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„Präsidentendarlehen“: Kennen wir jetzt die wahre Geschichte? (18.01.2012)


Vorbemerkung

Die nach eigenem Bekunden größte Internetkreditvermittlungsplattform verspricht jedem Kunden jetzt „Präsidentendarlehen“. Solche könne sie jedem vermit­teln. Die Financial Times berichtet darüber und der Staats­sekre­tär im Wirtschafts­ministerium und ehemalige CDU-Gene­ral­sekretär Peter Hintze nimmt dies in der Talkshow Maybrit Illner gar als Beweis, dass das Wulff-Darlehen üblich gewesen sei und wie Wulff sagt, keinen Vorteil enthielt. Doch der Anbieter von Präsidentendarlehen kennt die Konditionen des wirklichen Präsidentendarlehens noch gar nicht und verwechselt es nicht nur mit variablen Hypothekenkrediten.


Als „Irrungen und Wirrungen“ könnte man mit Theodor Fontane die bisherige Aufklärung bezeichnen. Die ersten Recherchen von SPIEGEL ONLINE haben wir im Dezember in ein Bild umgesetzt. In der Erklärung der Anwälte auf dem Internet im Januar kam eine ganz neue Geschichte zum Vorschein, die jetzt noch einmal mit den Angaben auf Welt Online vor allem durch die Antworten der BW-Bank neu geschrieben werden muss.  Inzwischen alle Antworten, die weitgehend durch meist wörtlich identische Stellungnahmen weniger Neues (bis auf die Renovierung und die Beleihungswertberechnung) bringen, vor. Weil jede neue Geschichte erst kam, nachdem aus den Elementen  der vorherigen Mitteilungen ein neuer Sachverhalt konstruiert wurde, wird hier wieder einmal Zwischenbilanz gezogen und auf die nächsten Informationen und damit hoffentlich bald auch endlich die Vorlage des Vertrags selber zu warten, der außer den interessanten Zins- . Laufzeit- und Rückzahlungsvereinbarungen der Bank ja nichts Persönliches mehr enthält, das wir nicht schon wüssten.
 


Die Geschichte


Der Ministerpräsident kauft ein Haus mit Hilfe eines Freundes


Der Unternehmer Geerkens vermittelt dem Ministerpräsident von Niedersachsen, Christian Wulff und seiner Ehefrau Bettina den Kauf eines Hauses für 415.000 € (1. Oktober 2008).  wobei Wulff den privaten "Rat  bei dem Verkauf der Familie, als väterlichen Freund, der sich mit Immobilien auskennt" einholt. Das Haus wird dann anschließend wie RA Lehr angbit von der Familie Wulff "wertsteigernd renoviert", wobei die Presse hier Mittel des Landes Niedersachsen (800–900.000 €) für den Ministerpräsidenten sieht, die das Haus sicher machen sollten. Die BW Bank weist auf die WErtsteigerung hin, die geschätzte 200.000€  betragen haben soll. Geerkens gibt gleich einen Kredit über 500.000 € ohne Sicherheit dazu (25. Oktober 2008). Allerdings wurde irgendwann eine Grundschuld auf den Namen der Wulffs (Eigentümergrundschuld) eingetragen oder auf sie umgeschrieben, die nicht den Kreditgebern als Sicherheit übergeben wurde. Den Kredit wickelt Geerkens dann über seine Ehefrau ab, die dafür Geld von einem Lichtensteiner Konto auf das gemeinsame Konto mit dem Ehemann einzahlt. Für dieses Geld lassen sie sich von der Bank einen auf die Bank ausgestellten Bundesbank-Scheck geben, den sie an Herrn Wulff (oder den Verkäufer?) weitergibt. Zur Begründung, warum das Geld nicht an den Notar des Verkäufers direkt überwiesen wurde wie bei Hauskrediten üblich, erklärt Herr Geerkens später, dass man nicht wollte, dass jeder kleine Bankangestellte wissen sollte, wohin dieses Geld geflossen war. Einen anderen Grund für einen Bundesbank-Scheck, der bei zweifelhaften Zahlern wegen seiner Bundesbank-Deckung wie Bargeld sicher ist, gibt es nicht, weil Wulff wie Geerkens ja als vertrauenswürdig und als sicher galten. Der Kredit hatte, so Wulff, einen Festzinssatz von 4,5 %, der später von Frau Geerkens auf Wunsch von Frau Wulff auf 4 % gesenkt wurde. In einer Befragung vor dem Landtag über Geschäftsbeziehungen mit Geerkens, den Wulff auf Dienstreisen mitnimmt, wird dieser günstige Kredit verschwiegen.
 



Der SPIEGEL recherchiert


In der Zwischenzeit recherchiert der SPIEGEL über den Kauf und verlangt Einsicht in das Grundbuch, wo er den Namen des Wohltäters (eher wohl Maschmeyer als Geerkens) aufzufinden hofft. Die Einsicht wird verweigert. Der SPIEGEL erstreitet sich das Recht bis zum Bundesgerichtshof. Somit mussten Wulff und Geerkens jederzeit damit rechnen, dass ihre Geschäftsbeziehung öffentlich wurde.


In dieser Situation nimmt wiederum Geerkens Gespräche mit seiner Bank (der BW-Bank, einer Tochterbank der öffentlich-rechtlichen Landesbank von Baden-Württemberg) auf, mit der er über einen Kredit für Wulff spricht. Bei der BW-Bank hat man nicht nur Interesse an Geerkens sondern auch an Wulff, der als Aufsichtsratsmitglied von VW einen Großkunden der Bank, die Porsche AG, durch deren Aufkauf durch VW rettete. Porsche hatte mit Krediten Optionsscheine von VW gekauft, um damit eine Übernahme von VW vorzubereiten. Das waghalsige Unternehmen drehte sich um, als Banken sich weigerten, für die Ausübung der Optionsrecht weitere Kredite an Porsche bereitszustellen. Es ist davon auszugehen, dass Porsche auch Kredite bei der BW-Bank hatte, die damit glimpflich ausgingen.


Mit wem Herr Geerkens bei der BW-Bank gesprochen hat, was dabei vereinbart wurde, worauf Bezug genommen wurde, darüber verweigert bis heute die BW-Bank die Aussage. Frau Geerkens als formelle Kreditgeberin entließ Wulff aus dem Vertrag und vezrichtete auf die Vorfälligkeitsentschädigung.


Anschließend rief Herr Wulff bei der BW-Bank an. Es fand eine mündliche Verhandlung statt, in der nach Angaben von Wulff ein Kredit mit den späteren Konditionen mündlich fest zugesagt wurde, was die BW-Bank zwar nicht bestreitet, jedoch mit der juristisch korrekten Aussage kommentiert, dass erst das nach Erscheinen der Zeitungsmeldungen das vorgeschriebene schriftliche Verfahren mit Zusendung, Antrag Wulff, Annahme Bank den Vertragsschluss herbeiführte.
 



Die BW-Bank übernimmt


Das Ergebnis ist ein Vertragsbündel, das am 21. März 2010 unterzeichnet wurde und bis heute nicht vorgelegt ist und für das noch viele Unklarheiten bestehen, obwohl die BW-Bank vom Bankgeheimnis entbunden ist, auf dass sie sich aber beruft.


Fest steht, dass zusätzlich zum Umschuldungsbetrag das Ehepaar Wulff noch 20.000 € erhielt, wodurch das Darlehen nunmehr bei 520.000 € stand, dann aber irgendwann vor Dezember 2011 auf 475.000 € abbezahlt wurde. Das variabel verzinsliche Darlehen sollte bis zur Pensionsgrenze von Herrn Wulff, d. h. mehr als 14 Jahre in Anspruch genommen werden können. Weiterhin soll vereinbart worden sein, dass auch bei höherem Zinssatz jeweils nur 10.000 € entsprechend 888,88 € pro Monat bezahlt werden müssten.


Hierfür beanspruchte die BW-Bank keine Sicherheit im Grundbuch sondern gab sich mit der notariellen Abtretung einer Eigentümergrundschuld zufrieden, die bei einem Beleihungswert von 125 % zu gering ausfiel. Im Vermögen des Ehepaar Wulff gab es noch eine Tankstelle in Westkappeln, die allerdings nicht zur Besicherung herangezogen wurde. Wulff gibt an, dass "die gemeinsamen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute die Kreditsumme um 40%"  überstiegen und damit rechnerisch mehr als 866.666 € betrugen. Dies suggeriert eine Beleihung von 60% des Wertes ist jedoch eine ungewöhnliche Angabe, da nach den Sicherungsrichtlinien üblicherweise Beleihungsauslauf des als Sicherheit dienenden Grundstücks genannt wird und nicht das Privatvermögne. Dieser Beleihungsauslauf aber betrug 120%.
Der Vertrag hatte einen Anfangszinssatz von 0,9 % p. a., der in einem direkten Bezug zum Dreimonats-EURIBOR stand und im Dezember 2011 bei 2,1 % p. a. gewesen sein soll. Da der Vertrag eine lange Laufzeit hatte, jedoch als variabel verzinsliches Darlehen keine Zinsbindung aufwies, war er von Wulff jederzeit kündbar, nicht jedoch von der Bank. Der Verbraucher trägt also nur ein sehr geringes Zinsveränderungsrisiko, weil er jederzeit den Kredit fest abschließen kann. Ein solches Recht wird häufig auch im Vertrag eingeräumt.


Da der Zinssatz variabel vereinbart ist, worunter das Gesetz (Art. 247 §§ 3, 15 EGBGB) einen Sollzinssatz versteht, der in regelmäßigen Zeitabschnitten in einem festen Verhältnis zu einem Referenzzinssatz steht, muss ein solches Verhältnis ausgemacht sein. Im Vertrag muss nach dem Gesetz „die Angabe zum Sollzinssatz … die Bedingungen und den Zeitraum für seine Anwendung sowie die Art und Weise seiner Anpassung enthalten.“ Fehlt es ist die Vereinbarung nicht wirksam. Diese Vereinbarung wird jedoch bisher nicht vorgelegt.


Gäbe es sie wie behauptet als Aufpreis oder Faktor, dann müssten sich die beiden angegebenen Zinssätze (0,9 % für März 2010 und 2,1 % für Dezember 2011) in einem gleichen Abstand oder Verhältnis zum jeweiligen EURIBOR befinden (0,66 % und 1,43 %) . Dies ist aber nicht der Fall, weil der Faktor einmal 1,36 bzw. 1,46 und der Abstand einmal 0,24 % und dann 0,74 % ergibt.

Der gute Vertrag wird in einen durchschnittlichen Kredit umgewandelt

Der Vertrag ist zum 15. Januar 2012 durch Wulff gekündigt. Ab dann gilt ein neues, übliches Annuitätendarlehen, das am 21. Dezember 2011 mit 3,62 % p. a. Zinssatz für 15 Jahre über einen Betrag von 475.000 € vereinbart wurde.

Dieser Vertrag wurde nach Angaben Wulffs am 21.11.2011 mündlich zugesichert. Am Tag davor (24.11.2011) hatte ein Bild-Redakteur mit der Kenntnis aus dem Grundbuch versucht im Umfeld von Wulff zu recherchieren. Der Pressesprecher von Wulff beschwerte sich darüber bei Bild. Wulff nahm darauf später Bezug. Es war damit wohl deutlich, dass Wulff von der bevorstehenden Presse wußte. Noch am 24.11.2011 am späten Vormittag beschwerte sich der Pressesprecher von Wulff bei der Bildzeitung darüber. Auf diesen Vorgang hat Wulff bei seiner Mailbox Botschaft am 12.12.2011 Bezug genommen.

Der Streit, wann der Vertrag bindend wurde (ob am 25.11. oder am 21.12. 2011 nach Eingang des schriftlichen Antrags) ist damit wohl eher sekundär. Die drohende Presseveröffentlichung war Wulff schon früher bekannt. Dass der Vertrag nicht am 21.11.2011 wirksam werden konnte, ergibt sich sich aus §492 BGB. Gleichwohl kann eine Bank bei mündlicher Zusage schon eine Verpflichtung eingegangen sein, die zu einem Schadensersatzanspruch führt. Wulff konnte somit insoweit Laie davon ausgehen, dass er die Kredit bereits "habe".



Der Vorteil


Zinssätze


Um einen Vorteil zu berechnen, benötigen wir ein Vergleichsobjekt. Mit einem reinen Geldmarktdarlehen als Interbanken-Darlehen (EURIBOR) dürfen wir es nicht vergleichen. Es handelte sich i. S. des § 502 BGB um ein variabel verzinsliches Immobiliardarlehen, weil die Bank die Alternative, es als Ratenkredit zu behandeln, offensichtlich nicht ins Auge gefasst hat. Damit muss das Darlehen auch mit üblichen Immobiliardarlehen vergleichbar sein. Dies sind Annuitätendarlehen auf 15 Jahre fest (4,2 % März 2010) oder variabel verzinsliche Darlehen auf 15 Jahre Laufzeit (3,04 % p. a. eff. für März 2010). Wäre der Kredit nicht auf 15 Jahren zugesagt gewesen, wäre er ein kurzfristige Überbrückungsdarlehen, bei dem Aufschläge zwischen 0,8% und 1% an Private (wohl kaum aber 0,24% wie hier) möglich sind. Für die langfristigen Hypothekenkredite benennt die Deutsche Bundesbank für jeden Monat den durchschnittlich geforderten Zinssatz.
 

Wir haben ihn nach der ersten Information, EURIBOR sei vereinbart, mit dem Sechsmonats-EURIBOR berechnet, der bei 0,9 % stand und kamen auf ca. 150.000 € geschätzter Vorteil für 15 Jahre. Dann haben wir ihn nach der zweiten Information mit einem EURIBOR + 0,6 % Aufschlag berechnet. Da waren es nur knapp über 100.000 €. Schließlich haben wir ihn mit dem Faktor 1,36 jeweils multipliziert und nur alle drei Monate angepasst. Da waren es ca. 64.000 € Vorteil. Weil man nicht weiß, wie sich der EURIBOR entwickelt, haben wir – was im Kapitalmarkt üblich ist – die durchschnittliche Veränderung in den letzten acht Jahren zugrunde gelegt. Allein der faktische Vorteil für die tatsächlich in Anspruch genommene Zeit lag bei ca. 14.000 €.


Allerdings sind das Durchschnittswerte. Es gibt bessere Zinssätze aber die Bundesbank weist die Streuung nicht mehr aus. Man kann also im Ergebnis nur behaupten, dass es ein Vorteil war. Ein Aufschlag von 0,24 % p. a. auf den Drei-Monats-EURIBOR aber haben wir bisher nirgend gefunden, obwohl uns viele Vermittler Konditionen geschickt haben. Meist liegt der Aufschlag bei mindestens 0,6 % p. a., das wäre immerhin fast drei Mal so hoch.


Auf dem Papier gibt es bessere Konditionen, die, analysiert man sie richtig, dann aber nur Schein sind:


  • Manche Kredite enthalten ein Disagio als vorausgezahlter Zins. Zahlt man 5 % schon im Voraus als Abzug von der Auszahlung, dann kann der Nominalzins viel kleiner sein. Allein der Effektivzins hilft hier, die Wahrheit zu erfahren und die ist dann ernüchternd.

  • In Süddeutschland gibt es Kredite in Schweizer Franken. Hier wird das niedrigere Zinsniveau des Schweizer Franken genutzt. Effektiv zahlt der Kunde hier mindestens so viel wie in einem normalen Eurokredit und kann zudem durch eine Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro böse überrascht werden. Die Unsitte wird von Verbraucherverbänden seit langem angeprangert aber der Gesetzgeber lässt sie zu.

  • Wer über einen Vermittler ein Darlehen + Immobilienanlageobjekt erwirbt, erhält oft Traumzinssätze, weil sich Bank und Vermittler aus dem Kaufpreis bedienen. Wie bei manchen Autodarlehen zum Nullzinssatz verdient Verkäufer und Bank als Vermittler am Verkauf und nicht am Darlehen. Das ist letztlich viel teurer als wenn man einen ordentlichen Bankkredit aufnimmt und dann vom Händler den Abschlag für Barzahlung verlangt.

  • Manche Kredite sind kurzfristig und laufen nur über wenige Monate. Sie dienen der Liquidität und Überbrückung und sind damit Teil eines größeren Zusammenhangs. Da gibt es dann Sonderkonditionen.
     
  • Es gibt allerdings ein paar Fälle, wo die Bank von der Rechtsprechung überrascht wurde. Es war wohl früher üblich, in Phasen höherer Zinsen Kredite mit Nähe zum Euribor variabel zu vergeben, die dann bei 4% + lagen. Die Banken passten diese Kredite aber nicht nach unten an sondern immer nur marginal, so dass sie relativ willkürlich so bei 4% blieben. Die Gerichte haben diese Praxis verurteilt. Einige Verbraucher (u.a. der Verfasser) haben die Bank per Gericht gezwungen, genau mit gleichem Abstand anzupassen. Da kamen dann plötzlich Zinssätze unter 1% heraus aber eben unfreiwillig. Das Ergebnis (so beim Verfasser), die Bank kündigte von sich aus den Kredit und dann war der Vorteil hin. Solche Kredite gibt es also aber sie wurden nie zu dieser Kondition vergeben.


 


Wir können nicht ausschließen, dass es noch weitere Gründe gibt. Aber hätte Wulff sie bekommen, wenn er allein nachgefragt hätte? Man kann das schnell klären, wenn die BW-Bank öffentlich macht, zu welchen Zinssätzen sie Kredite an Private zu dieser Zeit herausgelegt hat. Dass nun Kreditportale, Sparkassen, GEnossenschaftsbanken etc. gegenüber der Presse behaupten, solche Konditionen seien bei ihnen üblich, kann kaum verwundern. Welche Bank möchte schon damit zitiert werden, dass sie keine so günstigen Kredite habe? Nur die Banken verstoßen gegen das Gesetz mit solchen Aussagen. Sie behaupten nämlich, solche günstigen Kredite zu haben. Nach der 2/3 Regel müssen wie aber dann auch nachweisen können, dass sie Konditionen, mit denen sie werben, für 2/3 ihrer Kunden bereit stellen. Das sollte jeder Journalist, der solche Umfragen macht, aber auch vorbringen sonst macht er sich zum Werbefachmann der Banken.
 



Grundschuld


Die BW-Bank findet sich ausreichend gesichert. Das ist erstaunlich. Die Grundschuld sicherte 520.000 € bei einem Kaufpreis von nur 415.000 €, also einem Beleihungswert von 125 % während 60% (Pfandbrief) bzw. 80 % als ordentlich und sicher gelten. Darauf bezieht sich wohl auch die ungewöhnliche Angabe, der Kredit mache 60% des Privatvermögens aus. Die BW-Bank meint, sie habe in dem Bewertungsverfahren einen weit höheren Marktwert des Hauses festgestellt. Der müsste kurz nach dem Kauf bereits bei 518.000 € gelegen haben. Dies muss mit den beschriebenen Investitionen des Landes Niedersachsen  zusammenhängen.

Wichtiger aber ist, die Bank hatte keinen Grundschuldeintrag sondern nur ein Recht in einem Vertrag, ihn zu bekommen, wovon sie keinen Gebrauch gemacht hat. Die Vorschriften für Hypothekenkredite verlangen aber ein jederzeit durchsetzbares Grundpfandrecht. In der Solvabilitätsverordnung ebenso wie im Pfandbriefgesetz ist eine vorsichtige vergangenheitsbezogene Bewertung gefordert. Nach § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SolvV soll ein Wert genutzt werden, der dem regelmäßigen Verkaufswert auch in der Zukunft entspricht. Außerdem muss das Pfandrecht sofort durchsetzbar sein. Das Pfandrecht nicht sofort durchsetzbar. Ab wann der Wert des Hauses de facto erhöht war, ist unklar. Eine Bewertung eines zukünftigen Hauspreises soll wegen des spekulativen Elements nicht in die Kreditvergabe einfließen. Die Kreditvergabe bleibt also mehrfach zweifelhaft.



Zwischenbilanz


  • Es drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass nicht Herr Wulff sondern Herr Geerkens für Hauskauf und Kredite sorgte und für das Ehepaar Wulff handelte, um damit das Beste bei Hauspreis, Krediten und Darlehen herauszuholen. Die meisten Informationen über Absprachen, Verträge etc. dürften nur bei Geerkens vorhanden sein. Für die Erklärung von Absichten könnte daher der Bundespräsident der falsche Adressat sein.

  • Der Schwerpunkt der Kreditaffäre liegt bei dem Kredit der BW-Bank. Durfte sie solche Angebote machen? Hat sie die notwendigen Bewertungsverfahren eingehalten? Wer hat verhandelt, bestand Bezug zur Porsche-VW Affäre? Hat sie Konditionen speziell für den Ministerpräsidenten gemacht? Zahlen solche Schnäppchen die Steuerzahler, die ja viele Landesbanken retten mussten?

  • Handeln muss die BAFIN als Kreditaufsicht. Gemäß § 6 Abs. 2 KWG hat „die Bundesanstalt Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, … die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen … “ Da die Ministergesetze ausdrücklich Darlehen unter die verbotenen Vorteilsverschaffungen rechnen, gehört die Prüfung solcher Darlehen in den Bereich der Missbrauchsaufsicht. Sie ist dringend geboten, da Banken ihre tatsächlichen Konditionen ja nicht öffentlich machen und man gar nicht weiß, ob sie ihre Macht hier missbrauchen. Gemäß § 44 KWG kann die BAFIN den Darlehensvertrag prüfen. Sie kann dazu verlangen, „Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Die Bundesanstalt kann, auch ohne besonderen Anlass, bei den Instituten und übergeordneten Unternehmen Prüfungen vornehmen.“ Gemäß § 18 Abs. 2 KWG muss die BAFIN prüfen, ob die Kreditwürdigkeit ausreichend geprüft wurde: „Die Institute prüfen vor Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags … die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers.“

  • Die Staatsanwaltschaft kann solches Verhalten nur unter dem Gesichtspunkt der Schädigung der Eigner, hier der Landesbank BW, als Untreue gem. § 266 StGB prüfen. „Wer die ihm … kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Der Bundesgerichtshof hat diese im Fall Ackermann ./. Mannesmann so gesehen. Aber passt das? Es fehlen Strafbestimmungen gegenüber Bankangestellten, die Finanzdienstleistungen diskriminierend verkaufen und damit die einen zu lasten der anderen schädigen. Geschädigt ist die Gemeinschaft und die Summe der Bankkunden, nicht jedoch die Bank selber. Hier klafft eine Lücke im Gesetz.


 


 

 


ID: 47859
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 16.01.12
   
 

Erzeugt: 13.01.12. Letzte Änderung: 24.01.12.
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