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Thesenpapier Tim Sommer (IHV – Insolvenzhilfe e.V. Wilhelmshaven): Verantwortliche Kreditvergabe in Deutschland – Die Umsetzung der Konsumentenrichtlinie 2008 (Workshop F1)
Der Markt der Konsumentenkredite wird für den Verbraucher immer undurchschaubarer. Sind die Kredite der Hausbank noch für fast jeden Kunden greifbar, so sehen sie sich durch reine Kreditbanken, Internet- und Discountkredite mit völlig neuen Instrumenten der Kreditvergabe konfrontiert. Von Tschibo bis Neckermann, von Kreditkarte bis Kundenkarte, von Dispo- bis Hypothekenkredit, der Markt wird immer undurchschaubarer.

Die Innenstädte und Einkaufsmeilen werden mit „Schnell-Kredit-Geschäften“ überzogen und suggerieren die unkomplizierte und fast risikofreie Kreditaufnahme für jedermann. Dabei werden die Anbieter im Bereich der Kreditnebenkosten immer einfallsreicher. Hier spielen vor allem die Bearbeitungsgebühren und Versicherungen eine zentrale Rolle.

Inzwischen bekannte Wege von Kettenkrediten du Kopplungsgeschäften verschleiern die Verschuldung und die tatsächlichen Kosten und Zinssätze. Die Spanne von beworbenen Zinssätzen und tatsächlich erreichbaren wird immer größer. Diese Entwicklung zeigt sich auch deutlich aus den Untersuchungen und Stichproben der diversen Verbraucherschutzorganisationen.

Der Versuch der Europäischen Union, die Kreditvergabe in Europa auch rechtlich zu harmonisieren, scheitert seit vielen Jahren an den rein nationalen Interessen und Gewohnheiten der Mitgliedsstaaten. Auch die Lobby der Kreditinstitute lässt nicht unversucht, einen transparenten Markt zu verhindern.

Im Rahmen der Schuldner- und Insolvenzberatung spielen besonders die reinen Verbraucher- und Konsumkredite eine immer größere Rolle. Das Wechselspiel zwischen vielen Kleinkrediten, überzogenen Girokonten und Leasingverträgen ist häufig die Ursache für den Verlust des Überblicks und der Eigenregie der Verbraucher.

Der Markt der (eigentlich) nicht kreditwürdigen Kunden wird immer härter umkämpft. Besonders Banken mit Sitz im Ausland schielen auf den deutschen Verbraucher. Aber auch im Inland spezialisieren sich Kreditinstitute durch Sonderprodukte wie den „Easy credit“ auf Problemkunden. Groß- und Hausbanken nutzen das Angebot der Spezialkredite, um an den eigenen Problemkunden über das Provisionsgeschäft doch noch zu verdienen.

Die Erfahrung aus der Beratungspraxis zeigt, wie überfordert viele Verbraucher mit der Werbung, den Verträgen und den mathematischen Berechnungen von Krediten sind. Das Scheitern von Krediten führt häufig zu einem umfassenden Vertrauensverlust im Bezug auf Kreditinstitute. Das Gefühl, über den Tisch gezogen zu sein, verdrängt die bisherige partnerschaftliche Basis zwischen Kunde und Bank.

Der Begriff der Verantwortung weicht mehr und mehr der reinen Gewinnmaximierung. Transparenz, Vertrauenswürdigkeit, verlässliche Werbung und verständliche Berechnungen scheinen weit weniger im Interesse der Politik zu sein, als die Sicherung von Marktanteilen und Gewinnen der Kreditinstitute.

Die Kreditaufnahme bewegt sich in einem politischen und wirtschaftlichen Spannungsfeld. Die wirtschaftlichen Interessen der Banken nach mehr Umsätzen und Gewinnen, die politischen und Volkswirtschaftlichen Interessen der Staaten nach steigender Kaufkraft und wirtschaftlichem Wachstum stehen der verantwortlichen Kreditvergabe dauerhaft im Wege. Einen Ausweg aus diesem Spannungsfeld zu finden, wird die Aufgabe der kommenden Jahre sein.


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Thesenpapier – 3. Nationale Finanzdienstleistungs-Konferenz
6.–7. Juni 2008 in Hamburg

ID: 41681
Autor(en): Tim Sommer (IHV – Insolvenzhilfe e.V. Wilhelmshaven)
Erscheinungsdatum: 04.06.08
   
 

Erzeugt: 30.07.08. Letzte Änderung: 30.07.08.
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