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Ende des Restschuldversicherungsbetruges? Hamburger Gerichte annulieren Widerrufsbelehrung, VVG-Info Verordnung verlangt ab 1. Juli 2008 Offenlegung des Provisionsanteils der Banken in den Versicherungen sowie Betrag einbehaltener Überschussbeteiligungen.
RESTSCHULDVERSICHERUNGEN – MOTOR SCHLEICHENDER VERBRAUCHERVERSCHULDUNG

Die Restschuldversicherungen, die dem Verbraucher dadurch aufgezwungen werden, dass er sie vor der Entscheidung über die Kreditvergabe mit beantragen muss, sind zu einem der wesentlichen Ausbeutungsinstrumente neuer Wucherkredite geworden. Banken holen sich über eine angebliche „Provision“ für die „Vermittlung“ einen Teil der Versicherungsprämie zurück, wobei 15% das Mindeste zu sein scheint, die Regel aber bei über 50% der Prämie liegt. Nicht genug damit, erhalten sie alle Prämien auch noch im Voraus und finanzieren sie in dem teuren Ratenkredit mit. Da sie die Provisionen beim „Rückkauf“, so heißt die vorzeitige Beendigung, einbehalten, können sie bei mehrfacher Umschuldung das Vielfache der extrem hohen Versicherungsprämien, die 50% der Kreditkosten ausmachen können, verdienen.

Soweit „Überschüsse“ erstattet werden, finden sie nie den Weg zum Verbraucher. Auf diese Weise leiten Banken Wucherzinseinnahmen über die Versicherungen und machen sie damit für die Verbraucher unsichtbar. Der 11. Senat des Bundesgerichtshof setzt (wie in vielen Verbrauchersachen) voraus, dass die Verbraucher dies selber wünschen, dass ein Auseinanderrechnen zu schwierig sei und daher die Prämie auch nicht im Effektivzinssatz (merkwürdigerweise aber doch im Gesamtbetrag des Kredites) einbezogen werden muss. Er isoliert sich jedoch zunehmend mit seiner Rechtsprechung von Gerichten und Gesetzgeber, ganz zu schweigen von der Öffentlichkeit.

UNBEGRENZTE WIDERRUFLICHKEIT VON RATENKREDITEN MIT RSV

Wir berichteten in unserem internen Info-Brief 08/08 bereits, dass das LG Hamburg in seinem Urteil vom 11. Juli 2007 (Az: 322 O 43/07, iff-Datenbank money-advice ID: 40856) unter Hinweis auf die einschlägige Literatur (Emmerich, in Graf von Westphalen, VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rn. 74; Habersack, in Müko, BGB, 3. Aufl., § 9 VerbrKrG Rn. 140 f; Kessal-Wulf, in Staudinger, BGB, 13. Aufl., 2004, § 358 Rn. 40) festgestellt hat, dass es sich bei einem Darlehensvertrag und der zu seiner Absicherung geschlossenen Restschuldversicherung um ein verbundenes Geschäft handelt, wenn die Versicherung durch das Darlehen mitfinanziert wird. Das Urteil ist rechtskräftig. Damit müsste für das Widerrufsrecht auch auf die Widerruflichkeit der RSV hingewiesen werden, was praktisch keine Bank macht. Die Konsequenz ist, dass die Widerrufsbelehrungen alle falsch sind und damit die Frist zum Widerruf nicht abläuft. Da beim Widerruf zudem die Prämienrückerstattung von der Bank nicht gegen die Schulden des Kreditnehmers aufgerechnet werden kann, kann der Insolvenzverwalter damit wirtschaften.

Das Urteil gehört in die höchstrichterliche Rechtsprechung, weil die Berufung dagegen von der Bank zurückgenommen wurde (OLG Hamburg, Beschluss vom 06.02.2008, Az: 11 U 179/07), weil in der mündlichen Verhandlung das Gericht deutlich gemacht hat, dass es das Urteil des LG richtig findet und entsprechend auch so in Zukunft entscheiden wird.

OFFENLEGUNG DER PROVISIONEN

Die verschleierten Kick-Back Provisionen sind seit langem auch in der Rechtsprechung der anderen BGH-Senate als Geissel der Verbraucherinformation erkannt worden. An sich handelt es sich um umgeleitete Zinsen der Bank, die über die Versicherer sich einen Teil der Kreditkosten verschleiert vom Verbraucher bezahlen lassen. Gem. § 492 Abs.1 S.6 Ziff. 4 BGB in Verbindung mit dem Umgehungsverbot des § 506 S.2 BGB wären die versteckten Innenprovisionen schon lange als Kreditkosten anzugeben. Angesichts der Rechtsprechung des 11. Senats, der nicht einmal die Umleitung von Kreditrückzahlungen in ein niedriger verzinsliches Anlageprodukt berücksichtigen will, trauen sich an diese Frage bisher keine Gerichte heran.

Dies dürfte aber auch inzwischen überflüssig geworden sein. Der Gesetzgeber hat das Problem angefasst und zumindest für den Risikolebensversicherungsteil der RSV geregelt. (Arbeitslosigkeitsversicherungen werden nicht direkt angesprochen)
Am 1.1.2008 ist die Informationsverordnung zum neuen § 7 Abs. 2 und 3 des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) in Kraft getreten, die gem. § 7 der Verordnung ab 1. Juli insbesondere für alle Lebensversicherungen und damit auch für die Restschuldversicherungen gilt. Danach muss ein Produktinformationsblatt (§ 4) mit wesentlichen Angaben vor Abschluss des Vertrages ausgehändigt werden, in dem Vertragstext selber, den der Verbraucher erhält, sind ferner „Angaben zur Höhe der in die Prämie einkalkulierten Kosten; dabei sind die einkalkulierten Abschlusskosten als einheitlicher Gesamtbetrag und die übrigen einkalkulierten Kosten als Anteil der Jahresprämie unter Angabe der jeweiligen Laufzeit auszuweisen;“ (§ 2 Abs.1 Ziff. 1 VVG-InfoVO).

Danach müssen die Provisionen jetzt offen ausgewiesen werden. Die Pressemitteilung des BMJ v. 21. Dezember 2007 erläutert noch einmal eindeutig den Sinn dieser Vorschrift und verweist dabei vor allem auf § 31 Wertpapierhandelsgesetz und die Wertpapiermarktrichtlinie. Die dort zitierten Vorschriften betreffen genau die Konstellation der RSV. In beiden Fällen agiert die Bank im Doppel mit einem anderen Anbieter. In beiden Fällen übernimmt sie die Beratung. In beiden Fällen muss sie ihre Verdienste offen legen.

PRESSEERKLÄRUNG DES BUNDESJUSTIZMINISTERIUMS

Im einzelnen heißt es:
„Die Neuregelung zur Kostenangabe liegt ganz auf der Linie anderer Vorschriften und Gerichtsentscheidungen zur Verbesserung der Transparenz bei Finanzdienstleistungen. So verpflichtet bereits die europäische Finanzmarktrichtlinie zu mehr Information über Gebühren, Provisionen, Entgelte und Auslagen bei Dienstleistungen im Zusammenhang mit Wertpapieren. Das am 1. November 2007 in Kraft getretene Umsetzungsgesetz zu dieser Richtlinie sieht den europäischen Vorgaben entsprechend vor, dass beispielsweise Provisionen in jedem Fall separat anzugeben sind (§ 31 Wertpapierhandelsgesetz). Bereits im Dezember 2006 hatte der Bundesgerichtshof zum Wertpapiergeschäft der Banken entschieden, dass der Kunde über Rückvergütungen zugunsten der Banken aufgeklärt werden muss, damit er beurteilen kann, ob eine Anlageempfehlung möglicherweise auch im Interesse der vermittelnden Bank erfolgt. Die VVG-InfoV fügt sich in diese Tendenz zu mehr Kostentransparenz ein und kann damit Signalwirkung auch für andere Bereiche des Versicherungswesens wie beispielsweise die Riester-Rente haben.“

GIBT ES SCHON NEUE TRICKS UM DAS ZU UMGEHEN - DIE BANK ALS VERSICHERUNGSNEHMER?

Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen machte uns darauf aufmerksam dass "vermehrt mit einem Trick zu rechnen ist: Einige Banken schließen die RSV schon jetzt auf den eigenen Namen ab. Der Kreditnehmer ist dann lediglich die 'versicherte Person'. Versicherungsnehmer ist dann die Bank. Konkret heißt das dann: Die Bank muss sich nur selbst über die Höhe der Provision informieren....

Hier werden wir vom Gesetzgeber noch eine Nachbesserung fordern müssen."

Tatsächlich ist dies in Frankreich üblich, wo unser ECRC Partner Que Choisir nachgewiesen hat, dass statt des Provisionstricks die Banken die überhöhte Prämie als Überschussbeteiligung von den Versicherern ausbezahlt bekommen. Dadurch seien Milliarden Euro den Verbrauchern im Hypothekenkredit gestohlen worden. Die Banken haben angekündigt, Que Choisir wegen Diffamierung zu verklagen, nachdem die Presse sie aufgefordert hatte, nicht nur einfach zu widersprechen. Man darf auf das Gerichtsurteil dort gespannt sein.

Nach deutschem und EU-Recht wird man allerdings bei diesem Trick davon ausgehen, dass dann auch der Verbraucher mit der Prämie keine Versicherungskosten sondern Kreditkosten der Bank bezahlt. In diesem Fall muß die falsche Prämie dann auf jeden Fall im Effektivzinssatz berücksichtigt sein.

Aus der Praxis war zu erfahren, dass das französische Verfahren in Deutschland von der Versicherungsaufsicht nicht geduldet wird. Fälle sollte man also der Versicherungsaufsicht melden.

Am besten ist hier merkwürdigerweise die Situation in den USA oder (gesetzlich vorgeschrieben) in Südafrika. Dort gibt es Gruppenversicherungen mit Einheitstarif ohne Finanzierung. Die Versicherer dort lassen sich ungern den Wucher in die Schuhe schieben.

ID: 41045
Erscheinungsdatum: 19.03.08
   
URL(s):

Presseerklärung BMJ
 

Erzeugt: 19.03.08. Letzte Änderung: 19.03.08.
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