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Die drei Darlehen des Ministerpräsidenten Wulff: 22 bis 151 Tausend Euro Vorteil und die späte Regulierung – Ergebnisse des iff-Rechenservice

Inzwischen sind weitere Einzelheiten bekannt geworden. Diese sind in einem neueren Beitrag verarbeitet, den man zu diesen Berechnungen hier lesen sollte. Allerdings haben uns diese Informationen nicht dazu verleiten können, unsere bisherigen Berechnungen zu korrigieren.

Spiegel-Online
hat weitere Einzelheiten über die Konditionen der Kredite des Minister­präsidenten Wulff veröffentlicht. INzwischen ist auch ein Dritter Kredit aufgetaucht, bei dem durch eine weitere Umschuldung nun ein recht normaler Festzinskredit über 15 Jahre entstanden sein soll. Wann und mit welchen Konditionen, so schreibt Die Welt am Sonntag  soll allerdings nicht vollständig offen gelegt werden. Jetzt geht es darum, diese Daten aufzubereiten, um die Vorteile deutlich zu machen. Wir legen hier die Berechnungen vor, wie das iff sie auch für Verbraucher und Verbraucherzentralen ständig durchführt, um Bankkosten zu überprüfen, mit üblichen Krediten zu vergleichen und rechtswidriges Verhalten aufzudecken.


Wir müssen uns dabei auf die Angaben in der Presse verlassen und legen die Berechnungen unter dem Vorbehalt der Richtigkeit dieser Grunddaten vor. Behauptungen über das Verhalten des Bundespräsidenten können und wollen wir dabei ebenso wenig aufstellen wie dazu Bewertungen vornehmen. Dies ist im Rahmen des dem hohen Amt geschuldeten Respekts (vgl. § 90 StGB „Verunglimpfung des Bundespräsidenten“) abzulehnen. Gleichwohl muss es im Rahmen demokratischer Meinungsbildung möglich sein, die vom Bundespräsidialamt nach Auskunft der Presse selber vorgelegten Fakten fachlich aufzubereiten.
 


Vorteile gegenüber einem üblichen Bankdarlehen


Es geht hier um zwei Darlehen für den Wohnungsbau, die nicht nur, weil sie ungesichert sind, außerordentlich ungewöhnlich sind: ein sog. Privatdarlehen und ein Bankdarlehen als Kreditlinie. Die Darlehenssummen beliefen sich auf 500.000 € und 520.000 € bei einem Wert des Kaufes von 415.000 €. Laut Handelsblatt wurden im Privatdarlehen monatlich Zinsen in Höhe von 1.666 €, was exakt den Zinsen ohne Tilgung entspricht (500.000 × 4 % / 12 = 1.666,66 €) gezahlt. Laut Spiegel wurde im anschließenden Bankdarlehen nur noch auf den Monat umgerechnet 888,88 € gezahlt. Die Zinsgestaltung war extrem günstig und die Beleihungsgrenzen wurden ignoriert.


Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick, wobei wir ein übliches Bankdarlehen den beiden Krediten gegenübergestellt und in der letzten Spalte auf die jeweiligen Vorteile des Privatdarlehens bzw. des BW-Darlehens (durch „/“ getrennt) hinweisen.


Die Berechnungen beruhen auf den vorgestellten Daten aus der Presse. Beim variablen Darlehen sind die Vor- und Nachteile naturgemäß nur schätzbar. Hier ist eine Marge von +/- 15.000 € denkbar.


Im Vergleich zu einem normalen Bankdarlehen war die Beleihung auf ein Grundstück im Wert von 415.000 € mit 500.000 € überhöht, wenn kein Eigenkapital vorhanden war.


Der Zinssatz war sehr günstig. Die Bundesbank gibt für Oktober 2008 für 5jährige Hypothekenkredite einen Zinssatz von im Durchschnitt 5,28 % eff. an. Der Zinssatz der staatlichen Förderbank KfW in diesem Monat lag bei 5,3 % p.a.. Banken würden eine 1 %-tige Tilgung verlangen, die bei geringen Sicherheiten auch höher ausfallen kann. Für ungesicherte Kredite an private Haushalte im Konsumkredit gibt die EZB zu diesem Zeitpunkt 7,23 % p.a. effektiv an bei bis zu 5 Jahren Laufzeit.


 

Ehepaar Geerkens

BW-Bank

Marktvergleichs-
Bank

Vorteil zu

Geerkens/BW-Bank

Darlehensauszahlung

01.10.08

21.03.10

01.10.08

 

Darlehenssumme

500.000,– €

520.000,– €

332.000,– €

168.000 €/
188.000 €

Zinssatz (nominal)

4,00%

0,90%

5,30%

(Mrz10: 4,3%/ 3,04%(var.))

1,30%/2%)

(17/178 Monate

(8.937,50 € /154.266€)

Zinsbindung in Jahren

5 (10.2013)

variabel

5 (10.2013)

-/4 2/3 Jahre

Von der Bank kündbar?

nach 10 Jahren

nach 14 2/3 Jahren

nach 10 Jahren

-/178 Monate

Vom Kunden kündbar

nein (aber dann gestattet)

jederzeit auch teilweise

nein

faktisch ja/rechtlich ja

Anfängliche Tilgung

keine

1,00% (abnehmend)

1,00% (steigend)

1,00%

mtl. Rate: (Zinsen)

1.666,66 €

833,33 € (10.000 € p.a.)

2.625,00 €

(bei 500')

958,33 €

Rückzahlung:

15.02.10

31.12.24

15.02.10

-

Beleihungsauslauf:

120,50%

125,30%

80,00%

40,50%

Beleihungswert

415.000,00 €

415.000,00 €

415.000,00 €

-

Sicherheiten

keine

unklar

Grundschuld evtl. Lebensvers

GS/?

gesparte Vorfälligkeitsent.

keine

keine

13.194,12 €

13.194,12 €

Summe Vorteile

20.957,14 €

154.266,67 €

o. Abzinsung nach Durchschnitt

0,00 €

20.957,14 €/154.266,67 €


Rechnet man den Zinsvorteil auf die tatsächlich in Anspruch genommene Laufzeit, so betrug er mindestens 8937,50 €. Auf die gesamte Laufzeit wären es (unabgezinst) 32.500 € gewesen.


Da im vorliegenden Fall die Marktzinssätze nach 2008 sanken, wurden die Kreditnehmer durch die Bindung von besseren Angeboten ausgeschlossen. Das Gesetz gibt ihnen auch deswegen kein Kündigungsrecht. Nach § 490 Abs. 2 BGB besteht aber evtl. ein Kündigungsrecht aus besonderem Anlass, für das das Gesetz den Banken wiederum die Möglichkeit einräumt, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu nehmen: „Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).“ Diese „Entschädigung“ ist in Deutschland extrem hoch. Sie hätte für ein solches Kreditverhältnis nach den Berechnungsgrundsätzen, die der Bundesgerichtshof den Banken zugesteht, 13.194,12 € gekostet.


Zusammenfassend lässt ich feststellen, dass bei dieser Ausgangslage im Verhältnis zu Bankkrediten sich ein liquider finanzieller Vorteil von 20.957,14 € errechnet. Hinzu kommt, dass die Kosten der Bestellung einer Grundschuld und Wechselkosten gespart werden.
 


Vorteil erstes BW-Bank zu üblichem Bankdarlehen


Die ohne Vorfälligkeitsentschädigung erfolgte Ablösung zur BW-Bank führte zu erheblichen weiteren Vorteilen im Verhältnis zu einem üblichen Bankkredit.


Die BW-Bank gewährte ein Darlehen, das üblicherweise nur an Banken mit absoluter Sicherheit und Gegenseitigkeit gewährt werden kann und kombinierte dies noch mit den Vorteilen eines Hypothekenkredits.


Zinssatz


Der Zinssatz sank (soweit aus der EZB-Statistik ersichtlich) auf 0,9 % p.a. anfänglicher Zinssatz. Ein entsprechender langfristiger Hypothekenkredit hätte lt. EZB-Statistik im Durchschnitt im März 2010 4,3 % p.a. gekostet, ein variabler Hypothekenkredit 3,04 % p.a. Die Zinsspanne zugunsten des Kreditnehmers erhöhte sich daher von 1,3 % p.a. auf mindestens 2,04 % p.a. Allerdings ist fraglich, ob nicht hier der Vergleich zum langfristigen Kredit erforderlich ist, weil der Kunde hier langfristig einen extrem guten Zinssatz unkündbar zugesprochen bekam und damit die für variable Kredite typischen Risiken praktisch nicht tragen musste.


Als Zinssatz wurde ein Kreditzinssatz unter Banken (EURIBOR) (European Interbank Offered Rate) genommen, der für maximal 12 Monate gilt. Da die Zinsen nur jährlich zu zahlen waren, hätte hier der 12-Monats-EURIBOR genommen werden müssen. Dieser lag aber im März 2010 bei 1,22 % p.a. und nicht bei 0,9 % p.a. (da der EURIBOR niemals so niedrig war wie im März 2010 kommt nur dieser Monat in Betracht). Am ehesten entsprechen die 0,9 % p.a. dem EURIBOR für den Monatsdurchschnitt bei 6-monatiger Laufzeit. Dieser betrug im März 2010 laut EZB-Statistik 0,87 % p.a.


Der Durchschnitt der letzten 8 Jahre (1.2003 und 10.2011) bei Hypothekenzinssätzen belief sich (errechnet aus der EZB-Statistik bei variablen Kreditzinssätzen):

  • bei variabler Verzinsung auf 4,56 % p.a. und

  • bei Laufzeiten über 10 Jahre auf 4,63 % p.a.

  • Der EURIBOR hatte demgegenüber einen Mittelwert von 2,56 % p.a.


Der Vorteil lag somit durchschnittlich bei 2 % p.a.


Ohne Abzinsung kann man somit davon ausgehen, dass im März 2010 der dem Kreditnehmerehepaar von der BW-Bank gewährte Kredit allein durch Zinssatzdifferenz einen zusätzlichen Wert von 154.266 € ausmachte. Dieser Wert verringert sich geringfügig durch mögliche Tilgungen, die damit nicht im Interesse des Kreditnehmers lagen. Wegen des ansteigenden Zinsniveaus dürften die Tilgungen, die sich anfänglich noch bei 1 % p.a. bewegten, gegen 0 streben, weil der Zinssatz offensichtlich wieder stieg.


Zinsen


Es sollte jährlich mit einer Rate von 10.000 € gezahlt werden. Dies deutet auf eine jährliche Zins- und Tilgungsverrechnung hin. Da kaum und bei steigendem Zinssatz immer weniger getilgt werden musste, ist auch dies eine weitere Vergünstigung für den Kreditnehmer.


Bei 0,9 % p.a. ergeben sich für das Jahr 4.680 €. Im Oktober 2011 wäre bei einem auf 1,72 % gestiegenen Euribor die Jahresrate bei 8.944 € gelegen. Es hätte kaum noch Tilgung gegeben.


Tilgung


Es handelte sich wohl um ein Annuitätendarlehen. Das heißt, die Rate stand fest. Wäre der Zinssatz über 2 % p.a. gestiegen, dann hätten die 10.000 € nicht mehr ausgereicht, um die Zinsen zu decken. Die nachträgliche Zinsverrechnung hätte sich hier positiv ausgewirkt.


Sicherheiten


Welche Sicherheiten verlangt wurden ist unklar. auf jeden Fall hätte auch eine Grundschuld keine Sicherheit gebracht, da das Grundstück 415.000 € wert war aber mit 520.000 € beliehen wurde. Das Wertverhältnis („Beleihungsauslauf“) erhöhte sich damit um weitere 5 % auf 125 %, was selbst für den Fall einer vollen Haftung des Grundstücks zu einer Unterdeckung von banküblichem Crash Value (Wert nach Zwangsversteigerung) von 80 % des Kaufpreises bei geschätzten 45 % geführt hätte. Im Interbankenmarkt sind Hypotheken als Sicherheit zudem unüblich. Aus der Presse nicht klärbar ist, ob Wulff, seine Ehefrau oder beide Eigentümer sind.


Die Laufzeit war etwas ungewöhnlich nicht auf die im Hypothekenkrediten üblichen 3, 5, 7, 10, 15 Jahre sondern auf 14 Jahre 8 Monate ausgelegt. Das deckt sich mit dem 65. Lebensjahr des Kreditnehmers und reicht offensichtlich bis zur Pensionsgrenze.


War keine Grundschuld vereinbart, so wäre der Kredit ungesichert gewesen. Das hätte bedeutet, dass das Grundstück anderweitig belastet werden konnte. Angeblich soll seit 2008 schon eine Grundschuld im Grundbuch gestanden haben. Von einer Lebensversicherung, die wenigstens das Problem eines Ablebens der Schuldners lösen könnte, ist ebenfalls nichts bekannt. Es ist im Kreditgeschäft außerordentlich unüblich, bei Personalkrediten dieses Risiko nicht abzudecken, wenn keine Sachsicherheiten bestehen.
 

Vorteil durch zweites BW-Bankdarlehen aufgegeben

Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" hat der Anwalt des Bundespräsidenten, Gernot Lehr, mitgeteilt, dass der variable Kredit Anfang Dezember 2011 nunmehr in ein wohl übliches  Hypothekendarlehen umgeschuldet worden ist. Danach wurde die Laufzeit ähnlich wie im variablen Kredit auf 15 Jahre festgelegt und mit einer Zinsbindung versehen. Der effektive Jahreszinssatz soll jetzt 3,62 Prozent betragen.
Wulff hat sich danach erst Anfang Dezember dieses Jahres mit der BW-Bank darauf geeinigt, das kurzfristige tilgungsfreie Geldmarktdarlehen mit variablem Zinssatz durch ein langfristiges Hypothekenbankdarlehen mit einer Laufzeit von 15 Jahren und einem Jahreszins von effektiv 3,62 Prozent (nominal 3,56% p.a.) abzulösen.

Da im Oktober 2011 der Zinssätz für besicherte Hypothekenkredite laut Statistik der EZB (Bundesbank) bei 3,69% p.a. effektiv lag, hat der Bundespräsident nunmehr was die Zinshöhe anbelangt ein "normales" Hypothekendarlehen erhalten. Ob die Rückzahlung nunmehr auch statt der 10.000 € auf die für übliche Annuitätendarlehen mit 1% Tilgung geltenden Konditionen auf das 2,4fache  (24.388 € p.a.) angehoben worden sind, ist nicht aufklärbar, weil keine Befreiung vom Bankgeheimnis vorgenommen wurde.

Die Aufgabe eines so günstigen Darlehens, das gerade nicht mit der für Zwischenkredite geltenden Endkonditionen (bis zur Zuteilung von Bauspardarlehen oder Fertigstellung eines Baus) vereinbart wurde,  spricht wohl auch eher dafür, dass die Vertragsparteien sich selber über das Ungewöhnliche ihrer KOnstruktionen im Klaren waren.  Ob das rechtzeitig war, könnte man aus dem Gedanken des §371 Abs. 2 Ziff. 2 Abgabenordnung ableiten, wonach eine Selbstanzeige nur vor "Entdeckung" als Wiedergutmachung gewertet wird.

Rechtliche Bewertung


Darlehen der Eheleute Geerkens


Ein solches Darlehen ist kein Verbraucherdarlehen im Sinne der §§ 491, 14 BGB, weil der Unternehmer kein Unternehmer im Sinne des BGB ist, wenn er das Darlehen nicht im Rahmen seines Gewerbebetriebes vergibt. Es unterfällt jedoch den Bestimmungen des § 490 Abs. 2 BGB, so dass eine Vorfälligkeitsentschädigung möglich wäre.


Steuerrechtlich lässt sich erwägen, ob der Zinsvorteil als eine Einnahme aus Kapital anzusehen ist. Im Fall eines Produktes mit dem Namen „Bausparen mit Zinspfiff“, bei dem der Kunde keine Anlagezinsen dafür aber ein stark verbilligtes Anschlussdarlehen bekam, hat die Finanzbehörde die dadurch mögliche Verlagerung von Einnahmen in die Zukunft moniert.
 


Erstes Darlehen der BW-Bank


Das Darlehen hätte von der BW-Bank nicht gewährt werden dürfen. Es ist ein persönliches Darlehen zur Hausfinanzierung und fällt damit unter die §§ 491 ff. BGB sowie § 18 KWG, der damals schon sinngemäß galt.


Ob es die dort für Verbraucherkredite aufgeführten Informationen (Effektivzins etc) enthält ist nicht bekannt. Wesentlich aber ist, dass das Darlehen keine „verantwortliche Kreditvergabe“ darstellt und in den Bereich solcher ungesicherter Darlehen fällt, die in der Finanzkrise zur heftigen Kritik an Banken gedient haben.


Zinseszinsverbot


Das Darlehen verstößt wohl auch gegen § 248 BGB, wonach im Voraus keine Zinseszinsen vereinbart werden dürfen. Dies tritt aber ein, wenn der Zinssatz auf die 2,1 % p.a. steigt, wie es bereits der Fall sein soll. Dann wären 10.920 € Zinsen fällig, während aber nur 10.000 € bezahlt würden. Die 920 € würden dann ins Konto gebucht und die Schuld langsam ansteigen lassen. Das will § 248 BGB zur Vermeidung der Überschuldung verbieten. Allerdings gibt es eine Ausnahme im Handelsgesetzbuch für Kontokorrentkonten (§ 355 HGB). Hier soll eine Saldierung möglich sein. Da es sich aber hier um kein Kontokorrent sondern um einen verkappten Hypothekenkredit handelt, bei dem das Konto nur in eine Richtung funktioniert, besteht das Zinseszinsverbot. Die Bank hätte einen solches Darlehen nicht vergeben dürfen. Zwar ist nur die Klausel nichtig, dass mehr als 10.000 € nicht verlangt werden können im Jahr. Gleichwohl darf eine Bank so etwas nicht machen.


Unverantwortliche Kreditvergabe und Bankenaufsicht


Als Bankdarlehen wäre ein solches Darlehen nicht gewährt worden und zumindest nach dem jetzt geltenden § 18 Abs. 2 KWG („verantwortliche Kreditvergabe“) auch wohl als zu unsicher einzustufen.


Zwar gibt es keine Meldefplicht für solche einzelnen Kredite (§14 KWG beginnt bei 1,5 Mio €) und das Kreditinstitut muss sich auch erst ab 750.000 € die Unterlagen zur Kreditprüfung vorlegen lassen. (§18 Abs.1 KWG). Bei Verbraucherkrediten gilt jedoch neuerdings, dass die Bank auch "bei Änderung des Nettodarlehensbetrags die Auskünfte auf den neuesten Stand zu bringen" und genau prüfen muss. Die Überwachung der Einhaltung dieser Pflicht, die auch schon vor Erlass des neuen §18 Abs.2 KWG bestand, obliegt der BAFIN.  Sie hätte nach den Skandalen um die Landesbanken in Sachsen, Berlin, Bayern und NRW längst allen Grund dazu, in einem Rundschreiben von den Banken zu verlangen, dass sie bei marktunüblichen Darlehen an Mandatsträger im politischen Raum die Erfüllung dieser Pflichten im einzelnen ihnen nachweist.

Die Annahme, ein Ministerpräsident werde immer liquide sein, weil er sich eine Insolvenz nicht leisten kann, mag zwar stimmen führt aber dazu, dass mit einem solchen Kredit ein extremer Druck auf den Schuldner ausgeübt wird, in Krisenzeiten sich Geld zu beschaffen. Die an den Rand der Überschuldung reichende Kreditgewährung an einen hohen Verantwortlichen des Gemeinwohls gefährdet damit auch das Gemeinwohl und ist bei einer öffentlich-rechtlichen Bank nicht zu tolerieren. Anders als im Fall Milbrath und der Sächsischen LB ist hier der Eingriff in das öffentliche Wohl durch die Bank noch größer. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden, um vor allem zukünftige bewusste Überschuldungen von Staatsverantwortlichen zu vermeiden, die aus Sicht dieser Personen, die nur den aktuellen Vorteil sehen, evtl. nicht gravierend erscheinen.
 


Beamtenrechtliche Fragen


Für die beamtenrechtliche Bewertung gibt es den Passus im Ministergesetz des Landes Niedersachsen. Hierzu gibt es einen Erlaß, der in Zf. 2.1 d dem Rundschreiben zum Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken in der Bundesverwaltung vom 8. November 2004 (gem. § 70 BBG; § 10 BAT/BAT-O; § 12 MTArb/MTArb-O, § 19 SG) entspricht.


Darlehenskonstruktionen wie die vorliegende fallen danach unter „Belohnungen und Geschenke

Dazu heißt es : „Neben Geldzahlungen und Sachwerten kommen dafür auch alle anderen Leistungen in Betracht. Das sind beispielsweise: … Vergünstigungen bei Privatgeschäften, wie zinslose oder zinsgünstige Darlehen,…“ (= Ziff. 2.1.d des nds. Erlasses "besonderen Vergünstigungen bei Privatgeschäften (z. B. zinslose oder zinsgünstige Darlehen, …)" )


Sollte dies Darlehen darunter fallen so gilt ferner folgendes:


„Um bereits den bloßen Anschein zu vermeiden, für persönliche Vorteile empfänglich zu sein, haben die Beschäftigten vor der Annahme von Geschenken oder Belohnungen die Zustimmung auf dem Dienstweg bei der zuständigen Stelle unverzüglich zu beantragen. Ist dieses aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, ist die Genehmigung der Annahme nachträglich zu beantragen. Dies gilt vor allem, wenn die Zustimmung nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte, insbesondere die Gewährung des Vorteils nicht absehbar war.“


Ziff. 1.2 des Erlasses zum niedersächsischen Ministergesetz gibt Ministern dagegen nur generell die Zustimmung, „wenn die Entgegennahme wegen der Regeln des gesellschaftlichen Verkehrs und der Höflichkeit, denen sich die Mitglieder der LReg nicht entziehen können, geboten ist. … Geschenke mit einem Wert von über 10 EUR gehen in das Eigentum des Landes über und werden vom jeweiligen Ressort verwaltet.“


Man wird aus diesen Regelungen schließen können, dass man sich kaum darauf berufen darf, man habe etwas ohne Bezug zum dienstlichen Bereich erhalten, wenn man auf die Anzeige in solchen Fällen verzichtet, wo für einen außenstehenden Dritten zumindest auf der Oberfläche durch Teilnahme an gemeinsamen Dienstfahrten solche Bezüge möglich erscheinen. Zweifelsfälle gehen wohl hier zu lasten des Beamten, der es versäumt hat, die Frage des dienstlichen Einschlags von einer unabhängigen Stelle klären zu lassen.  Gerade dafür gibt es ja die Anzeigepflicht.


Ob letztlich wie aus dem Bereich des Verfassungsrechts zu hören, eine Selbstanzeige beim Staatsgerichtshof erforderlich wäre oder ob auch die BW-Bank den Aufsichtrat hätte informieren müssen, erscheint eher sekundär.
 


Ungewöhnliche Darlehenskonstruktionen und Zahlungen über drei verschiedene Konten aus der Schweiz geben eher mehr denn weniger Anlass zur Einholung einer Genehmigung. Die Probleme der in Anlage- oder Kreditprodukten enthaltenen Vergünstigungen werden seit langem diskutiert.


  • Bei günstigen oder sicheren Anlageprodukten für ausgewählte (politische) Klientel sind die Probleme bei der sächsischen Landesbank, die zum Rücktritt des Ministerpräsidenten Milbradt führten, sowie bei den garantierten Hochzinspapieren der Berliner Bank für Politiker diskutiert worden. Provisionen, Garantien, erhöhte Zinsen sind oft einfache Mittel, Vorteile relativ unsichtbar zu geben. Da heute Liquidität vor Eigentum rangiert ist Kreditzugang eine wesentliches Element von Vermögen geworden.

  • Noch schwieriger zu beurteilen sind Darlehen. Provisionen, Courtage, Zinssätze etc. sind auch hier regelbar. Hinzukommt, dass Kredite zunächst wie Geschenke einen Übergang des Geldes vorsehen und ihr Charakter als Kredit jederzeit revidierbar ist und zwar vor allem dort, wo die Darlehen nicht der Finanzaufsicht unterliegen.





ID: 47806
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 22.12.11
   
 

Erzeugt: 16.12.11. Letzte Änderung: 06.01.12.
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