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Zehn Punkte zur Überwindung der Kreditkrise – Ein Vorschlag aus dem iff
Zehn Punkte zur Überwindung der Kreditkrise – Ein Vorschlag aus dem iff

Die aktuelle Bankenkrise führt zu einer Bedrohung von Anlegern und Schuldnern, unterminiert das Ansehen des Finanzplatzes Deutschland, zweckentfremdet Steuern in Milliardenhöhe für Bankensanierungen, die wir für die öffentliche Wohlfahrt bräuchten und trägt zur Armutsschere durch Überschuldung von Teilen der Bevölkerung bei. Sie stellt eine nicht zu rechtfertigende dreifache Umverteilung von Vermögen von ärmeren Verbrauchern auf zweifelhafte Kreditgeber, von diesen Kreditgebern auf Investoren und Großbanken und schließlich vom Staat auf die Gläubiger maroder Banken dar.
Grundproblem ist die durch die durch eine einseitig an Globalisierung und Markfreiheit orientierten Wirtschaftspolitik der vergangenen 8 Jahre entfesselte Zügellosigkeit des Kreditgeschäftes und die Möglichkeit, unrechtmäßige Gewinne zu behalten aber die Risiken weiterzugeben. Deutschland könnte in der Tradition eines soliden Bankgeschäftes und einer verantwortlichen Kreditpolitik, die es aus den ersten 50 Jahren nach dem zweiten Weltkrieg mitbrachte, in Europa eine Vorreiterrolle bei der Wiedergewinnung von Stabilität spielen. Dazu müssten alle gesellschaftlichen Kräfte zusammenwirken, mehr öffentliche Verantwortung für den Kreditsektor gezeigt und die Brüsseler Deregulierungspolitik stärker kontrolliert und diskutiert werden. Die Menschen in Deutschland müssen erkennen, dass sie als Staatsbürger, Verbraucher und Arbeitnehmer direkt für ihr Geldsystem Verantwortung tragen und darauf einwirken können. Folgende 10 Punkte zu einer aktiveren Rolle der Verbraucher bei der Mitbestimmung im Geldsystem sollten Anregung zur Diskussion sein.

1. (BANKENAUFSICHT) Das Bundeskartellamt ist zu einem „Bundesamt für Wettbewerb und Verbraucherschutz“ auszubauen.
Ihm sind im Finanzdienstleistungssektor Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, Beschwerden der Verbraucher entgegenzunehmen, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zugunsten der Verbraucher zu überwachen und ein Gegengewicht zu Bundesbank und BAFIN zu bilden. Das neue Bundesamt sollte der Staatsanwaltschaft zuarbeiten und Ermittlungen unterstützen. Es sollte engen Kontakt zu den Verbraucherverbänden halten und in den gesetzgeberischen Verfahren beteiligt werden sowie Aufträge für die unabhängige Erforschung der Wirkungen der Finanzdienstleistungen auf alle Verbraucher vergeben können.

2. (BANKENKONKURSE) Ein neuer Abschnitt in der Insolvenzordnung für einen bankenspezifischen Insolvenzplan mit Gestaltungsrechten eines Verwalters ist zu erarbeiten, der den Umgang mit drohenden Bankinsolvenzen regelt.
Bei Schieflage sollte einerseits die Schließung und der Konkurs der Bank ebenso aber auch ein Zwang des Staates zum Ausgleich von Defiziten verhindert werden. Es muss dafür Sorge getragen werden, dass die Manager zur Krise nicht als Manager der Krise auftreten können. Zahlungen der Bankausfallfonds müssen frei von politischen Erwägungen eingefordert werden können. Die BAFIN darf mit der Schließungsdrohung Parlamente nicht mehr unter Druck setzen.

3. (BANKENHAFTUNG) Alle Garantie- und Haftungsbeziehungen des Staates gegenüber Kreditinstituten müssen offengelegt und auf gesetzliche Grundlage gestellt werden. In diesen Gesetzen ist sicherzustellen, dass der allgemeine Haushalt nur für solche Geschäfte haftet, die unmittelbar öffentliche Aufgaben betreffen.
Geheime Verträge mit staatlich beherrschten Banken, Bürgschaften, intransparente Schachtelbeteiligungen und Großkreditvergabe mit dem Ziel der Herbeiführung einer Staatshaftung haben verhindert, dass die Krisen der Landesbanken als Krisen des Bankensystems begriffen wurden. Bei Bankenzusammenbrüchen sollten vor allem diejenigen an der Sanierung beteiligt werden, die an den Verlusten dieser Banken verdient haben.

4. (VERBRAUCHERSCHUTZ) Die Qualität der aktuellen Verbraucherkreditvergabe und Pflege ist entscheidend zu verbessern, so dass die Kredite zielführender, nicht mehr so Überschuldungsanfällig und weniger für Ausbeutung durch Cross-Selling und Umschuldungen geeignet werden.
Dazu ist ein verbesserter Verbraucherschutz notwendig, der die aktuelle Entwicklung weg vom Schuldnerschutz hin zu einem am wohlhabenden Verbraucher orientierten Informationsmodell umkehrt. Ein qualifizierter Kündigungsschutz bei Zahlungsproblemen, die Pflicht, zur Anpassung der Kreditverhältnisse an veränderte Umstände der Konsumenten und Wohneigentümer, das Verbot der Ausbeutung von Notlagen sowie ein kompromisslose Transparenz über alle mit dem Kredit zusammenhängenden Kosten im Zinssatz sind Voraussetzung. Chance dafür bietet die 2008 anstehende Diskussion der Umsetzung der EU-Konsumentenkreditrichtlinie 2008.

5. ("ALTERSVORSORGE AUF KREDIT") Mit Kredit finanzierte Anlagegeschäfte mit Verbrauchern müssen in besonderer Weise staatlicher Kontrolle unterstellt werden.
Das „Sparen auf Kredit“ gefährdet die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und überfordert ihre Vorstellungskraft insbesondere bei Geschäften an der Haustür. Eine Unterschrift kann das Leben ruinieren. Skrupellose Geschäftemacher sehen hier die Möglichkeit, zweifelhafte Anlagen an ungeübte Verbraucher, die sonst gar nichts anzulegen hätten, zu verkaufen. Die Grundsätze des „Verbundenen Geschäfts“ sowie das Umgehungsverbot des Gesetzes müssen für alle finanzierten Anlagegeschäfte effektiv wirksam einen Preis, ein Risiko und eine einheitliche Verantwortlichkeit für Beratung und Information verankern. Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist kontraproduktiv.

6. (VERKAUF NOTLEIDENDER KREDITE) Der Verkauf ungekündigter Kreditverhältnisse und der damit einhergehende Gläubiger bzw. Schuldneraustausch gegen den Willen der Kreditnehmer muss unterbunden werden.
Der Verkauf ungekündigter Kreditverhältnisse gegen den Willen der Verbraucher ist rechtswidrig und verstößt gegen das verfassungsmäßige Recht der Schuldner, den von ihnen ausgewählten Kreditgeber auch in der Not verantwortlich machen zu können. Die andere Auffassung des Bundesgerichtshofs verstößt gegen die Verfassung. Der Gesetzgeber könnte dies klarstellen. Das Verfassungsgericht müsste dies beurteilen.

7. (KÜNDIGUNGSSCHUTZ FÜR HAUSBESITZER) Das Kündigungsrecht für Kredite insbesondere bei Wohnraum muss ausgebaut und dem Mieterschutz angenähert werden.
Nur so kann die sinnlose Zwangsversteigerung zu Spottpreisen eingedämmt werden. Wer Hypothekenkredite anbietet muss auch in der Krise der Kunden verantwortlich bleiben. Kündigungs- und Anpassungsschutz muss weiterhin von ihm gewährleistet werden. Es ist sicherzustellen, dass die besondere Zweckbestimmung der Kredite durch Forderungsabtretungen nicht gefährdet wird. Anpassung geht vor Zerschlagung. Forderungsabtretungen sollten nicht mehr bewirken als wie zur Refinanzierung und Risikostreuung wirtschaftlich notwendig ist. Befristete Kreditverhältnisse, bei denen das Kapital bei Ablauf nicht getilgt ist, sollten erst beendet werden, wenn dem Kunden drei Monate vor Abschluss ein angemessenes Verlängerungsangebot vorliegt.

8. (ZWANGSRÄUMUNGSSCHUTZ) Wohneigentümer sollten eine Frist zum freihändigen Verkauf zur Abwendung der Zwangsversteigerung erhalten. Interessenkonflikte in der Zwangsversteigerung müssen offengelegt werden. Die gerichtskontrollfreie Verwertung durch Vollstreckungsklauseln muss eingeschränkt werden.
Wohneigentümer sind vor der Verschleuderung ihrer Wohnung nicht geschützt, wenn der Gläubiger die Wohnung billig ersteigert und die Forderung behält. Nach französischem Recht kann der Versteigerungserlös als Schuldtilgung angeordnet werden. Vor allem aber ist eine effiziente vom Schuldner auch handhabbare gerichtliche Kontrolle notwendig. Notarielle Schuldanerkenntnisse und Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung müssen ähnlich begrenzt werden wie der kontrollfreie Mahn- und Vollstreckungsbescheid. Die Freistellung von Kreditverhältnissen vom Schuldnerschutz, an denen Notare mitgewirkt haben, ist überholt und sollte den Realitäten der Interessenverstrickung angepasst werden.

9. (SCHULDNER- UND KREDITBERATUNG) Schulden- und Kreditberatung zur Prävention sowie zur Rehabilitation müssen effektiv angeboten werden.
Es muss zwischen Staat und Banken sachlich, finanziell und personell sichergestellt werden, dass jeder in Not geratene Bürger unverzüglich und frühzeitig eine fachlich kompetente unabhängige Beratung und Hilfe dafür erhält, wie er seine Finanzdienstleistungen anpassen kann, wie er seine Rechte wahrnehmen kann und wie er mit Hilfe des Insolvenzverfahrens in ein geordnetes Wirtschaftsleben zurückfinden kann.

10. (VERBRAUCHERFORSCHUNG) Unabhängige Überschuldungsforschung, die auch die Praktiken der Anbieter und die Gefahrpotenziale ihrer Produkte mit erkundet und als Ursache einbezieht muss stärker öffentlich finanziert werden.
Durch staatliche Forschungsprogramme muss dafür gesorgt werden, dass soziologische und ökonomische sowie juristische Forschung über Ursachen und Wirkungen von Überschuldung für verschiedene Gruppen und Situationen in der Gesellschaft ständig stattfindet. Eine Forschung darf nicht durch Fragestellungen eingeengt werden, die voreingenommen die Schuldner für die Probleme für zuständig hält. (Udo Reifner)

ID: 41041
Autor(en): UR
Erscheinungsdatum: 17.03.08
   
 

Erzeugt: 17.03.08. Letzte Änderung: 05.05.08.
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