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Steuerfluchtnester – der britische Premier David Cameron will auf dem G8 Gipfel im Juni die „Steueroasen“ zum Thema machen. Damit wird der Bock zum Gärtner gemacht.

Die Cameron Initiative

Das Steuereinkommen für die wachsenden Aufgaben unserer Gemeinschaft wird von der Masse der Bevölkerung mit der Lohn- und der Mehrwertsteuer getragen. Die Reichen tragen weder in der Einkommenssteuer noch in der Kapitalertragssteuer einen Anteil bei, der die Erhaltung ihres Vermögens unseren Staat kostet. Wenige Milliarden werden aus den Billionen Geldvermögen als Steuern abgezweigt. Ablenkungsmanöver von dieser Ungerechtigkeit wie die “Reichensteuer“ gibt es genug. Die Lösung hieße gleiche Besteuerung aller Vermögenserträge ob als Wertzuwachs, Zins oder Arbeitseinkommen deklariert  – und zwar effektiv ohne Bevorzugung irgendeiner Gruppe – also auch nicht der Armen.

Großbritannien, das nach der Finanzkrise seinen zwangsgeräumten Hausbesitzern, verarmten Arbeitslosen, Niedrigstverdienern und mit 800 % p.a. legal bewucherten Überschuldeten erklären muss, warum Google nur 6 Mio EUR an Steuern bezahlt, hat jetzt Briefe an seine Kanalinseln sowie die Jungfern- und Kayman Inseln geschickt, deren Selbständigkeit man in Deutschland mit den Ostfriesischen Inseln gleichsetzen könnte. Sie werden gebeten, mehr Zusammenarbeit in der Steuerehrlichkeit zu zeigena.

Gleichzeitig will Cameron nach eigenem Bekunden die Führung auf dem G8 Gipfel bei der Bekämpfung der Steueroasen übernehmen. Worum es ihm geht, hat er bereits angekündigt. Die Ursachen der Kapitalflucht, die niedrigen Steuersätze, mit der die anderswo erarbeiteten Kapitaleinkünfte auf diesen Insel von Steuer rein gewaschen werden, sollen unangetastet bleiben. Diese Möglichkeit der großen Kapitalbesitzer, die von ihnen verursachten Gemeinkosten in den Herkunftsländern allein von den einfachen Steuerzahlern tragen zu lassen, wie es nicht zuletzt die gigantische Stützung der großen Geldvermögen in der Bankenrettung deutlich machte, soll erhalten bleiben. Mit der unfeinen englischen Art, begünstigt durch ihren Sprachvorteil bei der Problemdiskussion wird die Führung übernommen, um damit Problemlösungen zu verhindern, die dem Finanzplatz London schaden können.

Niedrige Steuersätze auf den Inseln seien verständlich und ein Konjunkturmotor, heißt die Begründung für die Cayman Inseln wo ein paar Tausend Insulaner rein virtuell mehr Billionen EUR Vermögen zugerechnet werden als fast allen anderen europäischen Staaten. Cameron möchte die „Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden in Großbritannien verbessern.“ Doch wie der nachfolgende Auszug aus dem Buch „Die Geldgesellschaft“ (2. Aufl. 2013 Kap. 6.2.1) verdeutlicht, gibt es diese Steuerfluchtnester gar nicht als selbständige Staaten. Es sind Marionetten gerade derjenigen Staaten, die sich im Juni zum G 8 Gipfel treffen. Es würde also ausreichen, wenn unter dem Vorsitz eines Landes ohne solche Nester sich diese Staaten verpflichten, alles zu tun, die Steuersätze zwischen virtuellen Inseln und Mutterland anzugleichen. Das gälte dann auch innerhalb der EU für Luxemburg, Österreich, die Niederlande und Irland, wo die Fluchtgelder der in der Schuldenkrise gefangenen Mittelmeerländer ihre steuerfreien Renditen erwirtschaften, während 50% der Jugendlichen ohne Arbeit, Geld und Hoffnung bleiben muss. Hier der Auszug:
 

Englische Steuerfluchtnester

„Während Störtebeker seine Beute nach seinen Raubzügen mit Hilfe der Insulaner noch auf den ostfriesischen Inseln einlagerte, bringen die modernen Räuber ihre Beute in die Steueroasen. Die Schweiz als Vermögensverwalter Nr.2 dieser Welt hatte nach den Schätzungen von Boston Consulting im Jahre 2013 bei ihren Banken $2,1 Bio, das waren 27% aller weltweit angelegten Vermögen zur Verwaltung erhalten. Doch der eigentliche Vermögensverwalter der Welt ist die Finanzinsel London und ihre Regierung in Westminster, der die Boston Consulting die (scheinselbständigen) Kanalinseln und Irland zurechnet, um weitere 25% zu kommen. Tatsächlich gehören dazu noch alle jene versprengten Inseln wie die Cayman Islands, die als Briefkastenadressen für den Rest des in London gemanagten Geldes herhalten müssen, um ganz offiziell der Besteuerung ebenso wie der Nachforschung der Staatsanwaltschaften dieser Welt zu entgehen. Hongkong, die ehemalige britische Kronkolonie hat zusammen mit Singapur 13%. Immerhin verwaltet auch Luxemburg 6%.[1] Grund der Attraktivität ist die Steuerfreiheit, die keine Steuerhinterziehung mehr notwendig macht. Das unappetitliche Verstecken von steuerbarem Vermögen aus den Herkunftsländern ist dagegen nur eine Begleiterscheinung.

Keiner außer der Masse der Bevölkerung, die unter der fiktiven Staatsarmut ihrer reichen Staaten leiden, hat ein Interesse daran, diesem System ein Ende zu bereiten: Das Land, das die unversteuerten oder kriminellen Gelder bei sich parkt, freute sich über den Kapitalzufluss und lebt in allen Fällen deutlich sichtbar am Bruttosozialprodukt davon, dass es viel Geld hat, für dessen Verwertung Provisionen und Zinsen erhält sowie in hohem Maße kreditwürdig ist. Der große Vorteil liegt auch in den zufriedenen Kunden. Obwohl die Schweiz nur 1% Rendite verspricht, beschwert sich hier niemand und die Filialen bleiben leer. Man bringt und holt das schmutzige Geld. Kunden, die beim Autor sich über extreme Übervorteilungen sowohl in Luxemburg als auch der Schweiz beschwerten, ließen sofort ab, als ihnen klar gemacht wurde, dass sie juristisch ohne Weiteres erfolgreich wären allerdings Prozesse auch dort öffentlich seien und man nie wisse, wer hinten im Saal sitze. Der Gewinn der Anleger in der Schweiz ist allein das Schweizer Bankgeheimnis und das Fehlen jeden Unrechtsbewusstseins bei Schweizer Bankern für das, was unser Strafgesetzbuch als „Verbrechen“ einstuft.

Kaum ein Tyrann dieser Welt, dem die saubere[2] Schweiz nicht auf diese Weise geholfen hätte. Geld stinkt angeblich nicht (lateinisch: pecunia non olet), wie es der römische Kaiser seinem Sohn sagte, als der meinte, dass die Besteuerung öffentlicher Toiletten doch wohl zu weit ginge. In den Ländern, in denen die Steuer unterschlagen wird, zeigt das Gefälle zwischen der tatsächlich eingenommenen Kapitalertragssteuer, Lohnsteuer und Einkommenssteuer, dass auch hier die großen Vermögen durch günstige Steuersätze, Quellensteuer mit Bankgeheimnis, Abschreibungsmöglichkeiten, Scheinfirmen und unversteuertem Wertzuwachs in den Kreisen verkehren, die auch den Staat bestimmen. Nur so erklären sich auch die Steuerabkommen, die die Schweiz mit Österreich und fast auch mit der CDU/FDP-Regierung in Deutschland schließen konnte, die eine pauschale Strafverschonung für alle Delikte für die Vergangenheit und für die Zukunft eine Anonymität mit Freikauf durch Quellensteuer vorsah.[3] Wo die großen Bankiers die Berater aller Regierungen sind, so ein ganzer Staat deren Rettung betreiben kann, dort wird man sich über die „Steuerzurückhaltung“ nicht nur im Inneren sondern auch gegenüber den Fluchtgeldern ins Ausland nicht wundern.

Der Zwergstaat Liechtenstein mit der Bevölkerung einer Kleinstadt zählt 60.000 Stiftungen, in denen Geld versteckt und Steuern hinterzogen werden. In dem vom „Gemeinderat“ von Liechtenstein vorgelegten Papier „Futuro“ wird ausgeführt, man wolle noch mehr Stiftungen und dabei das angelsächsische Trust-Konzept verwirklichen. Mehr Schutz für Fluchtgelder und Steuerhinterzieher verspricht das Papier. Sind EU, OECD und USA machtlos gegenüber diesem Kleinststaat, der nicht einmal die Gelder selbst verwalten kann, sondern sie im Ausland anlegt? Traut sich niemand, dem Zwergstaat einen Wirtschaftsboykott anzudrohen? Wie mächtig ist Liechtenstein eigentlich, wenn es als einzige Vergeltungsmaßnahme eine Kunstausstellung des Fürstenhauses in München absagen kann?
 

Cayman Islands

In fast allen Geldbetrugs- und Steuerhinterziehungsaffären tauchen Firmen mit dem Sitz auf den Kaimaninseln (Cayman Islands) auf. Hier sind die Hälfte aller Hedgefonds beheimatet. Politisch sind die drei Inseln eine Kronkolonie Großbritanniens, werden also durch einen von London eingesetzten Gouverneur verwaltet und können ihre inneren Angelegenheiten so „frei“ bestimmen wie ein Hamburger Stadtteil. Als die Regierung der Cayman Inseln im August 2009 ein Haushaltsdefizit hatte, musste sie in London im Außenministerium um die Erlaubnis bitten, Kredite aufzunehmen. Mit 45.436 Einwohnern entsprechen die drei Kaimaninseln der Bedeutung einer deutschen Kleinstadt. Ihre Wirtschaft bestand bis zur Kür zum unabhängigen Finanzstaat aus dem Handeln mit Schildkröten und Muscheln, bevor sich einige Touristen einfanden. Doch das Phantomland Kaimaninseln hatte 2008 ein Bruttoinlandsprodukt von knapp 2 Billionen $. Das war fast so viel wie ihr Mutterland Großbritannien (2,2) und nur ein Drittel weniger als in Deutschland, das damit immerhin die drittgrößte Wirtschaft der Welt ist. Pro Kopf der Bevölkerung dort waren es 44 Mio $ während es die Deutschen nur auf 34.600 $ brachten. Über 500 Banken, darunter alles was Rang und Namen hat, haben ein Briefkastenschild auf diesen Karibikinseln.

Die Einwohner haben mit dieser Fremdherrschaft wenig Probleme. Sie zahlen keinen Cent Steuern und genießen frei die Leistungen eines Staates, der sich mit 629.000 $ pro Banklizenz gerne bestechen lässt. Sie schafften es sogar als Kleinstaat im Jahre 2009 590 Mio $ Schulden aufzuhäufen und dann noch um die Erlaubnis zu bitten, weitere 322 Mio $ aufzunehmen. Eine niedersächsische Kleinstadt wie Achim häufte dagegen nur 38 Mio $ Schulden für ihren gemeinschaftlichen Konsum auf. Die Insulaner sind nur eine Staffage für ein virtuelles Kapitalland mit virtueller Wirtschaft. Übersetzt heißt es, dass die Staaten der Welt ihren Banken und ihren Großverdienern und Millionären Potemkinsche Dörfer mit Scheinbevölkerung und Scheinwirtschaft und einer Postadresse in der Karibik gebaut haben, in denen keine Steuern mehr bezahlt und Recht und Bankaufsicht so beschaffen sind, dass man hier alles das machen kann, was zu Hause nicht geht.“

 

 



[1] Le Monde v. 17.4.2013 S. 13

[2] Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch parodiert das Selbstbewusstsein der Schweizer in seinem Bühnenstück „Andorra“: „ihr Mörder, ein schneeweißes Andorra, ich weißele euch alle, alle“ (Andorra: Stück in zwölf Bildern. 1961 (Ffm 2006) S. 125) Jean Ziegler hat mit seinem Buch „Die Schweiz wäscht weißer“ 1992- Gian Trepp hat in dem Buch Vom schmutzigen Geld zum sauberen Kapital - Geldwäscherei und Globalisierung", (Kaufmännischer Verband Zürich, 2001) über die aktuelle Lage sowie vor allem über die Rolle des Finanzplatzes Schweiz für die Nationalsozialismus aufgeklärt. (ders. (Hrsg) Raubgold Reduit Flüchtlinge Zur Geschichte der Schweiz im Zweiten Weltkrieg, Chronos Verlag, 1998)

[3] Vgl. dazu meinen Kommentar Gerechtigkeit gegen Geldgier des Staates bei Kapitalflüchtlingen? – Zur Diskussion um das Schweizer Amenestieabkommen für Steuerverbrechen (www.iffhh.de/index.php?id=1976&viewid=48299) . Grundlegend auch Besson, S. L’Argent secret des paradis fiscaux, Le Seuil 2002



ID: 48314
Autor(en): UR
Erscheinungsdatum: 20.05.13
   
 

Erzeugt: 21.05.13. Letzte Änderung: 21.05.13.
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