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Thesenpapier Prof. Dr. Udo Reifner, Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff): Verkauf von Krediten (Plenum 3)
1 GRUNDSÄTZLICHES

Die aktuellen Probleme der Kreditverkäufe beruhen darauf, dass die Hypothekenkredite notleidender Verbraucher und Kleinunternehmer an Dritte mit hohen Abschlägen (bis zu 70 %) weitergegeben werden, die dann rigoros durch Zwangsversteigerung der Grundstücke möglichst bis zu 100 % und zwar möglichst schnell und außerhalb der gerichtlichen Kontrolle von den Kreditnehmern einzutreiben versuchen.

Dabei werden gekündigte und noch nicht gekündigte Kredite zusammen an unqualifizierte Dritte verkauft. Diese Abgabe von Verantwortung muss eingeschränkt werden, ohne dabei die Refinanzierungsmöglichkeiten einzuschränken.

1.1 DREI FORDERUNGEN

1. Kredite sollten möglichst spät oder gar nicht gekündigt werden. Erhalt geht vor Zerschlagung.

– Das deutsche Recht gibt hierzu bisher den Banken keinen Anreiz. Wir brauchen für Wohneigentumsbesitzer und Kleinunternehmer daher einen Kündigungsschutz im Hypthekenkredit, der sich dem Schutz der Wohnungsmieter und Arbeitnehmer annähert.
– Dieser Schutz muss ein Schutz „vor der Kündigung“ sowie ein Schutz in der Zwangsvollstreckung gegen die Zwangsräumung sein.

2. Kreditgeber, die Kredite beworben und akquiriert haben, sollten auch in der Krise verantwortlich bleiben, damit sie ein Interesse haben, notleidenden Kredite gar nicht erst zu produzieren.

– „Wo Du Deinen Glauben gelassen hast, dort sollst Du ihn auch finden.“ Diese alte Rechtsweisheit muss auch im Verhältnis Bank–Kunde gelten. Der Kunde hat ein Recht darauf, seine Bank weiterhin verantwortlich zu machen. Er darf nicht an texanische Geierfonds verwiesen werden.

– Es muss zweifelsfrei sein, dass eine Bank ihre Pflichten gegenüber dem Kunden nicht dadurch aufgeben kann, dass sie diese an Dritte überträgt. Dies ist eindeutig schon jetzt im Gesetz so geregelt (§ 415 BGB, Art. 14 GG) und diese Rechte müssen in der Praxis durchgesetzt werdern.

3. Während bestehender Verträge oder (gekündigter) Forderungsbeziehungen muss es aber möglich bleiben, durch Verbriefung und Forderungsverkauf kollektiv zu refinanzieren, rationell zu wirtschaften und Kreditvergabe staatlich zu steuern. (MBS/ABS)

– Die KfW (aber evtl. auch andere Förderbanken) müssen (ähnlich Fannie Mae und Freddy Mac in den USA) als staatliches Lenkungsinstrument wirksam eingesetzt werden können, um die Kreditvergabe in Problemgebieten und an Problemgruppen durch vorher angekündigten Forderungsaufkauf zu interessanten Preisen und durch Übernahme des Risikos zu steuern. (Investitions- und Kreditlenkung z. B. in den NBL) So etwas wird in der Zukunft ein wichtiges Mittel der kollektiven Sozialpolitik sein müssen, wo die direkten Subventionen entfallen.
– Arbeitsteilung und Rationalisierung muss möglich bleiben. Insbesondere müssen gekündigte Kredite abtretbar bleiben an Inkassoeinrichtungen oder sog. „Bad-Banks“. Mit Spezialisten hat auch der Staat die Möglichkeit, kompetent und konzentriert ein Inkasso durchzusetzen, bei dem möglichst eine Rückführung in ein Kreditverhältnis möglich bleibt. Die holländischen kommunalen Volkskredietbanken, die Überschuldete „abkaufen“, sind ein sehr positives Beispiel. Außerdem ist es sinnvoll, dass spezialisierte Institute ohne Einlagengeschäft Kredite vergeben und verwalten, wobei sie sich das Geld im Voraus durch Forderungsverkauf auf dem Markt holen.

1.2 DREI GEFAHREN

1. Es darf nicht von unverantwortlicher Kreditvergabe abgelenkt werden. Das Kreditrecht muss dem Arbeits- und Mietrecht angepasst werden, weil im Kredit die Menschen ihr zukünftiges Einkommen verfügbar machen.

– Immer mehr gefährliche und tendenziell „notleidende Kredite“ werden in Kauf genommen, weil Banken den Wucher verstecken, die Risiken hinterher leicht an Dritte übertragen können und zu viel Freiheit genießen. Die neue Konsumentenkreditrichtlinie ist ein extrem abschreckendes Beispiel einer neo-liberalen Regulierung, die die Probleme extrem verschärfen dürfte.

2. Mit Schnellschüssen dürfen aber die Möglichkeiten des Staates, in Zukunft im Kreditmarkt aktiv tätig zu sein, nicht unmöglich gemacht werden.

3. Uneinbringliche Kredite dürfen nicht durch einen unsinnigen Schutz künstlich aufrechterhalten bleiben. Dies verzerrt den Kreditmarkt. Nicht jeder Wohneigentümer kann sein Haus behalten. Sonst wird die Kreditvergabe praktisch erdrosselt.


2 REGELUNGSVORSCHLÄGE

2.1 GRUNDSÄTZE

– Die Vorschriften über Darlehen, Immobiliardarlehen, Verbraucherdarlehen sind im BGB durch die Schuldrechtsreform durcheinander geraten und selbst für Juristen unentwirrbar. Sie sollten klar geordnet werden.
– Der bestehende Kündigungsschutz für Verbraucherratenkredite muss auf die Kredite an Hausbesitzer für Wohn- und Existenzzwecke ausgedehnt werden. Die Wohnung muss auch dann geschützt werden, wenn sie dem Bewohner gehört.
– Der Vollstreckungsschutz bei Grundschulden muss in die Hände der Gerichte zurückverlagert werden. Die gegen den Willen der Verbraucher erfolgende Übertragung von Pflichten oder persönliches Vertrauen erfordernde Vorzugsrechte muss effektiv unterbunden werden.

2.2 DEFINITIONEN DER KREDITFORMEN

2.2.1 In § 488 BGB wird der folgende Absatz 4 eingefügt:

„(4) Im Sinne der nachfolgenden Vorschriften des dritten Titels sind

1. Verbraucherdarlehensverträge entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer.

2. Immobiliardarlehensverträge Verbraucherdarlehensverträge, bei denen die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wird und zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehen und deren Zwischenfinanzierung üblich sind; der Sicherung durch ein Grundpfandrecht steht es gleich, wenn von einer Sicherung gemäß § 7 Abs. 3 bis 5 des Gesetzes über Bausparkasen abgesehen wird.

3. Teilzahlungsgeschäfte Verträge, die die Lieferung einer bestimmten Sache oder die Erbringung einer bestimmten anderen Leistung gegen Teilzahlungen zum Gegenstand haben.

4. Höchstbetragsdarlehen Verbraucherdarlehensverträge, bei denen die Inanspruchnahme bis zu einer Höchtsgrenze freigestellt ist.

5. Überziehungskredite Verbraucherdarlehen, bei denen ein Kreditinstitut einem Darlehensnehmer das Recht einräumt, sein laufendes Konto in bestimmter Höhe zu überziehen, wenn außer den Zinsen für das in Anspruch genommene Darlehen keine weiteren Kosten in Rechnung gestellt werden und die Zinsen nicht in kürzeren Perioden als drei Monaten belastet werden.

6. Teilzahlungsdarlehensverträge Verbraucherdarlehensverträge, die in Teilzahlungen zurückzuzahlen sind mit Ausnahme von Immobiliardarlehensverträgen.“

2.2.2 Daraus ergeben sich die folgenden Vereinfachungen:

1. § 491 Abs. 1 entfällt. Die § 491 Abs. 2 und 3 werden jeweils zu Abs. 1 bzw. 2.
2. § 492a Abs. 1a entfällt.
3. Bei § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 am Ende wird der Satz eingefügt: „außer bei Immobiliar- und Höchstbetragsdarlehensverträgen“
4. In § 499 Abs. 2 werden die Worte „die Erbringung einer bestimmten anderen Leistung zum Gegenstand haben“ gestrichen und die Klammern entfernt.
5. § 493 Abs. 1 S. 1 entfällt. S. 2 wird zu S. 1 wobei die Worte „Das Kredit institut hat“ durch die Worte ersetzt: „Bei Überziehungskrediten tritt an die Stelle des § 492 BGB die Pflicht,“.
6. Siehe unten zu § 490 bzw. § 498 BGB
Begründung: Die bisher kaum auffindbaren Definitionen an verschiedenen Stellen mit Querverweisen sollten für die Bürger i. S. eines Allgemeinen Teils übersichtlich und verständlich geregelt werden. Auch das gehört zum Verbraucherschutz. Diese Veränderungen schaffen kein neues Recht sondern machen es nur transparenter. In Zukunft können weitere Definitionen hier ihren Platz haben. Der Begriff Teilzahlungsdarlehensvertrag ist notwendig und wird in der Praxis verstanden, weil er die klassischen Ratenkredite umfasst. Der Begriff Höchstbetragsdarlehensvertrag erklärt sich selber.

2.3 SCHUTZ DES MITTELSTANDES

– In § 507 wird die Überschrift um die Worte „und Mittelstand“ erweitert.
– In § 507 werden die Worte angefügt:
– „Die §§ 489 und 490 BGB gelten auch für Immobiliardarlehensverträge, die ein Unternehmer im Rahmen seiner gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit auf ein Grundstück aufgenommen hat, das von ihm oder seinen Familienangehörigen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, wenn der Nettodarlehensbetrag oder Barzahlungspreis den Betrag von 500.000 € nicht übersteigt.“
Begründung: Von den Kreditverkäufen sowie Zwangsräumungen sind in hohem Maße Mittelständler betroffen, deren Kredite gewerblicher Natur sind und die daher bisher nur in dem engen Rahmen des § 507 BGB bei Existenzgründerkrediten unter 50.000 € geschützt werden. Gleichwohl treffen sie dieselben Probleme wie die Verbraucher, weil die Sicherung ihr wichtigstes Konsumgut umfasst, die eigene Wohnung. In Bezug auf Kündigungsschutz und Kündigungsrechte sind sie daher genauso schutzwürdig wie ein Verbraucherdarlehensnehmer. Die Begrenzung auf 500.000 € vermeidet, dass hiermit Missbrauch getrieben wird.

2.4 KÜNDIGUNGSSCHUTZ BEI VERBRAUCHERDARLEHEN

2.4.1 Ordnung nach Darlehensnehmer und Darlehensgeber–Kündigungsschutzes für alle Verbraucherdarlehen

1. In der Überschrift zu § 489 wird das Wort „ordentliches“ gestrichen.
§ 489 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 erhält die Fassung:

„2. Bei Verbraucherdarlehen nach Ablauf von sechs Monaten nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten. Bei Immobiliardarlehensverträgen gilt dies jedoch nur, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten, insbesondere der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber hier denjenigen Schaden zu ersetzen, der dem Kreditgeber aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).“

2. § 490 BGB in der jetzigen Fassung entfällt und wird durch § 498 BGB mit folgender Maßgabe ersetzt:

Die Überschrift lautet. „Kündigung durch den Kreditgeber“, Abs. 2 wird durch folgende Fassung ersetzt:

„(2) Ist bei einem Verbraucherdarlehensvertrag für einen bestimmten Zeitraum von mehr als einem Jahr ein fester Zinssatz oder eine Laufzeit fest vereinbart, ohne dass zu diesem Zeitpunkt der Kredit getilgt ist, so kann sich der Kreditnehmer auf die Beendigung erst drei Monate nachdem er dem Kreditnehmer entsprechend den vertraglichen Bestimmungen mitgeteilt hat, zu welchen Konditionen der Kredit bzw. nicht fortgesetzt wird, berufen.“

Begründung: Die Aufspaltung nach ordentlicher und außerordentlicher Kündigung ist für die Verbraucher verwirrend, weil letztlich beide das Kreditverhältnis beenden. Wichtiger ist es, Kündigungsschutz und Kündigungsrecht des Kreditnehmers deutlich zu trennen. Dabei sollte der Kreditnehmer drei Rechte haben: Kündigungsrecht nur bei Ratenverzug nach Gesprächsangebot, Pflicht des Kreditgebers rechtzeitig auf Beendigung hinzuweisen bzw. soweit sich dies aus der Natur des Vertrages oder seinem Wortlaut ableitet, ein Verlängerungsangebot zu machen. Die Pflicht braucht eine klare Sanktion, d.h. der Kredit läuft ohne Belehrung weiter.

2.5 KREDITVERKÄUFE UND VOLLSTRECKUNGSSCHUTZ

1. In § 491 wird folgender Absatz (3 nach neuer Zählung) eingefügt:

„(3) Ist es dem Kreditgeber auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften oder durch Einwilligung des Verbrauchers gestattet, den Verbraucherdarlehensvertrag an Dritte zu übertragen, so hat der Kreditgeber rechtzeitig vor Übergang der Rechte und Pflichten den Verbraucher darauf sowie ein Recht zur Kündigung wegen des Rechtsübergangs hinzuweisen. Wird die Forderung aus einem Verbraucherdarlehensvertrag übertragen, so bedarf die Übertragung etwaiger Vorzugsrechte i.S. des § 401 Abs. 2 BGB bzw. § 794 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO ebenso wie des Rechts zur fristlosen Kündigung in der jeweils vorgeschriebenen Form der ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers.“

Alternativ in § 794 ZPO zu Satz 2: hinter „den Bestand eines Mietverhältnisses oder Wohnraum“ die Worte einfügen: „oder selbstgenutzten Wohnraum“.

Begründung: Es kommt wesentlich darauf an, dass das Vertrauensverhältnis, dass zur Einräumung von Vorzugsrechten wie den in § 794 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO (gerichtsfreie Verwertung) geführt hat, auch nach Abtretung seine Wirkungen zeigt. Deshalb kann der Erwerber dieses Recht nur geltend machen, wenn der Verbraucher dem bei Abtretung in eben derselben notariellen Form zugestimmt hat. Wird schon der Mieter in § 794 ZPO vor solcher gerichtsfreien Räumung geschützt, so muss dies genauso für denjenigen gelten, der als Eigentümer in der Wohnung wohnt. Grundsätzlich sind dabei alle Verbraucher gleich schützwürdig, ob fremdgenutzt oder selbst genutzt. Auf jeden Fall aber sind selbstnutzende Eigentümer den Mietern über Wohnraum gleich zu stellen.

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Thesenpapier – 3. Nationale Finanzdienstleistungs-Konferenz
6.–7. Juni 2008 in Hamburg

ID: 41364
Autor(en): Prof. Dr. Udo Reifner, Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff)
Erscheinungsdatum: 04.06.08
   
 

Erzeugt: 05.06.08. Letzte Änderung: 05.06.08.
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