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Neuer Konsumentenkreditrichtlinienentwurf: Darstellung und Kritik. (jetzt in Deutsch)
Deutsche Präsidentschaft legt neuen Entwurf vor. Keine Änderungen in der Substanz aber interessante Details. „Gegenseitige Anerkennung“ und der„Kredit auf Mausklick“ wurden fallen gelassen. Verbannt wurde aber auch der Grundsatz der verantwortlichen Kreditvergabe. Dafür blieben die Maximalharmonisierung erhalten und die Probleme der Überschuldung sowie von Wucherkrediten unbeachtet. Irreführende Effektivzinssätze bleiben ebenso ungeregelt wie verbundene Kreditversicherungen, Umgehungsgeschäfte mit Leasing, kurzfristige Kleinkredite und der Missbrauch von Hypotheken für Autodarlehen. Der Ministerrat sollte auf den Boden der alten Richtlinie 87/102/EWG zurückfinden und nur das reformieren und erweitern, was notwendig ist.

Das iff hat die wichtigsten Punkte herausgenommen und präsentiert seine Evaluation ebenso wie 10 Vorschläge für einen Neuanfang. Außerdem wird der Gesetzentwurf sowie eine Auswahl von Auszügen nach dem Prinzip von Stärken und Schwächen zur leichteren Bearbeitung angeboten. Diese Arbeiten sind leider noch alle in Englisch.


MINISTERIN ZYPRIES: PRESSEERKLÄRUNG ZUM TAG DER VERBRAUCHER LOBT ENTWURF


In einer Presseerklärung vom 14. März 2007 preist das deutsche Justizministerium seine europäische Initiative zum Konsumentenkredit als "ein Beheben von Schwachstellen im Verbraucherschutz". Im einzelnen heißt es:

"Zypries für Verbraucherschutz europaweit

Zum morgigen internationalen Tag des Verbrauchers hat sich Bundesjustizministerin Brigitte Zypries erneut deutlich für einen weit reichenden Verbraucherschutz ausgesprochen:

„Verbraucherschutz betrifft alle Bürgerinnen und Bürger. Um ihnen bei Vertragsabschlüssen selbstbestimmte Entscheidungen auf der Grundlage sachgerechter Information zu ermöglichen, sind umfassende Regelungen zum Verbraucherschutz unentbehrlich. Das Programm zur EU-Ratspräsidentschaft für den Bereich Justiz hat dementsprechend ein ausgewogenes System des Verbraucherschutzes als ein Ziel definiert. Schwachstellen werden durch Gesetzesnovellen behoben. ...die geplante Verbraucherkreditrichtlinie setzen deutliche Zeichen, um die Position des Verbrauchers weiter zu verbessern, ohne die Wirtschaft mit unverhältnismäßigen Auflagen zu belasten,“ erläuterte die Ministerin einige ihrer Reformvorhaben. ...

Durch einheitliche Regelungen zum Verbraucherkredit soll ein echter Binnenmarkt bei der Kreditvergabe mit einem hohen Niveau des Verbraucherschutzes entstehen. Vorgesehen ist, insbesondere den Umgang mit Werbung und mit Informationen für kreditinteressierte Verbraucher sowie die Vorschriften zum Widerruf und zur vorzeitigen Rückzahlung (Vorfälligkeitsentschädigung) einheitlich festzulegen."

Unsere nachfolgende Analyse des Vorhabens zeigt jedoch eher, dass die Wirtschaft nicht nur nicht "mit Auflagen belastet" sondern vor allem auch auf Kosten der Verbraucher z.B. durch die Einführung einer Vorfälligkeitsentschädigung entlastet werden soll.


KONSUMENTENKREDITRICHTLINIE ENTWURF MÄRZ 2007
der deutschen Präsidentschaft

Evaluiert für Mitglieder des Netzwerkes Verantwortung im Kredit durch das Institut für Finanzdienstleistungen (IFF)

Hamburg, 13. März 2007


ZUSAMMENFASSUNG

Deutsche Präsidentschaft legt neuen Entwurf vor. Keine Änderungen in der Substanz aber interessante Details. „Gegenseitige Anerkennung“ und „Kredit auf Mausklick“ wurden fallen gelassen. Verbannt wurde aber auch der Grundsatz der verantwortlichen Kreditvergabe. Dafür blieb die Maximalharmonisierung erhalten und die Probleme der Überschuldung sowie von Wucherkrediten unbeachtet. Irreführende Effektivzinssätze bleiben ebenso ungeregelt wie verbundene Kreditversicherungen, Umgehungsgeschäfte mit Leasing, kurzfristige Kleinkredite und der Missbrauch von Hypotheken für Autodarlehen. Der Ministerrat sollte auf den Boden der alten Richtlinie 87/102/EWG zurückfinden und nur das reformieren und erweitern, was notwendig ist.

Das iff hat die wichtigsten Punkte herausgenommen und präsentiert seine Evaluation ebenso wie 10 Vorschläge für einen Neuanfang. Außerdem wird der Gesetzentwurf sowie eine Auswahl von Auszügen nach dem Prinzip von Stärken und Schwächen zur leichteren Bearbeitung angeboten..


EINLEITUNG


Bereits drei vollkommen unterschiedliche Entwürfe einer Konsumentenkreditrichtlinie sind von der Europäischen Kommission seit dem Jahr 2002 veröffentlich worden.
Während ihrer Präsidentschaft haben Österreich und Finnland zwei weitere Entwürfe vorgelegt, bei denen immerhin Österreich einen realistischeren Ansatz zum Effektivzins vorlegte, den Finnland und nun auch Deutschland wieder abgeschafft haben. Es ist erstaunlich, dass alle drei Länder ihre Vorschläge in einem WORD-File machten, der laut der elektronischen Information als Eigentschaft „DTI“ anweist, was auf die Urheberschaft des englischen Department of Trade and Industry hinweist, das zumindest offiziell niemals mit einem Entwurf an die Öffentlichkeit herangetreten ist. Daher fragt sich, ob der ursprüngliche Entwurf wirklich in Brüssel oder in London entwickelt wurde. Dies würde vieles erklären, da die englische Einstellung zu Überschuldung, Wucher und Konsumentenkrediten sich signifikant von derjenigen auf dem Kontinent unterscheidet und Information und Erziehung als ausreichenden Verbraucherschutz ansieht.

Immerhin ist der neue Entwurf auch eine Überraschung und wird in Brüssel auch einer Art deutscher Gründlichkeit beim Aufräumen alter Sachen zugeschrieben, nicht aber dem Stand des Konsenses. Unter den Verbraucherverbänden in Brüssel wurde verbreitet, dass die KKR (Konsumentenkreditrichtlinie) „tot“ sei. In dem Fahrplan für die deutsche Präsidentschaft der deutschen Bundeskanzlerin wird sie nicht erwähnt. Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft im Europaparlament hat bem Hearing im Europaparlament Ende letzten Jahres ausgeführt, dass das Parlament den Maximalharmonisierungsansatz der Direktive ohnehin nicht teile. Eigentlich alle Verbraucherorganisationen haben sich gegen den 2004er Entwurf ausgesprochen, der keine Fortschreibung sondern ein Alternativentwurf des ursprünglichen Entwurfs war. Sowohl das englische House of Lords wie auch das französische Parlament haben erhebliche Bedenken gegen große Teile der Richtlinie zum Ausdruck gebracht. Der neue Entwurf ist nunmehr also der 6. Entwurf. Er stellt eine subtilere Unterminierung nationalen Verbraucherschutzes dar. Dafür ist er auch weniger eindeutig und mit mehr Leerformeln und Ausnahmen bestückt. Der Ansatz am freien Markt, der seit Aristoteles eigentlich gerade bei Kredit und Verschuldung niemals überzeugt hat, bleibt aber. Immerhin nimmt er die Kritik des ECRC in fast allen Punkten zur Kenntnis, berücksichtigt sie aber nur peripher mit Kleinstalternativen, Einschüben und Vertagungen.

Symptomatisch ist aber eine ganz grundsätzliche Richtigstellung in Nr. 14 der Motive der Kommission. Während die Kommission in ihrem Grünbuch ebenso wie in den Referaten der neuen Kommissarin selber, wie es jetzt auch in der Untersuchung des VZBV deutlich herausgestellt wurde, zugegeben hat, dass es keine grenzüberschreitende Verbraucherkreditaufnahme gibt, hatte dagegen Nr. 14 der Motive das Gegenteil suggeriert. Dort hieß es: „Die faktische und rechtliche Situation beruht im Augenblick auf der Tatsache, dass nationale Unterschiede im Recht den Wettbewerb zwischen den Kreditgebern in der Europäischen Union behindern und dass der gemeinsame Markt dort auf Hindernisse stößt, wo die Mitgliedsstaaten andere Vorschriften vorsahen als diejenigen in der Direktive 87/102 EWG.“ Die deutsche Präsidentschaft hat nun die Worte „in einigen Fällen“ eingefügt, was immer noch eine große Übertreibung darstellt.

Diese Kleinstkorrektur ist nur Kosmetik im Verhältnis zu den übrigen unrealistischen Annahmen, wie sie den Motiven 1 bis 9 des Kommissionsentwurfs zugrunde liegen. ECRC Partner sollten mit einer solchen wirklichkeitsfremden Einleitung zur Grundlegung eines freien europäischen Kreditmarktes aufräumen, die keinerlei empirische Grundlagen hat. Stattdessen sollte die Realität eines Marktes beschrieben werden, in dem Überschuldung und Wucherkredite, unklare Zinssätze und unvergleichbare Konstellationen inzwischen europaweit in allen Ländern diskutiert werden.

Aber auch Justizministerin Zypries verbreitet unzutreffende Meldungen hierzu. Sie hat in ihrer Presseerklärung vom 14. März 2007 zum „Tag des Verbrauchers“ diesen neuen Entwurf als eine deutliche Verbesserung des Verbraucherschutzes bezeichnet, allerdings hinzugefügt, dass dies „ohne übertriebene Belastung der Anbieterseite“ erreicht würde. Es liest sich wie eine Art Glaubensbekenntnis zum freien Markt, wenn es heißt:: „Eine einheitliche Regulierung des Verbraucherkredits wird einen effektiven gemeinsamen Markt auf hohem Verbraucherschutzniveau hervorbringen.“ Sie führt weiter an: „Die Information in der Werbung sowie das Widerrufsrecht und die Regelung zur Vorfälligkeitsentschädigung Konsumentenkredit beweisen dies.“

Dass sie dabei noch die Vorfälligkeitsentschädigung hinzurechnet, die es bisher zu lasten der Verbraucher gar nicht gab, ist absolut unverständlich. Bisher hatte die EU-Richtlinie eine Vorfälligkeitsentschädigung grundsätzlich verboten. Eine bessere Regelung für Verbraucher konnte es nicht geben. Der neue deutsche Entwurf sieht nun als Verbesserung im Verbraucherschutz bestimmte Prozentsätze der Restkreditsumme als neue Ablösegebühr vor, die die vorzeitige Entschuldung und vor allen Dingen die Umschuldung von Krediten für die Verbraucher erschweren wird. Aber dies ist nicht das einzige Beispiel für angebliche „Verbesserungen“ wie die nachfolgende Analyse zeigt.

ALLGEMEINE SITUATION

Die Richtlinie ist langatmig (Art. 5 geht über 5 Seiten), kompliziert (jede Vorschrift hat wieder eine Vielzahl von Ausnahmen, die zudem noch in verschiedenen Artikeln versteckt sind, siehe z. B. Art. 2, 3a, 6, 7…), wobei eine generalklauselartige wertungsoffene Wirtschaftssprache benutzt wird, die dem deutschen Recht insoweit fremd ist, wo z. B. Grundsatzfragen wie bei der Kostendefinition für die Effektivzinsangabe mit verschiedenen Begriffen wie „zwingend / verpflichtend / erforderlich“ definiert werden. Begriffsneuschöpfungen wie „overrunning“ treten neben den Überziehungskredit, von einer ancillary capacity (angehängten Struktur) wird gesprochen oder darauf abgestellt, wie etwas „üblicherweise“ in den Mitgliedsstaaten benutzt wird. Die Beratungspflicht, die als solche nun entfällt, wird durch eine „adäquate Erklärung“ ersetzt. Außerdem gibt es einen Kreditzinssatz neben dem Effektivzinssatz (borrowing rate) sowie widersprüchliche Definitionen zu dem zentralen Effektivzins (die Kostendefinition in Art. 3 g; die an den Zahlungen orientierte Definition in Art. 14 und 18) sowie verschiedene Definitionen der verbundenen Geschäfte (so wird die Versicherung als nicht verbunden in Art. 3 f bezeichnet, ist aber dann in Art. 15 Nr. 3 und Art. 13 Nr. 4a beim Widerruf wieder verbunden …). Auf diese Weise wird eine Informationsflut kreiert (so soll drei mal dieselbe Information in Werbung, vor dem Vertrag und in dem Vertrag in den Artikeln 4, 5 und 9 niedergelegt werden). Die Richtlinie nimmt die aktuelle Praxis von Wucherkrediten nicht zur Kenntnis, wie insbesondere die Praxis Zinssätze nur noch „ab“ (z.B. „ab 4 %...“ die dann keiner erreicht) anzugeben und sozial durch so genannte risikoadjustiertes Pricing zu diskriminieren. Sie sieht keinen Schutz für Bürgen vor, definiert Vermittler so einschränkend und zudem widersprüchlich, dass nur noch hauptamtliche Vermittler darunter fallen (siehe 13 b der Motive) was allerdings im Wortlaut dann doch nicht gelingt (vgl. Art. 3 e). Sie führt Vorfälligkeitsentschädigungen ein (Art. 15 in beiden Varianten), was Umschuldungskarussell und Kettenkredite noch profitabler machen, bricht (Art. 21) das Prinzip der Minimalharmonisierung des europäischen Vertrages (Art. 153 EV) und fügt eine Vielzahl von unklaren Ausnahmen für alle Arten von Krediten und Kreditgebern ein.

DIE FORTDAUERNDE BEDROHUNG FÜR VERBRAUCHERSCHUTZ UND DIE VERANTWORTLICHE KREDITVERGABE
KLEINKREDIT

Die im angelsächsischen Raum üblichen Monatsendkredite, der Überziehungskredit oder die Kreditkartenkredite, die heute eine wesentliche Grundlage der Überschuldung bilden, belasten die schwächsten Verbraucher mit extrem hohen Wucherpreisen. Sie werden in dieser Richtlinie (unter 200,- €) grundsätzlich ausgenommen oder erhalten darüber hinaus gehend ein so genanntes leichtes Regime, d. h. werden von Transparenzvorschriften entlastet. Das Grundproblem solcher Kredite, dass sie in großer Anzahl entweder parallel gegeben werden (bis zu 16 kleine Kreditkartenkredite haben Überschuldete in den USA) oder dass sie bei Kettenkrediten sich letztlich zu einem langfristigen Kredit aufbauen und dadurch aus vielen Kleinkrediten in Wirklichkeit eine große Kreditschuld wird, wurde in der bisherigen Direktive immerhin noch direkt angesprochen. Jetzt werden diese Formen noch belohnt. Der typische Kreditkartenkredit (Art. 2 g) ist für die ersten drei Monate vollständig ausgenommen, wenn er „kostenfrei ist“. Das ist erheblich zu kurz gegriffen, weil dies eine typische Art und Weise ist, Verbraucher in die spätere kostenpflichtige Verlängerung hineinzuzwingen. Weihnachten bot z.B. Tchibo/RBS solche „kostenfreien“ Kredite an.

MISSBRAUCH DER HYPOTHEKENKREDITE

Der Missbrauch der Hypothekenkredite zur Sicherung von z.B. PKW-Krediten wird dadurch belohnt, dass diese Kredite neuerdings vollkommen von der Richtlinie ausgenommen werden. Hypothekenkredite sind darüber hinaus ganz generell ausgenommen, wobei in Art. 2 Nr. 2a nicht nur die grundpfandrechtlich gesicherten Kredite, sondern sogar alle Kredite, die sich auf Grundstücke beziehen, auch wenn sie durch andere übliche Sicherheiten gesichert sind, ausgenommen werden.

VERANTWORTLICHE KREDITVERGABE ENTFÄLLT

Die verantwortliche Kreditvergabe ist nun vollständig aus dem Text der Artikel entfernt worden. Gleichwohl behaupten die Motive, dass sich diese Richtlinie immer noch mit „unverantwortlicher Kreditvergabe“ beschäftige. An die Stelle der verantwortlichen Kreditvergabe ist jetzt die Pflicht der Banker getreten, dass sie unter Nutzung einer Datenbank wie der SCHUFA die Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer zu prüfen haben (Art. 7a Verpflichtung, die Kreditwürdigkeit der Verbraucher zu überprüfen).

BÜRGENSCHUTZ ENTFÄLLT

Bürgen sind vollkommen aus der Richtlinie ausgenommen und erhalten weder Transparenz noch Information noch Bürgenschutz.

LEASING IST PRAKTISCH AUSGESCHLOSSEN.

Es reicht, wenn die Leasinggeber anders als im bisherigen deutschen Recht in ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen hineinschreiben, dass es keine automatischen Übertragungen des Eigentums am Ende der Laufzeit gibt und selbst die vollständig aufgebrauchten Wertgegenstände im Eigentum des Leasinggebers bleiben (Art. 2 Nr. 2c formuliert: „ausgeschlossen sind Leasingverträge, bei denen die Verpflichtung, das Objekt käuflich zu erwerben nicht vorgesehen ist und zwar entweder in der Vereinbarung selber oder in einer gesonderten Vereinbarung“).

KREDITGENOSSENSCHAFTEN AUSGESCHLOSSEN

Kreditgenossenschaften, wie sie in Großbritannien und Irland üblich sind und bei denen viele Kritiker der Auffassung sind, dass sie in besonderer Weise sich einen abgeschlossenen wohlhabenden Kundenkreis sichern (z.B. Kreditgenossenschaft für Universitätsprofessoren) und damit in besonderer Weise gegenüber Arbeitslosen und armen Leuten diskriminieren, werden von den Anforderungen der Richtlinie in Art. 4 Nr. 5 ausgenommen.

TOTALHARMONISIERUNG GEGEN DIE LÄNDER BEIBEHALTEN

Die Totalharmonisierung ist immer noch das Grundprinzip (Art. 21 Harmonisierung und imperative Natur der Richtlinie lautet: „Soweit die Richtlinie harmonisierte Vorschriften enthält, dürfen die Mitgliedsstaaten weder andere Vorschriftenwähler beibehalten noch neue abweichende einführen“). Diese Bestimmung dürfte gegen den EU-Vertrag verstoßen und wird, falls die Richtlinie umgesetzt wird, dem europäischen Gerichtshof vorgelegt werden, was auch im Europaparlament befürchtet wird.

LÜCKEN IN DER TOTALHARMONISIERUNG

Allerdings hat die deutsche Präsidentschaft nun eine Reihe von Lücken in dieses Prinzip hineingebracht, die es letztlich ineffektiv und unübersichtlich machen. Diese Lücken beginnen i.d.R. mit dem Satz „Die Mitgliedsstaaten können vorsehen...“ (Art. 2 Nr. 4 Ausnahmen für die so genannte soziale Kreditvergabe), Art. 2 Nr. 5 (Regelung für Stundungen und Ausnahmen bei den Rückzahlungen); Art. 5 Nr. 5 „Die Mitgliedsstaaten können die Art und Weise der Unterstützung anpassen...“ „… ihren Bedürfnissen anpassen“ (bei der Verpflichtung von Kreditvermittlern); Art. 13 Nr. 6 „Die Mitgliedsstaaten können vorsehen, dass die Absätze 1 bis 4 a dieses Artikels keine Anwendung finden... (notariell beglaubigte Kreditverträge); Schriftform des Vertrags in Art. 9 Nr. 1 („zusätzliche Erfordernisse der Mitgliedsstaaten bezüglich der Wirksamkeit für den Vertragsschluss werden durch diese Richtlinie nicht betroffen“).

VORFÄLLIGKEITSENTSCHÄDIGUNG EINGEFÜHRT

Vorfälligkeitsentschädigungen werden nun eingeführt und im Gegensatz zu den Vorentwürfen aber begrenzt ohne Berücksichtigung der bestehenden nationalen Verbote und Beschränkungen etwa im Schadensersatzrecht (Sie sollen entweder zwischen 0 % für das letzte Drittel der Kreditlaufzeit, 2 % für das 1. Drittel oder 20,- € für das letzte Jahr bis hin zu 1 % für die übrige Zeit (Art. 15) betragen). Diese Regulierung macht wirtschaftlich keinen Sinn. Es verhindert die vorzeitige Rückzahlung von Schulden, begünstigt wucherische Kettenkreditmechanismen, ignoriert Wettbewerb und Markt und führt zu Kreditvergabekartellen, in denen die Verbraucher für die Laufzeit eingebunden bleiben. In 99 % der Fälle der vorzeitigen Kreditzurückzahlung geht es bei Rückzahlungen um Umschuldungen mit demselben oder einen anderen Kreditanbieter. Die Kreditgeber insgesamt verlieren nicht einen Cent durch die vorzeitige Kreditablösung, sondern verdienen daran, weil sie lukrative Folgeverträge vergeben können. Nur diejenigen Kreditgeber, die heute konkurrenzlos schlechte Folgeangebote haben, verlieren auf dem Umschuldungsmarkt an andere, was dem Wettbewerb nutzt. Offensichtlich will die Bundesregierung dieses ändern und diesen Kreditgebern die Möglichkeit geben, ihre Kunden so wie im Hypothekenkredit schmerzlich bewusst, auf lange Zeit auch im Verbraucherkredit zu binden.

KAPITALLEBENSVERSICHERUNGS- UND BAUSPARKREDITE, SOFORTKREDITE

Bei in Anlageprodukte umgeleiteter Tilgung Im Konsumentenkredit braucht in Zukunft kein einheitlicher Effektivzinssatz mehr angegeben werden. Sie bleiben damit zu einfachen Krediten unvergleichlich, obwohl der Bundesgerichtshof gerade hier eine Umgehung der Angabevorschriften gesehen hat. Außerdem werden die privilegierten Kombinationskreditgeber darin bestärkt, die Kreditrückzahlung ökonomisch unmöglich und ineffizient zu machen (was die französischen Gerichte dazu brachte, die deutschen im Elsass verkauften Konstruktionen für rechtswidrig zu erklären.) Die etwas merkwürdige Verpflichtung besteht nun darin, dass die Kreditgeber die Verbraucher darauf aufmerksam machen müssen, dass sie solche schädigenden Konstruktionen ohne echte Preisauszeichnungen und Rückzahlungsmöglichkeit vergeben haben und dass sie mit diesen Konstruktionen nicht wissen können, was auf sie in der Zukunft zukommt. Die Information über die Nachteile bei vorzeitiger Rückzahlung ersetzt nach englischem Muster den aktuellen Schutz.

KREDITLINIEN FREI OHNE FRIST KÜNDBAR

Bei Überziehungskrediten wird zwar die Kündigung des Kredites selber an eine Frist und Begründung gebunden, nicht jedoch die Rücknahme der Kreditrichtlinie, über die erst nachträglich informiert werden muss. Da Kreditlinien bei Eintreffen des Gehaltes immer unterschritten werden, findet die eigentliche Kreditkündigung häufig über die „Anpassung“ der Richtlinie nach Gehaltseingang statt. Die Verbraucher werden hier rechtlos und informationslos gestellt.

VERBESSERUNGEN IN DER RICHTLINIE (MIT EINSCHRÄNKUNGEN)

RÜCKZAHLUNGSPLAN

Es wird nun ein Rückzahlungsplan in Art. 9 Nr. 2 g verlangt. Dieser gibt die einzig taugliche und verantwortliche Information, die dem Verbraucher seine zukünftigen Belastungen deutlich macht. Aber sie wird viel zu spät eingeführt, wenn praktisch der Vertrag schon festgelegt und quasi abgeschlossen ist.

SCHRIFTFORM KANN BLEIBEN

Schriftform und persönliche Unterschrift sowie andere etwa in Belgien oder Irland existierende Warnhinweise zur Verschuldung, um unverantwortliche Kreditvergabe zu verhindern, dürfen von den Mitgliedsstaaten beibehalten werden. Dies bedeutet zunächst, dass Überschuldung durch Mausklick mit Wucherkreditgebern aus Ländern, wo es keine Restriktionen für den Internetkredit gibt, in dem Land, wo sie vertrieben werden, nur noch verhindert werden können, wenn sie aus dem Gastland selber vergeben werden sollen. Im Fernabsatz können „dort besorgte“ englische und holländische Kredite (Art. 9 Nr. 1) auf dem Internet in Deutschland vertrieben werden, ohne dass es noch der Schriftform bedarf. Allerdings zeigt die Praxis in den Niederlanden, dass die Anforderungen an die elektronische Signatur technisch so komplex sind, dass der Mouseclick bisher noch keine Bedeutung erhalten hat. Dies kann sich aber schnell ändern.

VERBRAUCHERKREDITINFORMATION

Die europäische Verbraucherkreditinformation, eine Forderung des ECRC, nach amerikanischem Vorbild eine standardisierte Informationsbox einzuführen, wie sie in der freiwilligen Regelung der europäischen Hypothekenkreditbanken enthalten ist, soll Wirklichkeit werden. Allerdings wird sie nicht in Form einer Box vorgezeichnet, sondern die Kommission soll in Zukunft nur die Schriftgröße (Art. 6 Nr. 1, Annex 3 und Art. 9 Nr. 2 letzter Absatz) festlegen können. Sie wird zudem viele unnötige Informationen enthalten. Die Box macht nur dann Sinn, wenn sie auf die wesentlichen Informationen und Indikatoren beschränkt bleibt und diese auch später im Vertrag in dieser Form wieder auftauchen wie insbesondere Effektivzins, der Gesamtkredit, die Summe der nicht im Effektivzins ausgewiesenen Kosten, der Nettokredit (getrennt nach Auszahlungs- und Refinanzierungssumme), der Bruttokredit, als Summe aller Zahlungen des Verbrauchers im Kredit oder in verbunden Geschäften, die Höhe der monatliche Rate, die erste und letzte Rate nach Datum sowie ein Kostensatz als Verzugszinssatz nach den ersten 6 Monate. Eine solche Box könnte dann auch für die finanzielle Allgemeinbildung in den Schulen unterrichtet und erläutert werden und damit den Wissensstand der Bevölkerung erheblich erhöhen.

VARIABLE ZINSSÄTZE GEBUNDEN

Variable Zinssätze werden jetzt indirekt reguliert, indem der Kreditgeber die Pflicht hat, bestimmte Informationen für sie anzugeben, wie insbesondere der Referenzzinssatz, nach dem sich die Zinsveränderungen im Vertrag richten sollen, die Anpassungsperiode und die Anpassungsbedingungen. Es fehlt allerdings eine Regelung zu den im Voraus bezahlten Zinscaps und wie sie bei Vorfälligkeit anteilig zu erstatten sind.

SONSTIGES

Im Überziehungskredit soll nun der Effektivzins angegeben werden (Art. 2 Nr. 3).
Kredit an Bankangestellte wird nicht weiter von den Vorschriften ausgenommen (Art. 2 Nr. 2f).

WIDERRUFSRECHT

Ein Widerrufsrecht (Art. 13) innerhalb von 14 Tagen wird eingeführt. Dieses Recht ist für einige Länder neu, aber es wird in der Praxis nichts verändern und bleibt erfahrungsgemäß ungenutzt, weil der Druck der Kreditrückzahlung immer erst nach der Auszahlung sich einstellt und die Pflicht innerhalb von 30 Kalendertagen nach Zusendung des Widerrufs den Kredit zurückzuzahlen dieses Recht praktisch für viele unbrauchbar macht. Man sollte stattdessen unter Art. 5 nach französischem Vorbild ein bindendes Angebot für 14 Tage vorsehen. Das würde auch das Problem der willkürlichen, risikoadjustierten Preise mit Hochzinsen für sozial Schwache lösen, weil jetzt die Verbraucher wirklich ein Angebot bekämen und damit vergleichen könnten.

FRAGWÜRDIGE UND ÜBERFLÜSSIGE REGULIERUNGEN

EXPERTENGREMIUM

Ein neues Expertengremium (Art. 23 a) soll eingerichtet werden. Nachdem die europäische Kommission inzwischen schon zig Expertengremien mit Finanzdienstleistungen (die Gremien zum Financial Services Action Plan sowie zum Post FSAP, zu Hypotheken, Kreditkarten etc) eingesetzt und allein für Verbraucher zwei solche Gremien (FinUse und Consumer) beschäftigt, soll nun ein weiteres Komitee gegründet werden, das wahrscheinlich dieselben Mitglieder wie die vorherigen beiden enthält. Es wird der Expertokratie in Brüssel Vorschub leisten, die an die Stelle legitimierter Demokratie tritt. Tatsächlich handelt es sich nicht einmal um Experten, sondern um Personen, die von der Kommission zu Experten erklärt worden sind und häufig nach Proporzgesichtspunkten und Kommissionsnähe ausgewählt werden. Die Kontrolle sollte aus den Mitgliedsstaaten kommen. Nur so können Licht in die Beziehungen zur Bürokratie in Brüssel fallen und In-sich-Geschäfte verhindert werden.

AUßERGERICHTLICHE KONFLIKTBEILEGUNG (ART. 23).

Da in der neuen Direktive keine Pflicht mehr zur Kreditberatung besteht, erweist sich die Betonung von Schlichtungsverfahren eher als Abbau von Verbraucherrecht. Die bestehenden Ombudssysteme sind zur Zeit ganz überwiegend privat und einseitig von der Anbieterseite organisiert. Man hätte daher erwartet, dass Anforderungen an die notwendige Unabhängigkeit und das Verhältnis dieser Schlichtungsverfahren zum bestehenden Rechtssystem gestellt würden. Die Kommission versäumt es aber sogar, auf ihre eigene Empfehlung zu solchen Ombudsverfahren zurückzukommen und fällt damit mit der Richtlinie weit dahinter zurück.

ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG DURCH DAS IFF

Der Ministerrat sollte die bestehenden Entwürfe der Konsumentenkreditrichtlinie beiseite legen und sich mit der ursprünglichen und noch in Kraft befindlichen Richtlinie 87/102/EWG sowie ihren Anpassungen im Jahre 1990 und 1998 beschäftigen. Diese Richtlinien haben sich soweit es um den Anwendungsbereich, die Beratung, den verbundenen Kredit und das Prinzip der Minimalharmonisierung sowie die Berechnung der Kosten und Preisparameter betrifft in der Praxis bewährt. Dort, wo sie durch die Praxis überholt wurde sollte sie renoviert werden. Das ist einfach möglich und erspart in vielen Ländern eine vollständig neue Umsetzung.

Zu den Reformen gehören

1. Einführung einer standardisierten europäischen Verbraucherkreditinformationsbox: Diese Box sollte ein Minimum an wichtigen Parametern und Kennzahlen enthalten, die aus der Sicht der Verbraucher den Kredit charakterisieren (siehe dazu oben). Diese Standardisierung sollte in der Tat in allen nationalen Gesetzgebungen übernommen werden müssen, aber nicht die Möglichkeit der nationalen Gesetzgebung beeinträchtigen, auf neue Entwicklungen im nationalen Markt durch zusätzliche Informationen zu reagieren. Es ist keine Totalharmonisierung, sondern eine Standardisierung.

2. Effektivzins: Die Richtlinie 87/102 sollte nur noch die auf Zahlungsströmen basierende Definition des Effektivzinssatzes enthalten, die möglichst alle an den Verbraucher bezüglich des Kredits gemachten Zahlungen umfasst und zwar auch der verbundenen Zahlungen, wenn der Kreditgeber die dazugehörenden Dienstleistungen selber oder als Vermittler erbracht hat.

3. Werbung: Es sollten Mindestinformationen über den Durchschnitt der tatsächlich vergebenen Kredite in der Werbung die „ab …“ Zinssätze begleiten.

4. Revolvierende Kredite: Es müssten Vorschriften enthalten sein, die die Umgehung der Richtlinie durch viele parallele oder sukzessive Kleinkredite ermöglicht. Es sollten alle Kredite einbezogen, werden, die die Option für eine Umschuldung für eine Kreditverlängerung haben oder die nach den rechtlichen Vorgaben die Möglichkeit enthalten, schlimmsten Falls länger als 1 Jahr zu laufen. Die Vorschriften für den Schutz einer Kreditrichtlinie sollten verbessert werden.

5. Übereilungsschutz und Wahlfreiheit: Ein 14-tägiges bindendes Angebot zur Erreichung einer genauen Preisangabe muss erreicht werden.

6. Verantwortliche Kreditvergabe: Es sollte das Prinzip der verantwortlichen Kreditvergabe wieder in der alten Richtlinie verankert werden und darin die Pflicht, den Verbraucher über die Kreditbelastung im Verhältnis zu seinem Einkommen zu informieren.

7. Bürgen: Die Informationspflichten müssen auf Bürgen ausgedehnt werden.

8. Kredite der Arbeitgeber: Hier bedarf es ebenso wie die jetzige Entwurf vorsieht nur eine Ausnahme im Kredit nicht professionell agierende Kreditgeber.

9. Verzugszins: Der Verzugszinssatz muss begrenzt werden auf das Maximum des bestehenden Vertragszinses oder nach deutschem Vorbild auf 5 % über dem europäischen Basiszinssatz.

10. Umschuldung: Es sollten Grenzen für die Ausbeutung der Umschuldungssituation gefunden werden, sodass zumindest bei interner Umschuldung keine zusätzliche Verteuerung des bisherigen Kredits erfolgt.

ID: 39519
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 27.03.07
   
 

Erzeugt: 13.03.07. Letzte Änderung: 25.05.11.
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