

„Treuhänder“ waren das ohnehin nicht, sondern allein an der finanziellen Ausbeutung ihrer „Treugeber“ interessiert. Auch das wussten die Banken, weil sie den Treuhändern Kreditvermittlungsprovisionen zahlten und die im Kaufpreis enthaltenen Innenprovisionen kannten (sh. u.).

Bei den so genannten Haustürfällen zogen sich die Banken in den Verfahren vor allem darauf zurück, dass sie sich trotz der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes darauf verlassen konnten, dass sie nach deutscher Rechtslage den Kreditnehmern von Immobilienkrediten den Haustürschutz (Widerrufsbelehrung) nicht zu gewähren brauchten.

Neue Unterlagen, die vor allen Dingen über Durchsuchungen der Kriminalpolizei in Filialen der Hypovereinsbank gefunden wurden, und neue Recherchen von Verbraucheranwälten zu diesen Behauptungen belegen inzwischen: Dies alles sind bewusste Falschdarstellungen!

Es waren die Treuhandfirmen und deren Vermittlerorganisationen z.B. der Herren Schweigert und Bündgen aus Köln mit den Vertrieben der Schaul-Brüder in Heilbronn, die vor allem bei der HypoVereinsbank und auch der Deutschen Bank sowohl die Konzeption als auch den Vertrieb der Eigentumswohnungen einschl. der Finanzierungen steuerten und all dies im Voraus mit den jeweiligen Niederlassungen der Banken absprachen. Dabei wurden den Banken diese Konzeptionen stets offen gelegt, also auch die Tatsache, dass im Kaufpreis eine Innenprovision von mindestens 16% zzgl. der damals gültigen Mehrwertsteuer versteckt gewesen ist und zwar zusätzlich zu den im Prospekt offen ausgewiesenen Provisionen von 3% und den anderen oft unnötigen Funktionsgebühren von mindestens 16,1 %.

Diese Kaufpreiszusammensetzung nahm z.B. die Hypobank in die Kreditprotokolle ihrer internen Akten auf und damit auch die Innenprovision, die der Kunde unwissentlich mit dem Kaufpreis zahlte und die ihm die Bank finanzierte. Der Bank selber, jedem ihrer Mitarbeiter in den Kreditabteilungen war dies also bekannt, wurde aber stets hartnäckig vor Gericht geleugnet!

Zudem holten die Banken von eigenen Bewertungsfirmen im Vorfeld Wertermittlungen zu den Objekten ein, aus der sie die überhöhten Kaufpreise und damit die Gefährlichkeit der Finanzierung für ihre Kunden hätten leicht entnehmen können. So wurde die HypoBank zum Beispiel in einem solchen Gutachten zu einem Objekt in Lübeck darauf aufmerksam gemacht, dass die Preise und die Mieterwartungen an der absolut obersten Grenze seien.

Damit wussten diese Banken, dass die so genannten Treuhänder ihre Kunden und damit auch die Darlehensnehmer der Banken über die Zusammensetzung der Kaufpreise und vielfach auch die zu erwartenden Mieteinahmen täuschten und betrogen. Sie ließen ihre Kunden, wie Anlegeranwälte in den anhängigen Verfahren immer wieder betont hatten, damit „ins offene Messer laufen“.

Der renommierte Vorsitzende der 8. Großen Strafkammer beim Landgericht in Göttingen kommt in einer Auswertung von beschlagnahmten Bankakten deshalb sogar zu dem Ergebnis, dass sich z.B. die HypoVereinsbank damit zunächst der Beihilfe zum Betrug später sogar des aktiven Betruges schuldig gemacht hat.

Betroffen waren aber auch andere, z.B. die Bauträgergesellschaften, die sich die Treuhänder für die Durchführung der Baumaßnahmen suchten. Deren Gewinne waren äußerst knapp kalkuliert und wurden oft schnell, weil sie bei der Finanzierungsbank „eingefroren“ waren, durch erhebliche Bauzeitzinsen wegen schleppendem Abverkauf der Wohnungen oder Bauverzögerung „aufgefressen“. Viele Baugesellschaften gingen in diesem Zusammenhang in die Insolvenz.

Auch dazu liegen nunmehr beweiskräftige Unterlagen vor. Darüber hinaus ergibt sich dies aus inzwischen vielfach vorliegenden und vor Gericht durchgeführten Beweisaufnahmen.

Was den Europarechtlichen Haustürschutz angeht, der inzwischen in mehreren Verfahren zu den so genannten Schrottimmobilien gegen die Banken beim Europäischen Gerichtshof eine Rolle gespielt hat, meinten die Bankjuristen, dass ausgerechnet die schwerwiegendste und die langfristigste Kreditart des Immobilienkredites davon ausgenommen sein soll. Solche Kredite sollten ohne Folgen quasi an der Haustür verkauft werden dürfen, obwohl das Gesetz für jeden Heizdeckenverkauf in diesen Fällen ein Widerrufsrecht vorsieht und Kredite überhaupt an der Haustür vorher gänzlich verboten waren. Die Banken beriefen sich einfach darauf, der Deutsche Gesetzgeber hätte davon im Verbraucherkreditgesetz eine Ausnahme gemacht.

Eine Reihe von Banken, insbesondere die HypoVereinsbank aber auch die Deutsche Bank unterließen deshalb die vorgeschriebene Widerrufsbelehrung und verließen sich auch hier darauf, dass ihnen die Gerichte den Vertrauensschutz dafür gewährten.

Wie interne Bankunterlagen aber beweisen, waren sie sich dieser Verstöße durchaus bewusst. So wird z.B. in dem so genannten IWD (Interner Weisungsdienst) Ordnern der HypoVereinsbank eine genaue Anleitung dafür gegeben, wie der Haustürschutz z.B. durch vom Kreditnehmer einzuholende Unterschriften, wonach der Besuch vorher vereinbart gewesen sei, umgangen werden kann. In einem Merkblatt von 1995 wird unumwunden zugegeben, dass die Widerrufsbelehrung nicht aus den o.g. rechtlichen Gründen unterbleibe, sondern angeblich aus Gründen der Refinanzierung.

Ähnlich bei den so genannten Treuhandfällen, in denen der Darlehensnehmer den Treuhandfirmen lediglich eine Vollmacht erteilte und der Treuhänder dann den Kaufvertrag und den Kredit besorgte: Die Gerichte urteilen seit langem, dass eine solch weitgehende Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt und nichtig ist. Die Treuhänder konnten also gar keine Kredite für die Schottimmobilien aufnehmen. Die Banken verteidigten sich damit, dass die in den 90-er-Jahren auf die Wirksamkeiten dieser Vollmachten vertrauen konnten und von dieser Rechtsprechung überrascht gewesen seien und die Gerichte folgten wiederum.

Eine Aufarbeitung der Rechtsprechung dazu aus der Zeit davor ergibt aber, dass dies eine Legende ist. Bereits seit den 60-er-Jahren wird das Problem der Nichtigkeit solcher Verträge in der Rechtsprechung und der einschlägigen Fachliteratur diskutiert, worauf etwa schon 1984 die einschlägigen Standardwerke für solche Vertragsgestaltungen (z. B. von Goldbeck/Uhde; „Das Bauherrenmodell in Recht und Praxis“) unter Hinweis auf andere Fachliteratur auf diese Problematik hinwiesen.

Bremen im Mai 2007

Eberhard Ahr, RA
Obernstraße 76
28195 Bremen
e.ahr@nord-com.net

ID: 39679
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 12.05.07
   
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Erzeugt: 04.05.07. Letzte Änderung: 08.05.07.
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