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Thesenpapier Prof. Heinrich Bockholt (Vorsitzender des Bundesverbandes Finanz-Planer e.V. Mainz): Ausbildung im Finanzdienstleistungssektor: Retail Finance Banker, Schuldnerberater und Fachanwalt (Workshop S2)
Neben der klassischen Bankausbildung und anschließendem IHK-Bankfachwirt wurden 1996/97 der IHK-Fachberater für Finanzdienstleistungen und der IHK-Fachwirt für Finanzberatung geschaffen. Zur gleichen Zeit entstanden weitere Ausbildungsgänge wie Finanzfachwirt (FH( und Betriebswirt bAV (FH), der Immobilienökonom (ebs) und Finanzökonom (ebs). In den letzten Jahren oder in der aktuellen Entwicklung sind die neuen Abschlüsse Bachelor in Finance und Master in Finance.

Die offiziellen Angebote sind recht vollständig und umfangreich. Sie werden ergänzt durch interne Fortbildungsmaßnahmen der Finanzinstitute.

Ein Grundproblem wird meines Erachtens zu wenig ganzheitlich angefasst:

Jeder Kapitalanleger und jeder Kreditnehmer unterschreibt Verträge.

Diese Verträge haben naturgemäß ihren juristischen Hintergrund, der oft genug nur schwer nachzuvollziehen ist. Entscheidend für den Kunden sind aber die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen, die juristisch abgesichert dokumentiert aber praktikabel kaum begriffen werden. Ob dann auch noch falsch gerechnet wird, was leider oft genug der Fall ist, wird nur selten bemerkt. Der BVI hatte Hochrechnungen zu Investitionen in Aktieninvestmentfonds vor und nach dem 1.1.2009 unter den Aspekten der Abgeltungsteuer publiziert, die beide steuerrechtlich und damit betriebswirtschaftlich und juristisch falsch waren. Die FAZ druckte das auch noch ab und keiner regte sich auf.

So lange der Gesetzgeber komplizierte Gesetze wie Wohnriester, VVG, MiFID, VVR usw. begleitet von der Rechtssprechung erlässt, wird die finanzwirtschaftliche Ausbildung sich zwangsläufig darauf konzentrieren müssen, die Fachleute auf der Seite des Produktgebers so zu schulen, dass keine Fehler in der Beratung und im Abschluss entstehen.

Ferner hat der Gesetzgeber durch die MiFID die unabhängige Finanzplanung und Finanzberatung faktisch unmöglich gemacht, die neue Abgeltungsteuer verbietet die Absetzbarkeit einer Finanzplanung und Finanzberatung gegen Honorar als Werbungskosten. Das ist bei der Honorarberatung von Krediten im Retail Banking schon immer der Fall.

Die jüngste iff-Mitteilung zu Santander-Krediten bestätigt leider, dass eigentlich eine zielgerechte Honorarberatung auch ohne Steuervorteile auch bei Krediten sinnvoll wäre.

Die Zielorientierung der Produktgeber sind zwangsläufig Produktberatung und provisionsorienter Umsatz. Dabei kommt der ganzheitliche Ansatz einer umfassenden Finanzplanung sehr schnell zu kurz mit den Fragen:

1. Wie sieht die Finanzsituation des Kunden aus?
2. Kann sich der Kunde den Kredit überhaupt leisten, ist dieser korrekt dargestellt?
3. Ist die Kapitalanlage sinnvoll, entspricht sie dem tatsächlichen Wünschen des Kunden?
4. Wie sähe das Finanzkonzept des Kunden nach Abschluss der Verträge aus?

Da in Deutschland keine Kultur besteht, eine unabhängige Finanzanalyse, eine Finanzplanung und Finanzberatung zu honorieren, werden die Anstrengungen in der Ausbildung zum Teil unterlaufen, weil es sich anscheinend nicht rechnet, Beratungszeit in den Kunden zu investieren.

Wenn ein potenzieller Bauherr sich bei der Sparkasse Koblenz gut, umfangreich aber kostenlos in Sachen Baufinanzierung beraten lässt und anschließend bei der kostengünstigeren aber nicht beratenden Sparda Bank abschließt, sinkt automatisch die Begeisterung der Sparkasse Koblenz für eine gute Baufinanzberatung.

Die Ausbildung in Sachen Finanzdienstleistungen generell ist so gut in Deutschland, dass dem Gesetz genüge getan wird aber nicht dem ratsuchenden Kunden.

Was der braucht, ist allen bekannt.

Angesichts der Gesetzgebung sehe ich hier keine Verbesserung der Lage.

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Thesenpapier – 3. Nationale Finanzdienstleistungs-Konferenz
6.–7. Juni 2008 in Hamburg

ID: 41351
Autor(en): Prof. Heinrich Bockholt (Vorsitzender des Bundesverbandes Finanz-Planer e.V. Mainz)
Erscheinungsdatum: 04.06.08
   
 

Erzeugt: 04.06.08. Letzte Änderung: 05.06.08.
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