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Thesenpapier Gunnar Lang (ZEW Mannheim, Forschungsbereich Int. Finanzmärkte und Finanzmanagement): Neue Altersvorsorge-Produkte (bspw. Reverse Mortgage) – Entwicklungen auf dem deutschen Markt und europäische Vorbilder (Workshop S3)
Reverse Mortgages sind Hypothekenkredite, die es selbst nutzenden Wohneigentümern ermöglichen, während der Vertragslaufzeit Eigentümer und Bewohner zu bleiben und dennoch aus ihrem Wohneigentum ein monatliches Einkommen zur Erhöhung der Liquidität im Alter zu erwirtschaften. Der Begriff „Umkehrhypothek“ leitet sich aus der Umkehrung des Zahlungsstroms eines klassischen Forward-Hypothekenkredites ab. Im Gegensatz dazu erhöht sich bei Reverse Mortgage mit der Vertragslaufzeit der ausstehende Kreditbestand, sämtliche Zins- und Tilgungsleistungen werden gestundet und erst zum Vertragsende ausschließlich aus dem Wert der Immobilie beglichen. Dieses „Home Equity Release“-Instrument „mobilisiert“ das in der Immobilie gebundene Kapital, ohne dass ein Wohnungswechsel notwendig wird. Der Wohneigentümer erhält üblicherweise durch die Auszahlung des Kredits eine Absicherung seiner ungewissen Lebensdauer. Bei Reverse Mortgage kommt es nur dann zum Eigentumsübergang vom Wohneigentümer auf den Kreditgeber, wenn der Wohneigentümer oder dessen Erben den Kredit zum Vertragsende (i.d.R. Tod oder Auszug) nicht zurückzahlen.

Trotz des hohen Anteils illiquiden Immobilienvermögens am Gesamtvermögen privater Haushalte in Deutschland gibt es hierzulande noch kein vergleichbares Angebot. Es zeigt sich, dass das demographische Bild in Deutschland vor allem durch eine steigende Lebenserwartung und sinkende Geburtenraten gekennzeichnet ist. Mit der Langlebigkeit erhöht sich die Unsicherheit über die erwartete Dauer der Rentenphase und die damit einhergehende finanzielle Versorgung. Immobilienbesitzer, die älter als 65 Jahre sind, haben im Durchschnitt etwa drei Viertel ihres Vermögens in ihrer Immobilie gebunden. Liegt das Monatseinkommen bei weniger als 1.000 Euro je Haushaltsmitglied, ist diese Quote noch höher: Dann sind mehr als 80 Prozent des Vermögens in der Immobilie gebunden. Mit zunehmendem Alter sinkt insbesondere in Deutschland die grundsätzliche Umzugsbereitschaft. Die steigende Bedeutung der privaten Altersvorsorge und die demographische Entwicklung mit weniger Nachkommen lassen vermuten, dass immer mehr (kinderlosen) Haushalte mit Immobilienvermögen (unabhängig von ihrer Einkommenssituation) ein Instrument zur Konsumglättung mit einem Vermögensverzehr im Alter nachfragen. Reverse Mortgages wurden bereits Anfang der 1980er Jahre in den USA angeboten, entwickeln sich aber erst langsam seit Mitte der 1990er Jahre und auf unterschiedliche Weise auf den internationalen Märkten. Mit der staatlichen Absicherung HECM (Home Equity Conversion Mortgage-Programm) und den teilstaatlichen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae ist der US-amerikanische Markt der größte für Reverse Mortgages. Die HECM Versicherung deckt angebots- und nachfrageseitige Risiken ab. Die Märkte in Kanada, Australien und Neuseeland weisen ebenfalls einen hohen Entwicklungsgrad auf. Auch in Europa lassen sich neben dem etablierten Equity Release-Markt im Vereinigten Königreich insbesondere in Spanien, Schweden, Finnland und Frankreich Marktbildungen beobachten. Es bleibt abzuwarten, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form es in Deutschland zu ersten Markttests kommt.


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Thesenpapier – 3. Nationale Finanzdienstleistungs-Konferenz
6.–7. Juni 2008 in Hamburg

ID: 41345
Autor(en): Gunnar Lang (ZEW Mannheim, Forschungsbereich Int. Finanzmärkte und Finanzmanagement)
Erscheinungsdatum: 04.06.08
   
 

Erzeugt: 04.06.08. Letzte Änderung: 04.06.08.
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