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Kredithandel - Bericht vom erweiterten Berichterstatter-Gespräch des Deutschen Bundestages zum Thema Risikobegrenzungsgesetz, insbesondere auch die Problematik der so genannten Forderungsverkäufe (BT-Drucks 16/7438 Anlage 1 + 2; 16/8548 (FDP); BR-Drucks. 152/08 (Bundesrat)) am 7. Mai 2008, 13.00 Uhr sowie Stellungnahme von Prof. Dr. Udo Reifner, institut für finanzdienstleistungen e.V.
Die vorliegende Stellungnahme ergänzt die Stellungnahmen im Bundestag zum Hearing vom 23.1.2008 sowie vom 19.9.2007 sowie den Aufsatz in BKR 2008, 142 ff und das Gutachten des iff für den Verbraucherzentrale Bundesverband. (alles abrufbar unter www.verantwortliche-kreditvergabe.net) Dort auch die Zehn Vorschläge zur Überwindung der Kreditkrise des iff, die hier im Anhang abgedruckt sind.)

1 GRUNDSÄTZLICHES

Alle Vorschläge erlauben implizit und versteckt unter Verstoß gegen geltendes Recht den zustimmungsfreien (bzw. standardisiert in AGB genehmigten (so FDP)) Verkauf ganzer Darlehensverträge und damit eine Schuldnerauswechselung. Daher ist die Kernfrage an den deutschen Bundestag: Soll die Kreditkrise und die Not der Verbraucher dazu missbraucht werden, unter dem Vorwand des Verbraucherschutzes weitere Verbraucherrechte des BGB (§415 BGB), die verfassungsmäßige Rechte (Art.2,14 GG) verbürgen, heimlich abzubauen? Der Koalitionsentwurf hat dies nun eindeutig beantwortet. Notleidende Kredite können nicht verkauft werden. Das Positions-papier der Linkspartei ist insoweit klar. Umgekehrt scheint die FDP in ihrem Entwurf weiter davon auszugehen, dass notleidende Kredit verkäuflich sind. Der BGH hat seine Meinung hierzu noch nicht revidiert. Der Bayerische Entwurf hält sich hier auch bedeckt, so dass die Kernfrage bisher allein von dem neuen Koalitionsentwurf zutreffend beurteilt wird.

2 REGELUNGSVORSCHLÄGE ZUM THEMA „KREDITHANDEL“ DER KOALITION

In meiner Stellungnahme zum Hearing am 23. Januar 2008 habe ich ausführlich die Vorschläge kritisiert, die bis dahin, von der Koalition vorgelegt wurden. Die Kritiok ist in den anliegenden Aufsatz zum Verkauf notleidender Kredite eingeflossen. (BKR 4/2008 S. 142 ff), in dem auch meine eigenen Vorschläge wiedergegeben sind. Der neue jetzt vorliegende Entwurf berücksichtigt die Kritik zu einem sehr großen Teil und kommt den hier geäußerten Vorschläge sehr nahe. Er ist insgesamt zu begrüßen. Da die Vorschläge von mir entsprechend begründet wurden, bedarf es hier nur einer Stellungnahme zum Ergebnis:

• Vorverträgliche Aufklärungspflicht: Diese Pflicht ist unnötig und irreführend, da eine Aufklärung über einen Vertragsverkauf, zu dem der Verbraucher ohnehin zustimmen muss, eher dieses Recht vernebelt und zu einem zustimmungsfreien Forderungsverkauf nicht sinnvoll ist, weil das Servicing ohnehin beim Originator bleibt.

• Kündigungsschutz: Dass §498 BGB zwingend ausgestaltet wird, ist sehr zu be-grüßen. Allerdings sollte die Systematik so wie unten bei der Kritik des bayerischen Entwurfs beschrieben, transparenter und stringenter eingehalten werden. Der Verbraucher muss in einem einzigen Paragraphen seine Kündigungsrechte und in einem einzigen anderen Paragraphen seinen Kündigungsschutz wiederfinden.

• Kreditinstitutseigenschaft (E-§1 Abs.1 S.2 Nr. 2 KWG): Beim Erwerber sollte Banküberwachung vorliegen.

• §309 Nr. 10 BGB (Wechsel des Vertragspartners): Die Rechtsprechung ist hier weiter. Die Erweiterung auf Darlehen ist nicht zielführend, wenn dabei der Eindruck entsteht, es könne eine Auswechselung des Vertragspartners stattfinden, wenn nur ein Kündigungsrecht gewährt werde. So etwas verstößt nach der Rechtsprechung bereits gegen §307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB, weil die Natur des Darlehens ein Vertrauensverhältnis enthält. Für Darlehen müssen daher die Ausnahmen in §309 Nr. 10 BGB unanwendbar sein.

• §1192a BGB Eine nette aber wenig wirksame Regelung, da Verbraucher nur mit einem klaren Schadensersatzanspruch gegen den Originator, der diesen Missbrauch befördert hat, etwas anfangen können. In dieser Beziehung aber haftet der Erwerber über §278 BGB bei der Pflichtverletzung des Originators. Dieser kann dann Rückgriff nehmen nach seinem Vertragsverhältnis mit dem Erwerber. Nur eine solche Verantwortung dort, wo man sein Vertrauen gelassen hat, ist präventiv wirksam.

• Zinsbindungsende: Die Regelung ist sehr zu begrüßen aber missverständlich. Sie sollte so ausgestaltet sein, dass die Kündigung erst drei Monate nach der Mit-teilung wirksam wird. Die Rechtsprechung war aber bereits weiter. Bei Kapitalle-bensversicherungskrediten und ähnlichen Konstruktionen hat sie aus der Natur des Vertrages eine Pflicht zur Vertragsverlängerung sowie zur Abgabe eines angemessenen Zinsangebotes abgeleitet. Soweit die Laufzeit länger ist als die Zinsbindung besteht diese Pflicht ohnehin. Daher muss der Entwurf klarstellen, dass er diese Rechte anerkennt und nicht beschneiden will.

3 ENTWURF DER FDP

Begrüßenswert ist es, dass die FDP ebenfalls eine Einschränkung der Kreditverkäufe vorschlägt. Der Entwurf macht alle Abtretungen zustimmungspflichtig, schafft aber gleichzeitig auch die Lücke, die das Ganze untauglich macht: die standardisierte Voraberlaubnis in AGBs. Darüber hinaus will die FDP die Figur der „notleidenden Verträge“ (indirekt, indem sie nur den gut bedienten Krediten diese Vorteile geben will) mit der Behauptung, es dadurch rechtsicherer zu machen, ins Zivilrecht einführen, was weitreichende Konsequenzen für Kredit-, Arbeits- und Mietrecht hat.

Im Bereich von Kündigungs- und Vollstreckungsschutz stimmt der FDP Entwurf mit dem alten Entwurf des Bundesrates bzw. der Koalition überrein.

4 BUNDESRATSENTWURF

Der Bundesratsentwurf geht grundsätzlich in die richtige Richtung und fasst das Problem an der Wurzel an. Das Problem der Kreditverkäufe ist kein Problem der Verkäufe sondern ein Problem der Produktion „notleidender Kredite“ und „mangelnden Kündigungsschutzes“.

Der Bundesrat fasst aber nur den zweiten Teil des Problems, den Kündigungs- und Vollstreckungsschutz, d.h. zu einem Zeitpunkt, in dem schon solche Kredite produziert wur-den. Gleichwohl dürfte dies auch präventiv wirken und den Appetit der Kreditgeber, zweifelhafte Kredite überhaupt erst zu vergeben, schmälern.

Besser wäre es, auch die Ursachen unverantwortlicher Kreditvergabe bei der Hausfinanzierung gesetzgeberisch anzugehen, ohne dabei den so genannten Schwellenhaushalten den Zugang zu Krediten für den Erwerb von Wohneigentum unmöglich zu machen.(z.B. irreführender Effektivzinssatz bei Kombikredi-ten; Zweckentfremdung für den Konsum, fiktive Beleihungswerte, risikoreiche und unsichere Vorschalt-, Zwischenfinanzierungs- und Kombinationsdarlehen, die am Ende in eine Zwangssituation münden; Verweigerung von Anschlussfinanzierungen; aufgezwungene variable Abschlüsse; Missbrauch der Grundschuld zur Durchsetzung zweifelhafter Forderungen bei Hausverkauf und Umfinanzierung, kartellartige Langzeitbindungen durch überhöhte Vorfälligkeitsentschädigungen)

Zuzustimmen ist der Idee des Vorschlags bzgl. des Kündigungsschutzes. Rechtstechnisch sollte dies aber noch einmal überdacht werden. Verbraucherschutz heißt auch gesetzge-berische Transparenz und Ordnung und keine doppelte und dreifache Regulierung. Dazu der Vorschlag

4.1 KÜNDIGUNGSSCHUTZ

• In §488 BGB sollten nach der allgemeinen Definition die besonderen Definitionen des § 491 Abs.1 (Verbraucherdarlehen) und §492 Abs. 1a S.2 (Immobiliardarlehensvertrag) (= §488a Abs.1 E-BRat) eingefügt werden. Das entspricht guter Gesetzgebung.

• Die Verpflichtung zur Abgabe eines Anschlussangebots (§488a Abs.2 E-BRat) gehört systematisch in die Kündigungsrechte der Verbraucher in §489 BGB z.B. als Abs.1 Ziff. 4. (der Abs. 4 ist wegen §489 Abs.4 dann überflüssig). Man sollte bei dieser Bereinigung auch das in §490 Abs.2 BGB versteckte Kündigungsrecht des Kreditnehmers in die Liste als Nr. 5 einordnen. Dann wüssten die Kreditnehmer, dass sie ihre Rechte in den §§490 f BGB finden. Das dient der Transparenz und der Vermeidung überflüssiger Regelverdoppelungen.

• §489a E-BRat ist zu begrüßen. Er gehört jedoch zusammen mit §498 BGB, der dies praktisch identisch bei Teilzahlungsdarlehen regelt, zu den Vorschriften über die außerordentliche Kündigung und sollte gemeinsam in §490 Abs.1-3 eingefügt werden. Unterschiede zum Verbraucherdarlehen können in einem Satz geklärt werden.

• §490 Abs.3 E-BRat ist zu begrüßen läuft aber in der Praxis leer, weil das Problem nicht darin liegt, dass die Kreditnehmer nicht kündigen können, sondern dass sie gekündigt werden. Immerhin ist es ein gutes Drohmittel, da bei gesetzlichen Kündigungsrechten keine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt.

4.2 KREDITVERKÄUFE

• §488a Abs.3 E-BRat ist grundsätzlich abzulehnen und verfassungswidrig. Er erlaubt quasi unausgesprochen im Gegensatz zu §415 BGB die zustimmungsfreie Übertragung eines „Darlehensvertrages“. Dies ist ein gravierender Eingriff in das Grundrecht der Vertragsfreiheit und der Vertragstreue. Im übrigen ist die Vorschrift überflüssig und praktisch bedeutungslos.

4.3 VOLLSTRECKUNGSSCHUTZ

• §1192 Abs.2 E-BRat ist richtig, weil er eine Teilakzessorietät der Grundschuld wiederherstellt und damit auch die europäische Einigung auf eine Eurohypothek erleichtern dürfte. Die Begründung führt aus, dass nicht, wie im Ausland bekannt, der gutgläubige Erwerb diese Errungenschaft wieder zerstört. Ist dies zutreffend, ist der Vorschrift insoweit zuzustimmen.

• Damit wird jedoch das aktuelle Hauptproblem, die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung und das notarielle Schuldanerkenntnis nicht angegangen. Muss der Verbraucher gegen den u.U. ausländischen Vollstrecker gerichtlich vor-gehen, so werden seine Einreden stumpf bleiben. Dieses Recht, Staatsgewalt ohne Richter in Anspruch zu nehmen, hat üblicherweise nur der kontrollierte Staat sel-ber. (ganz generell für die Verwaltung sowie SGB X § 60; § 61 BVwVfG; § 61 VwVfG) Haben Private dieses Recht vereinbart (§794 ZPO), so müssen erhebliche Vertrauensgründe auf Seiten des Schuldners dafür sprechen. Der BGH (Urt v. 27.09.2001; Az: VII ZR 388/00; anders für die Vollmacht BGH 26.11.2002 XI ZR 10/00) hält daher diesen Ausschluss der Gerichte für nicht durch AGB-Klauseln vereinbar. Als Individualvereinbarung ist sie aber höchst persönlich und sollte unabtretbar gestaltet werden. Dies könnte in §794 ZPO ergänzend geregelt werden. Nur so entfällt die Rechtlosigkeit und Ohnmacht der Verbraucher gegenüber unlauteren Hedgefonds. Er könnte zudem gegen seine Bank auf Schadensersatz kla-gen, wenn sie den Anschein erweckt hat, der Dritte könne so vorgehen.

ID: 41281
Autor(en): Reifner, Udo
Erscheinungsdatum: 13.05.08
   
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Weitere Stellungnahme zur Kreditkrise

Zehn Punkte zur Überwindung der Kreditkrise – Ein Vorschlag aus dem iff
 

Erzeugt: 13.05.08. Letzte Änderung: 14.05.08.
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