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SCHUFA-Abfrage, Kreditanfragen, Auswirkung auf Scoring-Wert und Kreditvergabe, Reaktion auf Kritik
iff-Infobrief
A Sachverhalt
Wenn ein Bankkunde bei einem Kreditinstitut wegen eines Kreditproduktes anfragt, wird üblicherweise eine SCHUFA-Anfrage durchgeführt und die Anfrage bei der SCHUFA gespeichert. Die SCHUFA unterscheidet bisher zwischen Anfragen nach „Girokonto“, „Kreditkarte“, „Immobilienkredit“ und „(Konsumenten-) Kredit“.
Die Zeitschrift Finanztest vom März 2006 hat darauf hingewiesen, dass Kreditanfragen zu einer Verschlechterung des Scoring-Wertes und damit zu einem schlechteren Zinssatz führen, auch wenn ein Verbraucher lediglich nach den Konditionen für einen Kredit fragte.

Erfolgt eine SCHUFA-Abfrage, so bleibt diese Information ein Jahr lang gespeichert. Für andere Anbieter ist dieser Eintrag 10 Tage lang zu sehen. Ein Verbraucher, der sich nach günstigen Krediten erkundigte – so genanntes shopping around, wurde für sein Verhalten faktisch „bestraft“. Die SCHUFA Holding AG hat nun auf die Kritik reagiert, und will das Eintragsverfahren für Kredite modifizieren.

B Stellungnahme

B.I Die Reaktion der SCHUFA auf die Kritik
Die SCHUFA Holding AG hat im April 2006 angekündigt, ein neues Merkmal „Konditionenvergleich“ einzuführen. Umgesetzt wurde dieser neue Anfragetyp bisher noch nicht.

Geplant ist, die Anfragetypen um einen weiteren Typ „Anfrage Kreditkonditionen“ zu erweitern. Im Fall der Konditionenanfrage soll die Tatsache der Anfrage nach Auskunft der SCHUFA nicht in den Scoring-Wert einfließen und andere Vertragspartner sollen auch nicht bei einer erneuten SCHUFA-Abfrage sehen können, ob der Kunde schon bei einem anderen Kreditinstitut eine Konditionenanfrage gestellt hat.
Ob eine Bank oder Sparkasse bei der SCHUFA-Abfrage den Wunsch des Kunden als „Anfrage Kreditkonditionen“ einholt oder als „Anfrage Kredit“, hängt von der Entscheidung des Kreditinstituts ab. Bei einer wie bisher üblichen Abfrage fließt diese wie bisher in den Scoring-Wert ein, bleibt ein Jahr als Datensatz gespeichert und ist für andere Anbieter 10 Tage lang sichtbar.

Die SCHUFA stellt die geplante Änderung als Reaktion auf geändertes Verbraucherverhalten dar. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass sich nicht das Verbraucherverhalten, sondern das Anbieterverhalten geändert hat. Verbraucher erhalten keine einheitlichen Kreditkonditionen, sondern erfahren den für sie geltenden Zinssatz erst nach einer eingehenden Datenabfrage, der oft nicht den Konditionen in der Werbung und den Angeboten entspricht, sondern darüber liegt. Weil eine SCHUFA-Abfrage zu verschlechterten Konditionen führen kann, wurde Verbrauchern die Möglichkeit eines Kreditvergleichs faktisch genommen. So hat Finanztest in Heft 3/2006 (S. 18) berichtet:

„Für Bankkunden kann eine Schufaabfrage schließlich unangenehme Folgen haben. Schon eine Kreditanfrage, die bei der Schutzgemeinschaft gemeldet wird, kann den Scorewert des Kunden für ein ganzes Jahr verschlechtern. Er muss also damit rechnen, dass es bei mehreren Kreditanfragen immer schwieriger wird, gute Bedingungen zu bekommen oder überhaupt einen Kredit zu erhalten.“

Die SCHUFA hat auf die einsetzende Kritik (siehe dazu auch Infobrief Nr. 27/2005) daher nur reagiert. Ob das nun neu eingeführte Verfahren ausreicht, Verbrauchern einen individuellen Konditionenvergleich zu ermöglichen, wird die Zukunft zeigen. Die Abgrenzung zwischen „Konditionenanfrage“ und „Kreditanfrage“ ist auch nach Meinung der SCHUFA „schwierig“. Zurzeit arbeitet die SCHUFA Holding AG an Standards für die Abgrenzung, damit das Verfahren von den Kreditinstituten einheitlich eingesetzt werden kann.

Denkbar ist daher auch, dass sich an der Praxis nichts ändern wird, weil die Kreditinstitute die „Konditionen-Anfrage“ wie bisher als „Kredit-Anfrage“ deklarieren und sich so der Scoring-Wert wie bisher verschlechtert. Ein Verbraucher hat bisher weder Einfluss auf die Art der Anfrage noch wird sie für ihn transparent. Wegen der drohenden Nachteile müsste der Verbraucher erkennen können, welche Art der Anfrage der Anbieter bei der SCHUFA einholt. Dieses wäre nur möglich, wenn es aus der schriftlichen Einwilligung des Kunden ersichtlich ist und der Kunde ein unterzeichnetes Exemplar der Einwilligung unaufgefordert erhält.

Unabhängig davon bleibt auch die Anfrage Konditionenvergleich ein Jahr lang bei der SCHUFA gespeichert, wenn auch nicht für andere Anbieter sichtbar. Der Sinn der Datenspeicherung für ein Jahr ist nicht nachvollziehbar, da die Information weder in den Score-Wert einfließen noch an andere Anbieter weitergegeben werden soll.

B.II Weitergehende Kritik am Scoring-Verfahren
Das eigentliche Problem ist die Einführung des risk-based pricing und die Individualisierung der Kreditkonditionen. Die Diskussion um Basel II wurde nur als Aufhänger genommen, um individuelle Kreditkonditionen einzuführen. Zum einen ist eine Diskriminierung aus ökonomischen Gründen rechtlich schwierig anzugehen (the poor pay more – siehe dazu den Infobrief Nr. 10/2005), zum anderen führt das risk-based pricing dazu, dass die Kunden die wahren Konditionen für sich erst im Rahmen eines Kreditgesprächs erfahren, zu dem üblicherweise eine SCHUFA-Anfrage eingeholt wird. Von Verbraucherseite wird das Scoring-Verfahren daher stark kritisiert und die Praxis der SCHUFA als Verstoß gegen das Datenschutzgesetz angesehen.

Nach der Studie des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) reichen die bestehenden Gesetze aus, es mangelt jedoch an der Durchsetzung der Verbraucherrechte, auf Informationen über den Score-Wert und deren Bildung zu bestehen. Problematisch ist danach auch die Bedeutung des Wohnorts für den Score-Wert, weil dieses kein Kriterium für die individuelle Zahlungsfähigkeit ist.
Darüber hinaus sind besonders zwei Kritikpunkte weiterhin nicht gelöst.
Kritikpunkt Nr. 1: Fraglich ist, wer den in der Werbung und den Angeboten genannten, besonders günstigen Zinssatz überhaupt erhält. Denkbar ist, dass es faktisch niemanden gibt, der diesen Zinssatz erhält und es sich damit um ein reines Lockvogelangebot handelt, dass wettbewerbswidrig ist und entsprechend verfolgt werden kann. Entsprechende Untersuchungen hierzu fehlen. Die Anbieter legen nicht offen, wer die günstigen Konditionen erhält und wie vielen Personen dieser Zinssatz tatsächlich gewährt wird. Auskünfte der Unternehmen zu den tatsächlich vergebenen Zinssätzen fehlen. Testzeitschriften tun sich daher mit den Zinssätzen schwer, die nach Anbieterangaben je nach individueller Bonität teilweise über 100% schwanken. So wird der effektive Jahreszins der Norisbank für Ratenkredite mit einer Höhe von 10.000 € mit einer Laufzeit von 36 Monaten von Finanztest zwischen 4,10% und 12,94 % p.a. angegeben (Heft 7/2006, S. 83).

Kritikpunkt Nr. 2: Der spread beim risk-based pricing wird bisher überhaupt nicht hinterfragt. Es ist fraglich, ob ein erhöhtes Risiko eines Verbrauchers wirklich einen um 8,84 % höheren effektiven Jahreszins rechtfertigt. Dieses hängt entscheidend von dem Ausfallrisiko ab. Die Diskussion muss daher nicht nur um das risk-based pricing an sich gehen, sondern auch um die Transparenz der Konditionen und die Frage, ob die Preisunterschiede durch ein erhöhtes Risiko in der Höhe gerechtfertigt sind. Dazu müssen die Ausfallwahrscheinlichkeiten offen diskutiert werden. Zudem muss eine Diskriminierung von Verbrauchern, die keine klassischen Arbeitsverhältnisse vorweisen können, verhindert werden, nicht zuletzt auch deswegen, weil diese Art von Beschäftigungsverhältnissen in Zukunft wahrscheinlich zunehmen werden. Schon jetzt wird davor gewarnt, einzelne Gruppen wie Selbständige von der Kreditvergabe auszuschließen oder zu benachteiligen.

C Fazit
Die SCHUFA Holding AG will aufgrund der Kritik im Laufe des Jahres einen neuen Anfragetypen schaffen, der Kunden den Konditionenvergleich ermöglichen soll, ohne dass sich ihr Scoring-Wert verändert. Weil das Kreditinstitut den Anfragetyp bestimmt, besteht weiterhin die Möglichkeit, dass sich der Score-Wert des Kunden bei einer Kreditanfrage verschlechtert.

Die Kritik, dass Kriterien wie z.B. der Wohnort, die nichts mit der Zahlungsfähigkeit der individuellen Person zu tun haben, in den Score-Wert mit einfließen und dass dem Verbraucher sein Recht auf Information über die Berechnung des eigenen Score-Wertes nicht gewährt wird, kann die SCHUFA mit dem neuen Anfragetyp nicht entkräften.
Weitere Kritikpunkte sind neben der juristisch schwer angehbaren Diskriminierung ökonomisch Benachteiligter (the poor pay more) zum einen die Konditionenangaben, bei denen ungewiss ist, ob es sich nicht nur um wettbewerbswidrige Lockvogelangebote handelt, und zum anderen der Spread, bei dem unklar ist, ob er nur das tatsächliche Risiko widerspiegelt oder eine weitere Gewinneinnahme für die Kreditinstitute bedeutet, die dem Kunden als „Risikoaufschlag“ verkauft wird.

ID: 40502
Autor(en): Tiffe, Achim
Erscheinungsdatum: 03.07.06
   
 

Erzeugt: 14.11.07. Letzte Änderung: 20.11.07.
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