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Renten Selbständiger kein Arbeitseinkommen und damit nicht vor Pfändung geschützt - VBV kritisiert unsichere Altersvorsorge
BESCHLUSS DES BGH

Bereits im Beschluß vom 07.04.2005 (IX 138/04) erklärt der BGH Vorsorgeverträge mit Zusagen für eine betriebliche Altersversorgung an Geschäftsführer für pfändbar, und gestattet deren Einziehung ausdrücklich auch bei wirksamer Verpfändung und Unverfallbarkeit. Am 15.11.2007 hat nun der IX Zivilsenat des Bundesgerichtshofs beschlossen, dass private Versicherungs- und Vorsorgerenten Selbständiger keinen Pfändungsschutz genießen. (IX ZB 99/05).

Zur Pfändung frei gegeben sind somit Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherungen ebenso wie die gesamte private Altersvorsorge einschließlich der sogenannten „Rürup-Rente“. Letztere wurde bekanntlich mit dem Prädikat „pfändungssicher“ verkauft.

BEGRÜNDUNG DES BGH

1. Selbständige beziehen kein Arbeitseinkommen
Der BGH argumentiert, dass „nur auf Versicherungsverträgen beruhende Rentenbezüge von Beamten und Arbeitnehmern durch § 850 Abs. 3 lit b ZPO dem unter einschränkenden Voraussetzungen pfändbaren Arbeitseinkommen gleichgestellt sind. Es sei „rechtssystematisch gerechtfertigt, als Arbeitseinkommen im engeren Sinn nur die Einkünfte von Beamten und Angestellten zu bezeichnen.“

Mit Einfügung des § 851c durch das „Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge“ in die ZPO habe der Gesetzgeber selbst zum Ausdruck gebracht, dass Altersrenten von Selbständigen kein Arbeitseinkommen sind und darum nach § 850 Abs. 3 lit b ZPO keinen Pfändungsschutz genießen. Die Ungleichbehandlung von Selbständigen sei im übrigen verfassungsgemäß. Als Rechtfertigung dieser These wird ausgeführt:

"2. SEBSTÄNDIGE SIND IM GERINGEREM MASSE SCHUTZBEDÜRFTIG"

„Einmal erscheinen Selbständige auch heute noch in geringerem Maße schutzbedürftig, weil die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit regelmäßig verknüpften höheren Erwerbschancen auch eine weitergehende vollstreckungsrechtliche Inanspruchnahme nahe legen. Zum anderen steht es Selbständigen frei (§ 7 SGB VI)durch Eintritt in die gesetzliche Rentenversicherung mit Pfändungsschutz ausgestatte (§ 54 Abs. 4 SGB I, §§ 850 ff ZPO) Versorgungsbezüge (vgl. BGH, Beschl. v. 25. August 2004 – IXa ZB 271/03, NJW 2004, 3771) zu erwerben. Der Gesetzgeber ist darum nicht gehalten jede zulässige eigenverantwortliche Gestaltung der Altersvorsorge vollstreckungsrechtlich gleich zu behandeln.“

3. KRITIK

Die Ungleichbehandlung von Selbständigen wird mit deren höheren Erwerbschancen begründet. Wessen Erwerbschancen dienen denn hier als Maßstab? Vielleicht die von Bundesrichtern? Nach der Besoldungsgruppe R 6 wird deren Tätigkeit bei einem Verheirateten ohne Kinder regelmäßig einschließlich Zulagen für Weihnachts- und Urlaubsgeld mit 107.352 € p.a. besoldet. Hinzu kommen Zuschläge. Von dieser Erwerbsrealität der Bundesrichter sind trotz von diesen gemutmaßter „höherer Erwerbschancen“ die Einkünfte vieler Selbständiger weit entfernt. Die tatsächlichen Existenzbedingungen von Selbständigen waren für die Begründung des BGH offensichtlich nicht relevant. Das Pfändungsschutzgesetz hat Lücken und Tücken. Dessen Intention geht dem BGH gleichwohl zu weit. So könne „... die Überlegung, dass Selbständigen aufgrund einer gehobenen sozialen Stellung eine höhere Verantwortlichkeit und Mündigkeit zukomme, für sich genommen nicht mehr allein geeignet sein die unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen.“ Im Klartext: eine neue Rechtfertigung der Ungleichbehandlung muß her: Die „höheren Erwerbschancen“.

FORDERUNG AN DIE POLITIK

Die Argumentation des BGH erscheint ebenso durchsichtig wie gesellschaftspolitisch skandalös. Das „Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge“ beseitigt die Ungleichbehandlung nicht und lässt Raum für vielgestaltige Missinterpretationen. Gut gemeint ist auch hier leider nicht gut gemacht. Die Intentionen des Gesetzgebungsvorhabens wurden mit dem Gesetzestext nicht umgesetzt.

Die VBV fordert hierzu:

1. Beseitigung der Ungleichbehandlung von Vorsorgeaufwendungen und Versorgungsleistungen beim Pfändungsschutz.

2. Schutz der Altersvorsorge Selbständiger vor dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger ohne Vorbedingungen wie bei Renten und Pensionen, d. h. Änderung des § 851c ZPO.

3. Befassung mit den realen Existenzbedingungen Selbständiger - Beseitigung
diskriminierender Vorstellungen.

Es ist höchste Zeit zum Handeln. Deshalb: Fragen Sie hierzu auch Ihre Abgeordneten und Minister z.B. über www.abgeordnetenwatch.de.
(Wolfram Müller Dipl Volkswirt Wolfram Müller Stellv. Vorsitzender Vereinigung beratender Betriebs und volkswirte e.V.)

ID: 41386
Erscheinungsdatum: 13.06.08
   
 

Erzeugt: 13.06.08. Letzte Änderung: 16.06.08.
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