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Panama Papers – Briefkastenfirmen und Briefkastenstaaten (Kommentar)

Digitalisierung schafft Transparenz
Mit dem Leak der Panama Papers hat das digitale Zeitalter sein Potenzial offengelegt. Geld ist ja nur eine zirkulationsfähige Forderung. Es vermittelt die doppelte Information darüber, dass und was es wert ist. Mehr als Bits und Bytes braucht seine Darstellung nicht. Bitcoins (Informationsmünzen) sind nur die logische Folge, mit denen die FinTechs die veraltete Banktechnologie aufrollen. Nicht das Bankkonto sondern das Bargeld erweist sich als Schein. Sein historischer Zweck wie etwa beim Gold,  den Transport von Forderungen transparent zu gestalten, hat es eingebüßt. Heute verschleiert es Herkunft und Weg, während sein jüngerer Bruder, das Giralgeld, wie mit einem elektronischen Kometenschweif zirkuliert.Die Panama Papers sind möglich, weil alle wichtigen Transaktionen bereits digital erfolgen.

Briefkastenfirmen
Die Post zu den elektronischen Briefkästen der Empfänger wird auf ihrem Weg tausendfach in back-ups kopiert und gesichert. Ihre Spuren sind unausrottbar. Man muss sie schon mutwillig verwischen wollen wie in Panama, wo man Briefkästen trotz Geldwäscheregeln juristischen Zombies zuordnen darf. Doch die Gesetze gelten dort nicht. Warum können im „Finanzplätzchen“ Panama Zombies, d.h. „juristische Mäntel“, „Briefkastenfirmen“ oder Ltds., die keinen anderen Zweck verfolgen, als die Besitzer ihrer Vermögen unkenntlich zu machen, den Freiheiten natürlicher Personen den Rang ablaufen? Warum kann dies auch noch industriell betrieben werden wie es die Herren Mossack und Fonseca mit ihrem Anwaltsimperium für die vielen Banken und Schwarzgeldbesitzer unter den Augen der Finanzministerien der G7 seit Jahren vorleben?

Briefkastenstaaten
Ausgerechnet der englische Finanzminister, dessen Chef bei Mossack und Fonseca Kunde war, will die Steueroasen durch internationale Verträge und Sanktionen austrocknen. Er verschweigt, dass dies eher eine Frage der britischen Innenpolitik und des bilateralen Verhältnisses zu den USA ist. Die Eigenstaatlichkeit der ehemaligen britischen Kolonialgebiete, die heute als Oasen fungieren, baut auf meist weniger als 50.000 Ureinwohnern auf wie bei den beiden Großkapitalsammelstellen British Virgin und Caymen Islands. Es sind aus London heraus gegründete Briefkastenstaaten. Ihre „Premierminister“ oder „Gouverneure“ haben weniger Rechte als ein Bezirksbürgermeister in Hamburg. Als die Caymen Inseln einen Kredit aufnehmen wollten, verbot es London. Auf den Virgin Inseln herrscht der in London eingesetzte britische Gouverneur. Die EU müsste für Großbritannien nur das umsetzen, was gegenüber dem Steuerbürger schon lange gilt: das vom Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes verfassungsrechtlich abgesicherte Umgehungsverbot bzw. Effizienzgebot im Steuerrecht. Wer sein Einkommen zur Steuervermeidung auf andere verschiebt, entgeht nur dann der Steuer, wenn das nationale Steuerrecht dort nicht hinreicht. Genau dies nutzen die Briten, wenn sie die Selbständigkeit selbst ihrer Kanalinseln propagieren. Das Völkerrecht sieht dies im außerfinanziellen Bereich schon lange so: wer faktisch herrscht, trägt auch die Verantwortung für das dort geltende Recht.

Londoner City und Wallstreet
Doch ist Westminster wirklich die endgültige Adresse? Die beiden staatlichen Eckpfeiler des Skandals stehen eher unter US-amerikanischer Kontrolle. Auf den British Virgin Islands gleich neben den US amerikanischen Virgin Islands gilt der US-Dollar. Ebenso in Panama, wo die Panamesen seit 1904 nur die Cent-Stücke selbst verwalten dürfen. Panama’s Nationalprodukt besteht zu 75% aus Dienstleistungsgebühren in Verbindung mit dem Kanal (inkl. Billigflaggen) und  den Finanzen (inkl. Briefkastenbanken). Als Panama 1989 Selbständigkeit zeigte marschierten die USA ein und verbrachten den Machthaber in ein US-amerikanisches Gefängnis. Ob die Panama Papers die Londoner City oder sogar die Wallstreet betreffen ist unklar. Vielleicht ist die Londoner City nur ein Briefkastenstaat, der für seinen Inhaber die Vorteile des freien Kapitalverkehrs innerhalb der EU mit den Vorteilen von Territorien verknüpft, bei denen die restriktive Geldwäschegesetzgebung nicht gilt.

Brexit
Die Ankündigung von Cameron, das Problem mit internationalen Abkommen zu lösen, hat ähnlichen Wert wie die Ankündigung der katholischen Kirche, auf die Ungläubigen einzuwirken, um Pädophilie zu bekämpfen. Panama stand bisher nicht einmal auf der schwarzen Liste der ungehorsamen Staaten bei der OECD, weil es die USA nicht wollte. Andere Briefkastenstaaten wurden wieder gestrichen. Die EU muss London vor die Aufgabe stellen, in ihren Herrschaftsgebieten englisches und damit auch EU-Recht zur Geltung zu bringen. Der Brexit ist sicherlich für das Europa der Nachbarn und Menschen eine Katastrophe. Die Briten riskieren nicht nur den Zerfall Europas sondern auch ihres Landes. Finanzpolitisch jedoch würde der Briefkastenstatus der Londoner City und ihrer Ableger sichtbar werden. Die Wallstreet müsste direkt mit Frankfurt oder Brüssel verhandeln.  Wie der nachstehende Auszug belegt, hatte man sich die Ziele schon lange gestellt, allein es fehlte Wikileaks.

Auszug aus dem Monatsbericht des Bundesministers der Finanzen v. Januar 2004 S. 68 „Doppelbesteuerungssabkommen“

 „5.2 Bekämpfung der internationalen Steuerumgehungen sowie unerwünschter Gestaltungen und die Effektivität der Steuerrechtsordnung

Die Aggressivität der internationalen Steuerplanung nimmt, bedingt durch den weltweiten Wettbewerb, zu. Ihre wesentlichen Ziele sind die weitgehende Gestaltbarkeit der Steuerbelastung und die Minimierung ihrer weltweiten Steuerlastquote. Obwohl – wie auch der Begriff „Doppelbesteuerungsabkommen“ impliziert – primäre Aufgabe der Abkommen die Vermeidung von Doppelbesteuerungen ist, gewinnt das Ziel immer mehr an Bedeutung, durch diese Abkommen auch den Missbrauch steuerlicher Regelungen zu verhindern und Besteuerungslücken, die sich aus den Unterschieden in den nationalen Rechtssystemen ergeben, zu schließen.“

(Udo Reifner)


ID: 48986
Autor(en): UR
Erscheinungsdatum: 19.04.16
   
 

Erzeugt: 19.04.16. Letzte Änderung: 19.04.16.
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