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Geplatzte Wechsel auf die Zukunft – einige Ideen zu den Ursachen der Weltfinanzkrise und zur Rolle des Verbraucherschutzes und des Bundeskartellamts.
Unsere Zeitungen berichten uns, dass unser Finanzsystem morsch geworden ist und uns bedroht. Nach seriösen Schätzungen sind allein in den USA 700 Mrd. $ in den Büchern von Banken und Investmentfonds und damit auch bei den Privatanlegern faul. In Deutschland sind es allein 160 Mrd. € „notleidende Kredite“ Einige Spitzen des Eisbergs haben wir bereits kennen gelernt: die Berliner Bank AG musste mit 30 Mrd. € Staatsbürgschaft gerettet werden, bei der IKB sind es 7 Mrd. €, die über die KfW auch der Staat trägt, die Sächsische Landesbank hat alles Staatskapital verspielt, während in Bayern die Milliarden, die bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank fehlten, geräuschloser beseitigt wurden.

Dabei haben wir gerade erst die sog. Internetblase hinter uns, wo den Kleinanlegern und Arbeitnehmern bankrotter Firmen Milliarden abgenommen wurden, um die durch Spekulation auf Riesengewinne in der Zukunft erfolgte Umverteilung des Reichtums über das Geld zu bewältigen. Die Schuldenkrise der Dritten Welt und des Staates haben wir eher gezwungen durch deren wachsende Macht als freiwillig eingedämmt. 100te von Mrd. € wurden fehlinvestiert und die Kredite statt mit den Gewinnen aus der Investition mit Blut, Leben, Krieg und Armut bedient.

Faule Wechsel auf die Zukunft kosten „unser“ Bruttosozialprodukt insgesamt nichts. Wer Geld vernichtet, vernichtet keine Werte sondern nur deren Schein. Es wird nur umverteilt und zwar im Wesentlichen immer in eine Richtung: von Staat und Verbrauchern auf die Wirtschaft, in der Wirtschaft von den Produzenten auf die Geldbesitzer und innerhalb der Geldbesitzer von den Kleinen auf die Großen. Der Kapitalmarkt verliert eben nichts sondern lässt das Geld nur an anderer Stelle wieder auftauchen. Das weiß auch der kleine Bankrotteur, dessen von ihm teuer bezahlte Maschinen als Schnäppchen in der Zwangsversteigerung erworben beim Konkurrenten Gewinne machen. Doch diese Umverteilung wird uns arbeitsunfähig machen, weil das Geld immer mehr in die falschen Hände kommt und dort fehlt, wo wir es produktiv investieren könnten. Deshalb kann uns ein marodierendes in sich geschlossenes Geldsystem, das die Überschüsse absaugt, nicht gleichgültig sein.

MAN MERKT ES ZUERST BEIM ENDVERBRAUCHER, WENN DAS SYSTEM STINKT

Das große Finanzrad wurde von durchaus zweifelhaften Finanzinstituten angetrieben. Hätte man auf die Frühwarnstellen in den Verbraucher- und Schuldnerberatungsstellen oder Dritte-Welt-Gruppen gehört, wo die kleinen Betrügereien am ehesten auf ein marodes System hinweisen, man hätte das System frühzeitig erkennen und gegensteuern können. Stattdessen werden diese Symptome systematisch unterdrückt, Bankhaftung wird als gefährlich angesehen und ein neo-liberaler Bundesgerichtshof macht sich zusammen mit einem Parlament und einem EU-Ministerrat, die ein „Finanzmarktförderungsgesetz“ nach dem anderen verabschieden, Sorgen, ob nicht der Verbraucherschutz und die Regeln zur Zügelung des Geldsystems (und nicht die abnehmende Bankmoral) das Banksystem gefährde.

Zu solchen Symptomen gehörten in den siebziger Jahren die von der Berliner Bank verkauften Berlinanleihen auf Kredit, in denen Subventionen öffentlich missbraucht wurden. Dazu gehören heute noch Kettenkredite und versteckte Wucherprovisionen, wie sie u.a. beim Marktführer, der ehemaligen KKB und Citibank in Restschuldversicherungen eingebaut wurden, ferner geschlossene Immobilienfonds der Hypothekenfinanzierer oder die Schrottimmobilienfinanzierung der einstigen Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, die Bausparsofortfinanzierungen, mit denen Häuslebauer bei Bausparkassen nach Art der Badenia ruiniert wurden. Dazu gehört der plötzliche Reichtum und die aufsteigende Macht skrupelloser Vertriebsgesellschaften wie Göttinger Gruppe oder die Strukturvertriebe, die heute den Banken und Versicherungen die Produkte vorschreiben, mit denen man die Menschen am besten an der Haustür übervorteilen kann. Wer im kleinen so handelt, handelt auch im Großen so. Wir könnten es frühzeitig wissen, weil sich Betrugssysteme auch von unten nach oben aufbauen und keine seriöse Bank von heute auf Morgen ihren Mitarbeitern ein Schweigegelübde auferlegen kann.

DIE FAULEN WECHSEL AUF DIE ZUKUNFT

Alle diese Gaunereien haben eines gemeinsam: es werden Investitionen in eine vorgestellte Zukunft vorgegaukelt, die Traumrenditen versprechen, obwohl sie keine andere Grundlage als Propaganda, Hochstapelei, Dummheit oder Ausbeutung Dritter haben.
Das war so mit den Krediten an die Dritte Welt, wo man deren Mittagessen und die eigenen Gewinne finanzierte und sich wegen der Staatsbürgschaften nicht darum kümmern brauchte, woher die Rückzahlung eigentlich kommen sollte. Dies ist mit den Hauseigentümern in den USA der Fall, denen man Wucherkredite verkaufte, weil erst durch diese zusätzliche Nachfrage die Preise für Grundstücke arbeitsfrei anstiegen und für die Rückzahlung nicht mehr der Eigentümer sondern die Spekulation einstand. Bei den Internetaktien waren es „Ideen“, aus denen arbeitsfrei die Wertschöpfung der Zukunft kommen sollte. Bei den Schrottimmobilien waren es die „blühenden Wiesen im Osten“, die den Exodus der arbeitsfähigen Bevölkerung dort umkehren würden, bei Kettenkrediten an von Arbeitslosigkeit und Scheidungen bedrohte Bevölkerungsteile war es ein nicht mehr aufzuhaltendes Rad in die Überschuldung, die man durch Massenprolongationen und einem Ausweis der Gewinne als „Provisionen“ in der Bilanz versteckt halten konnte. Im Telekommunikationsbereich waren es Wunderwaffen wie UMTS, die die „Aktienfantasie beflügelten“ und jede Wertsteigerung plausibel machten.
Überall werden Wechsel auf eine Zukunft gezogen, die so niemals eintreten wird und überall gibt es willfährige Manager, Wissenschaftler, Forscher und Politiker, die den Betrug mit unterfüttern und später, wenn er auffliegt, nicht einmal die Honorare zurückzahlen müssen.

Das alles geht nur, weil wir uns daran gewöhnt haben, alles in Geld auszudrücken und dann auch gleich meinen, wenn wir nur genügend Geldvermögen für die Zukunft prognostizieren können, deshalb auch schon reich zu sein.
Da waren die römischen Kaiser schlauer, die wussten, dass je mehr Münzgeld sie hatten, desto weniger war es wert und der eigentliche Reichtum erst noch durch Raub, Tribut oder ausnahmsweise auch durch eigene Arbeit hinzugeschafft werden musste.

WIE SIEHT DIE ZUKUNFT WIRKLICH AUS?

Wenn wir schon Geld-Wechsel auf die Zukunft ausstellen, dann müssten sie eigentlich alle eine negative Rendite haben. In der Zukunft werden mehr Menschen mit am Konsum teilhaben wollen. China macht es uns vor und kauft sich auch schon bei den schlimmsten Fonds und Finanzdienstleistern bei uns ein, um so den Rücktransfer von Geldwerten in die Dritte Welt einzuleiten. Gleichzeitig nimmt durch ein ungleiches und marodes Bildungssystem, durch eine Alterspyramide und zunehmend brach liegende Arbeitskraft die Anzahl der produktiven Arbeitsstunden in der Gesellschaft weiter ab. Durch Urheberrechte bei denen, die die Ideen und Erfindungen unter Verschluss halten, leisten wir es uns, die Springquellen höherer Produktivität im Keller einzumotten.
Wir werden auch mehr nur dafür arbeiten müssen, dass es in unserer Umwelt nicht schlimmer wird, ja dass wir überhaupt überleben können. Frieden, Sicherheit, Atmen und Leben wird kein Geschenk Gottes mehr sein oder besser Gott will, dass wir uns dafür anstrengen.

Das Problem ist, dass es gar nicht auffällt. Die Umverteilung von unten nach oben ist so flächendeckend, dass die Oben davon gar nichts merken. Wenn Manager oder Politiker heute 80 Stunden pro Woche im Büro verbringen, dann glauben sie, das wäre so, weil sie es so möchten und nicht weil sie es müssten. Als Geldmangel zeigt sich der Mangel an Werten im herrschenden oberen Drittel der Bevölkerung keineswegs. Bei zwei Wochen Urlaub im Jahr versuchen amerikanische Manager möglichst 100.000 $ Ausgaben darin unterzubringen, um wenigstens irgendwo einmal das Gefühl von Belohnung anders als durch den Kontoauszug zu bekommen.

GIBT ES AUSWEGE?

Wer mit einem Auto ohne Motor und nur spärlichen Bremsen einen Abhang herunterfährt kann zwar noch den Unfall vermeiden, nicht jedoch den Abstieg. Es wird ein langer Weg sein, die faulen Wechsel auf die Zukunft, die immer andere bezahlen müssen, zu stoppen und den Menschen beizubringen, dass man mit dem Geldsystem nur Wirtschaft steuern, nicht jedoch reicher machen kann.
Ein erster Schritt wäre sicherlich, die Wechselkosten nicht länger der Allgemeinheit zu überbürden sondern im System zu lassen. Hierzu muss der Staat sich aus den Konkursen heraushalten und dort, wo er im Finanzsystem tätig ist, eine klare Trennung zwischen Steuern und Abgaben sowie seinen Bankgeschäften schaffen.
Der zweite Damm, der errichtet werden muss, ist beim Verbraucher und Kleinanleger. Das „Wegdrücken“ von Riesenverlusten in den (grauen) Kapitalmarkt und die Altersvorsorge mit Kleinanlegern oder aber umgekehrt die Nutzung von Kreditbedürfnissen der Armen zu Wucherzwecken muss durch mehr und vor allem effektiveren Verbraucherschutz eingedämmt werden.
Das Finanzsystem muss von unten nach oben reformiert werden. Risk-based pricing bringt das Umverteilungsprinzip ins Retail Geschäft. Es lässt unsinnigerweise Menschen dafür mehr bezahlen, dass sie unproduktiv sein müssen. Geldschulden müssen in Bezug auf das, was sie in der realen Welt repräsentieren, transparenter werden, indem wir wie für Verbraucherkredite bereits vorgeschrieben alle Geldforderungen auf drei Konten buchen: Ausgezahltes Kapital, Zinsen und Zinseszinsen incl. Kosten und Provisionen. Begrenzen wir die Renditesätze auf ein Maß, das die Probleme der Zukunft widerspiegelt, indem wir im Massengeschäft, wo Marktmechanismen nicht greifen, mit Mindestlöhnen, Höchstzinssätzen und Maximalprovisionen die Spekulation eindämmen und dann bei den Spekulanten, die eine wichtige Allokationsfunktion haben, dafür sorgen, dass letztlich auch diejenigen das ganze Risiko tragen, die darauf spekuliert hatten.

EINE NEUE BEHÖRDE FÜR FAIREN WETTBEWERB UND VERBRAUCHERSCHUTZ (alias Bundeskartellamt)

Um das vorwärts zu bringen brauchen wir Institutionen, die von unten aus wirken können. Richter müssen lernen mit Finanzdienstleistungen umzugehen, Gesetze müssen klarer und einfacher anwendbar werden. Eine Behörde wie die Finanzaufsicht, die in der Krise für den Erhalt maroder Unternehmen eintreten muss, kann nur vorgaukeln, sie würde für die Verbraucher deren faule Praktiken aufdecken und für Haftung sorgen, weil sie gerade das verhindern muss. Wettbewerb und Verbraucherschutz gehören zusammen. Die Staatsanwaltschaft in den USA und das OFT in England zeigen, dass man außerhalb des Finanzsystems Endbandkontrolleure schaffen muss. Das Bundeskartellamt ist frei geworden und sucht nach Aufgaben. Gestalten wir es um zu einem Amt für fairen Wettbewerb und Verbraucherschutz und streichen wir die ganzen Feudalausnahmen für Banken und Versicherungen aus dem Kartellrecht. (UR)

ID: 40592
Autor(en): UR
Erscheinungsdatum: 01.12.07
   
 

Erzeugt: 01.12.07. Letzte Änderung: 05.05.08.
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