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smava – „Kredite von Mensch zu Mensch“ oder wie auch der Verbraucher eine kleine Heuschrecke werden kann.
Das neu gegründete Unternehmen smava wirbt damit, dass Verbraucher an andere Verbraucher Kredite vergeben können, sozialer Touch mit inbegriffen. Die „Anleger“ erhalten gute Zinsen für ihr eingesetztes Geld, die „Kreditnehmer“ bekommen einen günstigen Zinssatz, mit den Worten der New Economy aus dem Jahre 2000 würde man von einer „Win-Win-Situation“ sprechen. Ist das aber wirklich so und kann man Verbrauchern smava empfehlen?

Schönrederei Nr. 1: „Kredite von Mensch zu Mensch“

Entgegen diesem Slogan von smava findet gerade keine Kreditvergabe von einer Privatperson an eine andere Privatperson statt, sondern gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von smava wird der Kredit von der biw Bank für Investments und Wertpapiere AG vergeben. Der private Geldgeber kauft lediglich die Forderung der biw Bank, ohne den Kreditnehmer zu kennen – persönliche Daten werden nicht herausgegeben. Das gleiche Geschäft betreiben die als „Heuschrecken“ betitelten ausländischen Investmentfonds in größerem Stil mit Kreditforderungen. Der Verbraucher wird durch den Forderungskauf quasi zu einer kleinen Heuschrecke. Ein Kredit von Mensch zu Mensch findet aber nicht statt.

Schönrederei Nr. 2: „sicher, fair und einfach“

Sicher ist die Rückzahlung nicht. Wenn der Kreditnehmer sein Darlehen nicht bezahlt, entstehen Kosten für ein Inkassounternehmen, die der Verbraucher zu tragen hat. Das Rating der SCHUFA allein sagt nichts über das derzeitige Einkommen der Kreditnehmer, seine Ausgaben oder die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes bzw. Einkommens. Ist das ausgeliehene Geld nicht einzutreiben, verbleiben dem Verbraucher, der das Geld verliehen hat, nur die Kosten für die erfolglosen Mahn- und Vollstreckungsversuche. Wie hoch die Kosten für das Inkassounternehmen sind, bleibt intransparent. § 14 Smava-AGB: „Wir haften nicht für das Risiko, dass der Kreditnehmer … keine Zahlungen leistet.“ … „“Investieren Sie nur Gelder, deren Verlust Sie sich leisten können.“

Schönrederei Nr. 3: „eine Prise sozialen Gewissens“

Im Tagesspiegel vom 25.3.2007 wird der Mitbegründer Alexander Artopé zitiert, er wolle „eine Prise sozialen Gewissens“ mit in die Kreditvergabe hineinbringen. Kreditsuchende können Ihre Gründe für die Kreditaufnahme auf der Plattform nennen. Tatsächlich aber wird nicht kontrolliert, wofür das Geld verwendet wird und da der Kreditnehmer anonym bleibt, kann es der Verbraucher auch nicht kontrollieren. Tatsächlich werden „verwendungszweckfreie Ratenkredite“ vergeben (§ 2 Abs. 6 Smava-AGB). Gründe wie „Ich möchte mein Volvo auf Autogas umrüsten.“ oder „ Hochzeitsreise nach Vietnam … Ich werde pünktlich zurückzahlen, das ist für mich Ehrensache.“ berühren zwar das soziale Gewissen oder drücken auf die Tränendrüse, sind jedoch für die Vergabe des Kredites völlig unrelevant. Die gute Story dient wie auch in anderen Bereichen allein dazu, das Portemonnaie von Verbrauchern zu öffnen.

Charmant ist lediglich der Gedanke, Forderungen zu poolen und damit das Risiko zu streuen, ein im Anlagebereich verbreitetes Instrument, um Ausfälle möglichst gering zu halten. Als Vorbild dafür dienten wahrscheinlich die Aufkäufe von Non-Performing-Loans durch die so genannten Heuschrecken. Auch die Idee von smava ist nicht ganz neu. Vorbilder sind entsprechende Kreditplattformen in anderen Ländern wie Großbritannien und den USA. Gepoolt wird übrigens nur der Tilgungsausfall laut Informationen auf der Webseite von smava, nicht aber der Ausfall der Zinszahlungen. Wie breit das Risiko gestreut wird, bleibt unklar. Im Beispiel ist von 100 Anlegern einer Risikoklasse (SCHUFA Score-Wert A-F) die Rede. Sichtbar sind derzeit insgesamt sechs Kreditanfragen, die meisten davon in Gruppe C (Anzahl: 2). Von einem „Anleger-Pool“ zu reden, scheint daher im Moment etwas übertrieben zu sein. Es handelt sich derzeit wohl eher um eine kleine Pfütze, die schnell austrocknen kann.

Ob auf dem deutschen Markt eine derartige Plattform seine Nische finden wird, bleibt fraglich. Schließlich erhalten Verbraucher mit guter Bonität einen Abrufkredit z.B. schon für 6,77% eff. Jahreszins bei Banken (5,95 % nominal, 5000 €, Sparda Hamburg, Angebot vom 27.März 2007). Wozu sich also Geld über smava für 8% p.a. leihen, es sei denn, die Bonität ist doch nicht so gut oder die Hausbank ist aufgrund der Erfahrung mit dem Kunden nicht mehr bereit, ihm mehr Geld auszuleihen. Der Verbraucher verfügt über weitaus weniger Informationen über den potenziellen Kreditnehmer als eine Bank oder Sparkasse.

Bei einem funktionierenden Konsumentenkreditmarkt besteht kein Bedarf für die Vermittlung von Krediten „von Mensch zu Mensch“, denn die Ausfallrisiken sind für Verbraucher nicht überschaubar. Gerade in Deutschland ist der Konsumentenkreditmarkt zurzeit heiß umkämpft und die Angebote für Verbraucher günstig. Der Bedarf nach einer Kreditvergabe durch das Investment von Privatpersonen ist daher in Deutschland nicht vorhanden. Anders wäre es nur, wenn Privatpersonen trotz entsprechender Bonität keine Kredite durch den Finanzsektor erhalten würden oder nur zu sehr schlechten weit über dem Markt liegenden Konditionen, also ein Marktversagen vorliegen würde.

Grundsätzlich sollte es professionellen Anbietern wie Banken und Sparkassen überlassen bleiben, Kreditausfallrisiken von Privatpersonen zu tragen und nicht in den privaten Bereich zu verlagern. Das Anlegen von 10.000 € ist eben nicht vergleichbar mit dem Verkauf eines gebrauchten Kinderrollers bei ebay.

Unabhängig davon ist juristisch umstritten, ob Forderungen aus Kreditverträgen ohne bestehende Probleme bei der Rückzahlung (so genannte Performing Loans) nach deutschem Recht überhaupt wirksam verkauft werden können. Da die Darlehensforderungen von der biw Bank sofort verkauft werden und mit der Sicherheit der Kreditnehmer geworben wird, handelt es sich bei den Forderungsverkäufen, die auf von smava vermittelten Darlehen beruhen, ganz klar nicht um so genannte Non Performing Loans (NPL). Möglicherweise sind daher sämtliche Forderungsverkäufe der biw Bank an Verbraucher unwirksam.

Die Zukunft wird zeigen, inwieweit das Geschäftsmodell der Kreditvergabe eines aus der New Economy kommenden Gründers in Zusammenarbeit mit einer kleinen Investmentbank erfolgreich sein wird und juristisch Bestand haben wird. Als Geldanlage kann man es nur Verbrauchern empfehlen, denen Unternehmensanleihen zu langweilig sind und die den Schritt zu den Penny Stocks noch nicht vollzogen haben. Bei der Kreditaufnahme sollten Verbraucher die Konditionen mit den Banken und Sparkassen vergleichen und die Erfahrungen mit den eingesetzten Inkassounternehmen abwarten, die mitunter sehr unangenehm werden können. Möglicherweise wird die Forderung bei Zahlungsverzug auch wieder weiterverkauft an eine andere kleinere oder größere Heuschrecke. Da kann die Sparkasse um die Ecke bisweilen der angenehmere Gläubiger sein.

ID: 39578
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 27.03.07
   
 

Erzeugt: 27.03.07. Letzte Änderung: 11.06.07.
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