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Thesenpapier Volker Pietsch (Geschäftsführender Vorstand, DIAS Deutsches Institut für Anlegerschutz): Finanzierte Kapitalanlagen – reicht der Anlegerschutz aus? (Workshop F3)
Seit Mitte der 90er Jahre wurden Hunderttausende leichtgläubiger Bürger Opfer krimineller Anbieter sog. „Schrottimmobilien“. Zielgruppe waren überwiegend wenig betuchte Anleger, die von skrupellosen Finanzhaien in den Ruin getrieben wurden. Den Opfern wurden völlig überteuerte vermietete Eigentumswohnungen (sog. Erwerbermodelle) zur privaten Altersvorsorge angeboten. Den Anlegern wurde versprochen, dass die Mieteinnahmen ausreichen würden, um Zins und Tilgung der Darlehen zu tragen und die Objekte bis zum Rentenalter abzuzahlen. Tatsächlich fielen die Mieterträge jedoch viel geringer aus als angekündigt. Viele Wohnungen erwiesen sich gar aufgrund ihres erbärmlichen Zustandes als unvermietbar. Dadurch wurde die wirtschaftliche Existenz vieler Anleger zerstört. Anleger nahmen sich sogar in ihrer Aussichtslosigkeit das Leben.

Die hier in Rede stehenden Objekte waren von Anfang an nicht werthaltig und diejenigen, die sie verkauft und daran verdient haben, haben dieses gewusst. Bauträgergesellschaften, involvierte Banken und deren gemeinsame Vertriebsgruppen hinterlassen seit Jahren in Deutschland eine Spur der Vermögensvernichtung in mehrstelliger Milliardenhöhe.


Deutschland erlebt eine Renaissance des Schrottimmobilienbetruges

In den 90er Jahren wurden vor allem Geringverdiener akquiriert. Die hier in der Gesamtkonzeption eingebundenen Banken gaben den Investoren ohne Risikoscheu hohe Kredite. Heute sind die Geldinstitute vorsichtiger geworden. Daher haben Sie vermehrt Gutverdienende mit viel Eigenkapital im Blickfeld. Ihnen werden zum Beispiel oft nicht werthaltige Denkmalschutzobjekte als „letzte Steuersparmöglichkeit“ angeboten. Darüber hinaus werden fragwürdige geschlossene Immobilienfonds angepriesen, die in den Verkaufsprospekten vorgeben, in lukrative Bauprojekte in Dubai zu investieren.

Finanzhaie werben darüber hinaus zunehmend damit, dass Immobilienerträge nicht der zukünftigen Abgeltungssteuer unterfallen.

In den vergangenen Jahren haben institutionelle Investoren riesige Immobilienpakete gekauft und diese ‚Pakete’ dann in kleinere Einheiten aufgeteilt. Aber nicht alle Wohnungen dieser ‚Pakete’ ließen sich verwerten. Nun versuchen die Investoren minderwertige Restbestände an wenig erfahrene Kleinanleger zu veräußern. Die enormen Gewinnspannen beim Verkauf von Schrottimmobilien locken wieder zahlreiche unseriöse Anbieter und Vermittler an. Sie treffen auf Interesse, weil die Anleger unter Druck sind, etwas für ihre Altersvorsorge zu tun.
Politik zum Wohle der Anbieterseite?

Die Politik hat aus dieser katastrophalen Fehlentwicklung am Grauen Kapitalmarkt keine Lehren gezogen. Sie ist bereits im Vorfeld des im Jahre 2005 in Kraft getretenen Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (AnSVG) gegenüber der Lobby eingeknickt, in dem sie in nicht unwesentlichen Teilen die Weichen zum Nachteil des Anlegerschutzes stellte.

Als gravierendes Beispiel seien hier die zu kurzen Verjährungsfristen bei den Schadensersatzansprüchen geschädigter Kapitalanleger genannt. Bei der Durchsetzung von Anlegerrechten vor Gericht bilden die gesetzlichen Verjährungsfristen den Dreh- und Angelpunkt. Sie entscheiden letztendlich, ob Anlegerrechte lediglich auf dem Papier bestehen oder notfalls auch vor Gericht erstritten werden können. Darüber wurde den dubiosen Graumarktanbietern über die mit dem AnSVG eingeführte Prospekt- und Zertifizierungspflicht „per Steilvorlage“ ein Marketingmittel an die Hand gegeben, das nach Erkenntnissen des DIAS von Kapitalanlagehaien im Großen Stil zur Förderung des Verkaufs eingesetzt wird. Tausende Vertriebsmitarbeiter dubioser Kapitalanlagefirmen verweisen mittlerweile in Verkaufsgesprächen darauf hin, das das Anlagekonzept des Unternehmens von der BaFin überwacht werde. Die BaFin prüfe im Zuge der Zertifizierung jedoch lediglich, ob die Prospekte den formalen Ansprüchen gerecht werden. Sie prüfe nicht, ob die Vita des Emittenten sauber und ob das Konzept der Kapitalanlage in sich schlüssig ist.

Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz bietet den Marktteilnehmern somit weiterhin sehr „günstige Rahmenbedingungen“, die von unseriösen Anbietern des Grauen Kapitalmarktes tatkräftig genutzt werden. Anlegerschutz muss in unserer Gesellschaft einen höheren Stellenwert erhalten. Bisher hat der Gesetzgeber nichts unternommen, um aus dem „Zusammenbruch der Erwerbermodelle“ die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.


Notwendige gesetzliche Forderungen

Forderung nach einer starken Finanzaufsicht, die sich gesetzlich neben der Wahrung der Stabilität des Finanzsystems auch dem Verbraucherschutz verpflichtet sieht.

Gefordert sind ferner:

• für Gerichtsprozesse eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast
• Schiedsverfahren in bankrechtlichen Streitigkeiten
• Gesetzliche Regelungen zum Berufsbild des Finanzdienstleisters


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Thesenpapier – 3. Nationale Finanzdienstleistungs-Konferenz
6.–7. Juni 2008 in Hamburg

ID: 41671
Autor(en): Volker Pietsch (Geschäftsführender Vorstand, DIAS Deutsches Institut für Anlegerschutz)
Erscheinungsdatum: 04.06.08
   
 

Erzeugt: 30.07.08. Letzte Änderung: 30.07.08.
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