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Kreditverkäufe: Ist der Verkauf von in Not geratenen Kreditnehmern jetzt entgegen § 415 BGB möglich? Vierter Regierungsentwurf geht am Problem vorbei. Statt echtem Kündigungsschutz Information über Rechtlosigkeit. Verbesserung bei Anschlusskrediten.
Mit dem Regierungsentwurf von heute könnte der Verkauf ganzer Darlehensverträge und damit auch der Schuldner in Deutschland anerkannt worden sein. Banken müssten nicht mehr ihre Verpflichtungen in Person erfüllen. Das wäre eindeutig verfassungswidrig. Die Regierung muss im Parlament klarstellen, ob sie das will. Die Presse hat den Durchblick verloren.

WER SCHREIBT DIE GESETZE IN BERLIN?

Das Rätselraten, wie es hinter den Kulissen zu dauernd neuen extrem widersprüchlichen Gesetzentwürfen der Bundesregierung zur Kreditkrise kommt, geht weiter. Gestern wurde endlich ein Regierungsentwurf verabschiedet. Er geht zu dem vorvorletzten Entwurf zurück. Danach gibt es vor allem ein Problem: den dummen Verbraucher, der das falsche Produkt gekauft hat.

Bayern, Bundesrat und Seehofer hatten dagegen die bessere Idee. Es fehle an Kündigungsschutz für unverschuldet in Not geratene Häuslebauer. Auch die Linksfraktion nahm entsprechend Stellung, während Grüne und FDP weiter an den Spätwirkungen der Kredite, ihrem Verkauf herumoperierten.

Dann legte die Bundesregierung nach, erkannte an, dass Kreditverkäufe rechtswidrig sind, dass Kündigungsschutz notwendig und eine Zusammenarbeit mit dem Verbraucherschutz sinnvoll sei.

Davon war plötzlich nicht mehr die Rede. In einem Memo zwischen den SPD-Ministerien Justiz und Finanzen sah die Financial Times Anzeichen dafür, dass man eigentlich gar nichts machen wolle aber etwas in der Öffentlichkeit tun müsse. Das wurde dann dementiert und selbst Regierungsbeamte wußten nicht Bescheid.

Im Hintergrund zeigt sich ein deutliches Rascheln der Sparkassen. Sie sehen in den Kreditverkäufen einen Notanker, um die Schieflagen einzelner Institute im letzten Augenblick abzufedern. 160 Mrd. € sollen noch aus den Büchern aller Banken weg.

Dass das der falsche Weg ist zeigt die USA. Hier wird jetzt die Kreditvergabe mit Rahmenvorschriften gebändigt. Der faire Kredit ist gefragt und nicht die Entsorgung von Wucherkrediten. In Deutschland ist man noch nicht so weit. Die Schrottimmobilien sind erst der Anfang. Die Blase der durch wucherische Restschuldversicherungen, Kettenumschuldungen, Kombifinanzierungen und Leerverkäufe von Krediten angefüllten unappetitlichen Kredite platzt erst später.

Jetzt kam dieser gefährliche Regierungsentwurf heraus, der nun weiter abgeschliffen das Hornberger Schießen imitiert. Allem Expertenrat zum Trotz (den Experten hatte man lieber einen vollkommen irrelevanten verbraucherfreundlichen Entwurf zur Begutachtung vorgelegt) wird der neue Entwurf keines der aktuellen Probleme der Wohneigentümer auch nur annähernd lösen oder gar helfen, die versteckten faulen Kredite in den Bilanzen zu verringern.


Ein Interview der Justizministerin macht zudem deutlich, dass sie die Probleme, die Thomas Öchsner in der Süddeutschen Zeitung v. 19.6.2008 treffend beschreibt, weiterhin abstreitet und ignoriert.

ZYPRIES "LÖST" DIE PROBLEMWAHRNEHMUNG STATT DER PROBLEME

Die SPD-Ministerin hatte bereits bei Beginn der Kreditverkaufskrise Probleme abgestritten. Es hat sich nichts geändert.

Gleichwohl soll ein Gesetzesentwurf eingebracht werden, der Kündigungsschutz auch im Hypothekenkredit vergleichbar dem Ratenkredit einführt. Das ist längst überfällig, weil ein Hypothekenkredit auch ein Ratenkredit ist und lediglich der Rechtsausschuss des Hypothekenbankenverbandes eine der erfolgreichsten Lobbyistenorganisationen der vergangenen zwanzig Jahre war. Nur, auch bisher wurde kein Kunde ohne Grund gekündigt.

KÜNDIGUNGSSCHUTZ AUCH BEI VERFALLENDEN HAUSPREISEN?

Wenn die Ministerin nun ankündigt, man könne nur kündigen, wenn ca. 6 Monate Rückstand (2,5% der Restschuld) besteht, dann ist das der richtige Weg, passt aber nicht zu der Aussage, es gäbe dort gar keine Probleme. Ihre Ankündigung dürfte aber zudem unrichtig sein und nur der Beschwichtigung dienen. Das große Problem der amerikanischen (englischen, spanischen) Hausbesitzer (und der tausenden von Schrottimmobilienbesitzern bei uns) war der Verfall der Grundstückspreise, wodurch die Grundsicherheiten den Kredit nicht mehr voll absichern. In diesen Fällen behalten die Banken sich das Recht vor, weitere Sicherheiten zu verlangen. Bekommen sie diese nicht, kündigen sie. Daran soll sich aber offensichtlich nichts ändern. Mehr Sicherheiten haben aber die meisten Hausbesitzer nicht. Also kündigt die Bank wegen Vermögensverfall. Bleibt das allgemeine Kündigungsrecht erhalten, dann geht der Vorschlag an den Problemen vorbei.

WEITERER NEBEL: KREDITVERKÄUFE: FORDERUNGSABTRETUNG ODER KUNDENVERKAUF?

Die Ministerien wirft u.E. bewußt wieder zwei Dinge durcheinander und verschleiert das eigentliche Problem: den Forderungsverkauf zur Refinanzierung und zum Inkasso, und den Kundenverkauf, wo die Bank sich ihren Pflichten für die Zukunft entzieht.

Es gehört zu den Grundpfeilern unserer Rechtsordnung, dass man seine Pflichten aus einem Vertrag nicht einfach an Dritte übertragen kann. Das gilt auch für Banken. Während dies in dem ominösen "Arbeitspapier" der Regierung, das beim Hearing im Rechtsausschuss vorlag, noch klar war, deutet das Interview an, dass Frau Zypries hier zusammen mit dem Senatspräsidenten am Bundesgerichtshof Nobbe, seinem Vorgänger sowie dem Rechtsausschuss des Hypothekenverbandes dieses Prinzip dadurch abschaffen will, dass sie es gar nicht erst zur Kenntnis nimmt.

NACHHALTIGER VERNÜNFTIGER SCHUTZ DES KREDITMARKTES ERFORDERLICH

Das iff hat mit dem auf dieser Seite wiedergegebenen Gesetzesvorschlag einen Weg aufgezeigt, wie die sinnvolle Forderungsabtretung und der rechtswidrige Darlehensvertragsverkauf ("Kundenverkauf") voneinander getrennt werden und ein wirksamer Kündigungsschutz verhindert, dass der Anteil notleidender Kredite in Deutschland von den bisher geschätzten 160 Mrd. € in den Büchern weiter steigt und unser Kreditsystem bedroht. Knops und Derleder haben einen "Bremer Entwurf" vorgelegt. Die FDP hat eine Eindämmung verlangt. Der Bundesratsentwurf liegt auf dem Tisch.

SACHVERSTÄNDIGENRAT UND EU-KOMMISSION ZIEHEN EIGENE KONSEQUENZEN: DIE PRIVATISIERUNG DER SPARKASSEN

Während die Sparkassen eine Verschlechterung der Kreditqualität in Kauf nehmen und im Kreditverkauf die Lösung sehen, wird ihnen bereits an anderer Stelle der Prozess gemacht.

Sachverständigenrat und EU-Kommission mit freundlicher Entgegennahme durch die Bundeskanzlerin schlagen vor, aus der Kreditkrise der zwangsgeräumten amerikanischen Hausbesitzer und der bedrohten deutschen Überschuldeten die Privatisierung der Sparkassen abzuleiten.

Die Landesbanken sollen an die Privatbanken gehen (so wie die Postbank) und die Sparkassen in AGs mit einer Stiftung verwandelt werden. Das war schon der Traum der EU-Generaldirektionen Markt und Wettbewerb, auf deren Kommissare seit Jahren das neo-liberale Bermudadreieck der Bankpolitik in England, Irland und Holland abonniert sind, während die anderen die "EU-Sozialhilfe" organisieren, was offensichtlich auch Angela Merkel mit ihrer Kritik am angelsächsischen Finanzmodell in der Politik zur Kenntnis genommen hat.

Dafür wird zunächst die Kreditkrise in eine Investorenkrise umdefiniert: Nicht die Existenz fauler und wucherischer ("subprime") Kredite sowie notleidender Kreditnehmer sondern die angebliche Dummheit derjenigen, die diese Risiken ankauften, ist ihr Problem.

PRIVATISIERUNG FÜHRTE ZUR DUMMHEIT DER LANDESBANKEN

Doch waren die Landesbanken wirklich nur dumm? Es war doch gerade der Erfolg aus Brüssel und aus dem Sachverständigenrat, dass die Landesbanken die Staatsgarantie verloren und damit teilprivatisiert wurden. Sie haben sich dann nachweislich vor dem Tag X mit Krediten vollgepumpt, um noch ihr altes AAA Rating zu nutzen, bevor die amerikanischen Ratingagenturen zuschlugen. Mit diesem Geldüberschuss wußten sie dann nicht wohin und so floß er ins Traumland der Renditen.

Hinzu kommt, dass Insider munkeln, dass die Privatbanken bewußt diese Zwangslage der Landesbanken ausgenutzt haben und ihre eigenen faulen Anlagen dort parkten oder als Vermittler des Amerikageschäftes die Landesbanken "berieten". Es ist daher nicht die öffentliche oder private Form sondern die ungebremste Geldgier, die das Problem ist. Gleichwohl gehören die Landesbanken, allen voran die WestLB, aus der Politik herausgelöst. Ihre Aufgabe als Großhandel für die Sparkassen darf aber nicht darunter leiden. Ebensowenig ihre Bedeutung für die Landespolitik. Das lässt sich aber auch mit einem Stiftungsmodell schaffen.

Wer wissen will, was bei Privatisierung der Landesbanken passiert, muss sich doch nur die Berliner Bankenkrise anschauen. Da haftet ein bankrottes Land für 30 Mrd. €, gerade weil die von ihr privatisierte Sparkasse und Landesbank erst Recht außer Kontrolle geriet. Diese Krise ist bis heute nicht aufgearbeitet. (Unsere Analysen hierzu stehen auf dem Web und auch unsere damaligen Vorschläge eines sauberen Konkurses)

Warum die Sparkassen privatisiert werden sollen (und nichts weniger fordert der Sachverständigenrat), die in der Hypothekenkrise ja noch die beste Figur machen neben Badenia (die gerade zu Schadensersatz verurteilt wurde) oder HypoVereinsbank, ist vollkommen unerklärlich.

Das Stiftungsmodell ist zudem eine weitere Vernebelung der Privatisierung. Es suggeriert, dass der Gemeinnutz erhalten bleibt. Das ist aber falsch. Die Sparkassen würden voll privatnützig, nur die Träger-Stiftungen behielten ein Feigenblatt.

Man braucht nur nach Italien zu gehen, woher das Modell kommt. Dort wurde auf diese Weise der Sparkassensektor privatisiert. Ganze zwei Jahre wurde mit dem Stiftungsgeld noch etwas Gemeinnütziges gemacht. Inzwischen haben die Sparkassen dort außer dem Namen alles verloren, was sie für die Regionen und die Kommunalpolitik wert waren. Die Stiftungen sind reine Marketingorganisationen von Cariplo etc.

Wir brauchen Finanzinstitute, die eng an die Kommunalpolitik angegliedert sind. Die Holländer haben mit ihren Volkskredietbanken dies erhalten, die Italiener fördern jetzt statt der Sparkassen ihre Genossenschaftsbanken. Bei den Franzosen wurde der soziale Kredit ins Bankgesetz geschrieben und die Kommunen entwickeln sich selber zu kleinen Banken.

Nur muss die Öffentlichkeit wahrscheinlich diesen Kampf auch gegen die Sparkassenfunktionäre führen. Die sind bis heute nicht in der Lage, die eigentlichen Leistungen der Sparkassen vor Ort adäquat darzustellen. Sie pochen auf Besitzständen und auf ihren guten Beziehungen zur Politik. Gerade das ist aber ihr Problem. Geld und Politik verhalten sich wie Skalpell und Chirurg. Wo das Skalpell die Diagnose stellt, um schneiden zu dürfen ist es ebenso schlimm wie dort, wo die Chirurgen mit dem Skalpell versuchen ihre Brötchen zu schmieren.

ID: 41392
Autor(en): UR
Erscheinungsdatum: 27.06.08
   
URL(s):

Thomas Öchsner in der Süddeutschen Zeitung zu den Problemen
 

Erzeugt: 18.06.08. Letzte Änderung: 09.07.08.
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