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Neuabrechnung oder Klagezumutung – Konsequenzen aus den BGH Urteilen vom 28.10.2014 zur Verjährung der Rückforderungsansprüche bei nichtigen Bearbeitungsgebühren im Ratenkredit

Der Bundesgerichthof hat in zwei Urteilen am 28.10.2014 neben der Festlegung der Verjährung seine Auffassung zur Berechnung des Rückerstattungsanspruchs auf Bearbeitungsgebühren im Ratenkredit erläutert. Es drängt, weil vieles zum Jahresende verjährt. Der BGH hat dabei zwei in der Praxis vorkommende Konstellationen beurteilt: erstens die offen finanzierte Bearbeitungsgebühr, bei der die BG zu Beginn aus einer entsprechenden Erhöhung des Nettokredites gezahlt wurde (348/13) und wie er meint eine „gestundete“ Bearbeitungsgebühr, die mit einzelnen Raten abgetragen wird. (17/14).  Tatsächlich lief es jedoch in beiden auf eine Finanzierung hinaus, weil die BG auch im zweiten Fall vorweg zu zahlen war.

Berechnung

Das iff bietet auf dem Internet Berechnung dazu an, die jeder Verbraucher selber durchführen kann.Ab Dezember wird dabei neben der aktuell möglichen Neuabrechnung bei finanzierter Bearbeitungsgebühr auch der Einmalanspruch des BGH ausgewiesen sein.

Das Programm wirft neben dem Einmalbetrag auch eine Neuabrechnung an und erlaubt den Verbrauchern eine reduzierte Rate weiterzuzahlen. Das erspart Prozesskosten und das Warten auf die Antwort der Bank angesichts drohender Verjährung. Ein eingeschriebener Brief mit den Ergebnissen der Internetberechnung genügt.

Dürfen wir das? Wir meinen ja. Der BGH hat nicht nur selber die Ausnahme erlaubt, dass eine Neuabrechnung dann geboten ist, wenn die Finanzierung in der Weise versteckt ist, dass man die Bearbeitungsgebühr in den ersten Raten zahlt und damit den Kredit kostenpflichtig um zwei Monate verlängert. Er hat auch zur Frage, ob die Zinsen auf die Bearbeitungsgebühren zu zahlen sind, bisher keine Antwort gegeben.

Wir meinen, dass der Verbraucher wählen kann: Bearbeitungsgebühr zurück oder Kredit zur Finanzierung der Bearbeitungsgebühr zurück.

Zinsen auf die Bearbeitungsgebühr – erstattungsfähig?

Wir haben dem Urteil entnommen, dass der Kreditnehmer einen rechtlich wirksamen Kredit für die Bearbeitungsgebühr aufgenommen hat, obwohl das zugrundeliegende Verlangen eines Bearbeitungsentgelts unwirksam war und die Bank ihn keineswegs fragte und wie allgemein üblich in der Auszahlungsanweisung aufführte. Dass der Kreditnehmer freiwillig die Bank bat, eine Bearbeitungsgebühr doch bitte gesondert finanzieren zu dürfen, obwohl sie nicht geschuldet war, ist wohl eher nicht anzunehmen. Der BGH meint aber trotzdem, lediglich die Zahlung der Gebühr erfolgte auf Grund einer nichtigen Verpflichtung, nicht aber die Aufnahme eines (substanzlosen) Kredites hierfür.

Deshalb so müsste man nach dem BGH folgern, bleibt der Kreditnehmer auch auf den Zinsen sitzen, die er für eine nicht geschuldete Bearbeitungsgebühr gezahlt hat. Da der BGH auch die andere Konstellation kennt, dass die Bearbeitungsgebühr unverzinslich einfach dem Bruttokredit zugeschlagen und pro rata tempore „getilgt“ wird, bestätigt er die These: Bearbeitungsgebühr ja, Zinsen darauf nein, weil er ja meint, dort gäbe es keine Zinsen. Tatsächlich führt die Vorabverrechnung der Bearbeitungsgebühr aber zu einer faktischen Verzinsung, weil der Kredit insoweit verlängert wird.

In Wirklichkeit ist die Zinsfrage n nicht entschieden. Verbraucheranwalt und die Vorinstanzen hatten sie wohl einfach vergessen.

Stattdessen Nutzungsentschädigung?

Doch es gibt ja ein Trostpflaster. Man könne eine Nutzungsentschädigung (§818 Abs.2 BGB) für die lange vorenthaltene Bearbeitungsgebühr verlangen. Das ist aber kein Ersatz. Diese Entschädigung war hier nur mit 4% angesetzt, obwohl der Kreditnehmer ja den vollen Effektivzinssatz für die Kreditierung der Bearbeitungsgebühr verlangt hatte und auch schon Zinsen dafür entrichtet hatte. Im Ergebnis führt dies dazu, dass diejenigen Banken, die wie einst Citibank anfingen, die Bearbeitungsgebühren verzinslich zu gestalten, jetzt besser dastehen als diejenigen, die sie wie einst die Sparkassen mit jeder Rate und damit zinslos verlangten.

Bearbeitungsgebühren als versteckte Zinsen

Tatsächlich handelt es sich aber bei den Bearbeitungsgebühren wie der BGH korrekt vermerkt um versteckte Zinsen, auch wenn deren Forderung gegen §309 BGB verstößt. Seit langem ist anerkannt, dass ein nach AGB nichtiges Entgelt durchaus im BGB nach den Zins(angabe)vorschriften und auch im Wucher weiter zu berücksichtigen ist. Man soll ja nicht noch Vorteile aus der Nichtigkeit ziehen. Damit handelt es sich bei den Zinsnahmen um Zinsen auf Zinsen. Das ist von vornherein so vereinbart. Es verstößt daher gegen den in Vergessenheit geratenen §248 BGB. Es sind nichtige Zinseszinsen. Auf nichtige Zinseszinsen besteht kein Anspruch. Daher ist der Kredit neu abzurechnen. Das gilt übrigens auch, wenn man zwei Kreditverträge annimmt, die nur in der Aus und Rückzahlung parallel bedient werden. Dann nämlich ist die Rate eine zusammengesetzte Rate und der nichtige Bearbeitungsgebührenkredit muss herausgerechnet werden.

Der BGH hätte seine eigene Rechtsprechung heranziehen müssen. Das aber ist die Rechtsprechung zum Disagio. Dort hatte er früher gesagt, dass ein Disagio dann kein vorausgezahlter Zins sei, wenn es eine Bearbeitungsgebühr sei, was er bis 2% annahm. Hält er jetzt aber die Bearbeitungsgebühr doch für versteckte vorausgezahlte Zinsen, dann handelt es sich dabei um ein Disagio.

Dort aber war klar, dass bei der Disagio Rückerstattung das Disagio so auf die Laufzeit verteilt werden musste, dass nur der Teil als Zins verbraucht war, der bis dahin auf die bisherige Laufzeit entfallen war. Der Kredit musste also neu abgerechnet werden, so jedenfalls der damalige 3. Senat.

Der Verbraucher schuldet die Zinsen nicht mehr

Will man die Zinsen rechtlich einordnen, so stammen sie aus einem insoweit fehlgeschlagenen Kreditvertrag. Der Kunde wollte ja damit die Bearbeitungsgebühr bezahlen. Doch die gab es nicht. Also hat er einen Kredit für nichts aufgenommen. So etwas kann man nach dem BGB (§812 Abs.1 S.2 2.Alt. BGB von jeher herausfordern. Dann fällt der Anspruch der Bank insoweit in sich zusammen, weil der Verbraucher ihn gegen sich selber erwirbt.

Verbraucher kann korrigierten Zahlungsplan verlangen

An der Neuabrechnung kommt niemand vorbei. Kredite mit nichtigen Bestandteilen haben einen falschen Zahlungsplan. Der muss auch nach dem Gesetz berichtigt werden, weil der Kunde ihn ja verlangen kann. Einen falschen Zahlungsplan mit nichtigen Bestandteilen darf ihm nicht ausgehändigt werden. Das übersieht der BGH ebenfalls, wenn er meint, man könne doch von der Bank den ursprünglichen Zahlungsplan noch verlangen, um zu sehen, wie die BG verteilt wurde. Doch der Zahlungsplan ist das einzige, wo der Verbraucher die verantwortliche Kreditvergabe dran messen kann. Er vergleicht ihn mit seiner Liquidität. Deshalb muss er einen rechtmäßigen Kredit wiedergeben und nicht einen fiktiven.

Warum also die Angst vor einer Neuabrechnung und einem neuen Zahlungsplan? Ja, es geht nicht ohne EDV. Aber ist das schlimm. Excel oder das Internetprogramm des iff machen es allen leicht. Die Rechnungen können dabei nicht falsch sein, nur die Eingaben und die Voraussetzungen. Die hätte der BGH angeben müssen. Hier aber erhalten wir eine rechtliche Anleitung zum Kopfrechnen im Computerzeitalter. Die Banken werden sich bedanken. Jetzt müssen sie statt eines einzigen Neuabrechnungsprogramms mit der Zusendung des Restzahlungsplans (siehe iff FinanzCheck) mit Einzelprüfungen und Einzelüberweisungen jeden Verbraucher einzeln bedienen. Was ihnen der BGH an Zinserstattung erspart zahlen sie jetzt als Verwaltungskosten.

Statt Neuabrechnung Verstopfung der Gerichte?

Die Verbraucher sind allein nach dem BGH bei laufenden Verträgen jetzt auf den Rechtsweg angewiesen. Sie müssen die Amtsgerichte (geringer Streitwert) verstopfen. Es dauert Jahre. Erfahrungsgemäß machen das nur 3%. Ein ineffektives Recht. Bei Neuabrechnung könnten sie dagegen einfach die neu errechneten Restraten weiterzahlen. Die Bank müsste klagen. Das aber wäre Gold werten. Für die Beträge (unter 300€) würden sie es nicht machen. Eine Kreditkündigung wäre erst bei Auflaufen von 5% bzw. 10% des Bruttokredites also erst Monate später möglich und zudem rechtswidrig, weil die Bank dem Kunden ja das Geld nach BGH schuldet.

Wenn wir nun nach den Rechenkünsten beim variablen Kredit („proportionale Anpassung“), Vorfälligkeit („AktivPassivMethode“) nun noch eine Bearbeitungsgebührenrechnung (kreditierte Gebühr als zinslos zu betrachten) haben, um angeblicher Rechenvorteile willen, dann wird die Effektivität dieser Klauselkontrollen auf den Nullpunkt sinken. Man nennt so etwas ein Danaergeschenk.



ID: 48686
Autor(en): UR
Erscheinungsdatum: 28.11.14
   
 

Erzeugt: 28.11.14. Letzte Änderung: 28.11.14.
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