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Stellungnahmen zur Kreditkrise durch iff, ECRC und andere. Anwälte kündigen Verfassungsbeschwerde an. ECRC und íff beteiligen sich nicht daran.

iff und ECRC zur Kreditkrise auf den Finanzmärkten

Einige Anwälte haben eine Initiative gestartet mit einer Presseerklärung zum Rettungsprogramm der Bundesregierung. Das iff ebenso wie Prof. Udo Reifner und viele andere Unterzeichner haben in der Europäischen Koalition für Verantwortung im Kredit die inzwischen weltweit unterstüzte Erklärung zur Subprime Krise mit entwickelt und unterschrieben. Sie enthält eine Reihe von konkreten Forderungen. Außerdem gibt es vom iff die 10 Punkte zur Überwindung der Krise und die Kommentierungen der rechtlichen Entwicklung in Deutschland auf dieser Seite.
Für eine Verfassungsbeschwerde sieht das iff zur Zeit keine Grundlage. Es geht aber in der Tat um Grundfragen der Demokratie, wenn ein Parlament sich auf Jahre von drohenden Bürgschaftsverpflichtungen abhängig macht. Ob diese verfassungsrechtlich relevant ist, müssen Verfassungsrechtler beurteilen. Dem iff und seinen Partnern im ECRC geht es nicht so sehr um die Hilfsprogramme der Regierungen sondern darum, wie man solche Programme in der Wirtschaft überflüssig macht. Dazu aber dient unsere Kampagne für verantwortliche Kreditvergabe, ein gesetzliches Liquiditätssicherungsverfahren für Banken sowie ein Einschränkung von "Spiel und Wett"-Produkten im Finanzsektor durch eine effektive Aussicht.

Wir dokumentieren die GEMEINSAME PRESSEERKLÄRUNG der Rechtsanwälte Klaus Kratzer & Koll., Nürnberg, Eberhard Ahr & Koll., Bremen, Dr. Reiner Fuellmich & Ass., Göttingen, und der Hochschullehrer Prof. Dr. Peter Derleder, Universität Bremen, Prof. Dr. Kai-Oliver Knops, Universität Hamburg

Zur aktuellen Finanzmarktkrise sowie zum „Rettungsprogramm“ der Bundesregierung:

1.

In der vergangenen Woche hat hinter verschlossenen Türen der Krisenstab der Bundesregierung um den Staatssekretär Jörg Asmussen und den Wirtschaftsberater der Kanzlerin, Herrn Jens Weidmann, im kleinsten Kreise an dem Entwurf des jetzt vorliegenden Finanzmarktstabilisierungsgesetzes (FMStG) gearbeitet, das bereits in dieser Woche beschlossen werden soll. Neben den beiden politischen Beamten und dem Bundesbankpräsidenten waren hieran neben vier Mitarbeitern aus dem engsten Arbeitsumfeld der Kanzlerin und des Finanzministeriums nur noch beteiligt der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Paul Achleitner von der Allianz sowie Martin Blessing und Klaus-Peter Müller von der Commerzbank AG. Unabhängige Sachverständige oder ein Vertreter der BaFin wurden nicht hinzugezogen. Wen verwundert es, dass der Regelungsinhalt des FMStG im Wesentlichen der Zusammensetzung dieses „Krisenstabes“ entspricht?

Der Entwurf enthält keinerlei konkrete Verpflichtung der Banken zur Rückführung entsprechender Steuergeschenke, dafür einen Freibrief für marode Banken, keinen Insolvenzantrag stellen zu müssen.

2.

Laut Mitteilung des Handelsblattes vom 15.10.08 erwartet die Kanzlerin nur eine tatsächliche Belastung in Höhe von rund 20 Milliarden EUR - offensichtlich nur, um die Bundesländer zu beruhigen, die mit zur Kasse gebeten werden. Denn tatsächlich braucht allein die Hypo Real Estate bis zum Jahresende 2008 rund 50 Milliarden EUR – und die sind verloren. Gleichzeitig wird die derzeitige Finanzmarktkrise in Deutschland ausschließlich begründet mit den „Verwerfungen des US-amerikanischen Hypothekenmarktes“. Hauseigene Probleme der deutschen Banken sowie die Verantwortlichkeit der Bankmanager selbst werden offensichtlich bewusst verschwiegen oder verharmlost.

Hierzu können und wollen die Unterzeichner als im Bankrecht tätige Praktiker und Experten im Interesse der Allgemeinheit sowie einer tatsächlichen Stabilisierung des Finanz- und Wirtschaftssystems in Deutschland nicht mehr schweigen.

3.

Die derzeitige Finanzmarktkrise in Deutschland wurde durch die US-amerikanische Hypothekenmarktkrise nur mit ausgelöst, aber keineswegs verursacht. Sie beruht sehr wohl auf - allen Beteiligten, auch der Bundesregierung bekannten - hauseigenen Problemen der deutschen Banken selbst. Seit dem Frühjahr 2003 wurde offen die Gründung einer „bad bank“ diskutiert. Die einzelnen Bankinstitute meldeten den Ministerien faule Kredite in Höhe von rund EUR 250 Milliarden zur Abwicklung an. Die Banken wurden bedauerlicherweise in der Vergangenheit aber nicht angehalten, diese Kredite vernünftig abzubauen. Vielmehr wurden ihnen Wege eröffnet, Kreditportfolios an US-amerikanische Finanzinvestoren zu veräußern oder aber die Kreditrisiken noch zu veroptionieren.

Durch diese verfehlte Politik wurden Kreditrisiken nicht reduziert, sondern teilweise erheblich ausgeweitet zum Schaden der involvierten Banken, als auch der Allgemeinheit. Im Rahmen einer Anfrage an das Ministerium wurde der FDP noch 2004 mitgeteilt, dass man von einer Summe in Höhe von rund 215 Milliarden EUR an „noch nicht verkauften“ faulen Krediten ausgehe. Bereits seit 2006 setzte die Deutsche Bank AG durch Leerverkäufe von CDOs auf ein Platzen der Immobilienblase und fuhr so Milliardengewinne ein. Einer der Abnehmer der CDOs war im Übrigen auch die IKB, die (auch dadurch) fast insolvent geworden ist. Hier musste der deutsche Steuerzahler bereits mit EUR 10 Milliarden einspringen. Wenige Wochen später wurde die IKB für lächerliche 100 Millionen EUR an einen amerikanischen Finanzinvestor veräußert.

Bereits im Rahmen des Entwurfes zum Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz vom 16.08.2004 waren eine Managerhaftung für falsche und unterlassene Kapitalmarktinformationen sowie ein direkter Schadenersatzanspruch betroffener Anleger vorgesehen. Der Erlass dieses Gesetzes, der ein unbeschränktes Hasardieren von Bankmanagern hätte verhindern oder zumindest einschränken können, wurde 2004 auf Druck der Wirtschaft fallen gelassen.


4. Unsere zentralen Forderungen zur Nachbesserung des FMStG sind daher:

  • Eine konkrete Rückführungsverpflichtung der Banken für in Anspruch genommene staatliche Mittel in den nächsten 10 Jahren aus den Unternehmensgewinnen. Wenn Banken auf Kosten des Steuerzahlers staatliche Mittel in Anspruch nehmen, müssen diese aus den Unternehmensgewinnen der Folgejahre zurückgeführt werden.

  • Sofortige Einführung der Managerhaftung nach dem Entwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes, sowie die Einsetzung einer Kommission zur Festsetzung entsprechender Verhaltensregelungen.

  • Einbeziehung der Immobilienanlage-Opfer bei der Abwicklung der faulen Kredite. Es kann keine volkswirtschaftlich erforderliche Rettung der Täter ohne eine Schuldenregulierung für die Opfer, insbesondere die Häuslebauer und Kleinanleger geben.

  • Neue Initiativen zur internationalen, europäischen und nationalstaatlichen Regulierung der Grenzen für Risikoprodukte und Großrisikostrategien (Wetten) von Banken.

Die Unterzeichner unterstützen die weltweite Erklärung der European Coalition for Responsible Credit (ECRC) sowie der National Coalition for Community Reinvestment in den USA vom Juni 2008, die auf die strukturellen Ursachen der Krise im Kreditgeschäft mit Verbrauchern weltweit hinweist und die Überwindung darin sieht, dass ein sauberes und verantwortliches Kreditgeschäft die Grundlage einer stabilen Geldwirtschaft bietet.


(http://www.verantwortliche-kreditvergabe.net/index.php?id=2615)

Die Unterzeichner:

Rechtsanwalt Klaus Kratzer, Nürnberg
Rechtsanwalt Eberhard Ahr, Bremen
Rechtsanwalt Dr. Reiner Fuellmich, Göttingen
Professor Dr. Peter Derleder, Universität Bremen
Privatdozent Dr. Kai-Oliver Knops, Universität Hamburg


ID: 41999
Autor(en): UR
Erscheinungsdatum: 23.10.08
   
 

Erzeugt: 22.10.08. Letzte Änderung: 24.11.08.
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