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25.10.2004 Wucher zur Armutsbekämpfung?

- Verbreitet das Englische Handelsministeriun Falschmeldungen über die Kreditvergabe in Deutschland und Frankreich?
(iff Hamburg)
Usury to combat poverty? -Does the Englisch Department of Trade and Industry mislead the English public about consumer credit extension in Germany and France?

Das Englische Handels- und Industrieministerium lehnt Wuchergrenzen in Großbritannien, wo ein Anbieter mit Milliardenvolumen einen durchschnittlichen Effektivzinssatz von über 300% p.A. hat, ab. Es hat nun, offensichtlich um innenpolitischen Druck abzuwenden, ein Gutachten über die Wirkung der Wuchergrenzen zu Konsumentenkrediten in Deutschland und Frankreich veröffentlicht, indem behauptet wird, durch die deutsche Wucherrechtsprechung und die französischen Wuchergrenzen würden arme Personen vom Kredit abgeschnitten. Es behauptet, dass es in Deutschland einen großen grauen Kreditmarkt gäbe, dass die tatsächlichen Zinssätze in Frankreich (und ohne Zinsangabe implizit auch in Deutschland) weit über der Wuchergrenze liegen und dass über die Wuchergrenzen die Armut in Deutschland befördert wird. Die Studie beruft sich auf deutsche Quellen und angeblich eigene empirische Armutsforschung in Deutschland. Sie enthält keine Quellenangaben und Literaturhinweise.

Die Aussagen dürften aus dem Umfeld interessierter Anbieter in Deutschland stammen, zu dem ja auch Englische Banken wie Barclays und Royal Bank of Scotland gehören. Mit diesen Studien lehnt dann das DTI die in England von den sozialen Gruppen und der katholischen Kirche seit langem geforderte Einführung einer Wuchergrenze ab, die bisher immerhin auch die eigene Wettbewerbsbehörde OFT vorgeschlagen hatte. Damit flankiert die englische Regierung ihre aktuelle Politik der Überschuldungs- und Armutsbekämpfung, die mit Marktliberalisierung und reinen Informationspflichten operiert.

Das von der DTI veröffentlichte Gutachten enthält eine Vielzahl von Unrichtigkeiten und zeigt wenig Kenntnis vom deutschen Kreditmarkt, von der Existenz der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, der Tatsache, dass in Deutschland vom Bankkonto gelöste Kreditkartenkredite eher selten sind, den Nichtbanken die Kreditvergabe verboten ist (was zur Zeit dem AWD bei seinen Mitarbeiterkrediten zum Verhängnis werden dürfte) und dass mit den Verbraucherzentralen und über 1.000 Schuldnerberatungsstellen ein recht guter Überblick über die Praxis besteht. Das iff hat in einem Schreiben auf Bitten der Internationalen Vereinigung für Verbraucherrecht sowie der englischen Poverty Action Gruppen eine erste Stellungnahme abgegeben und verlangt vom DTI, dass es seine unqualifizierte Berichterstattung über Deutschland und Frankreich zurückzieht bzw. durch Einschaltung kompetenter Kenner der Materie in Deutschland verbessert

Inzwischen haben sich nämlich auch die Bankenverbände in Brüssel diese Argumentation zu eigen gemacht und verlangen in einer von der Generaldirektion Markt veröffentlichten Publikation die Abschaffung der Wuchergrenzen auch in Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Holland sowie den skandinavischen Ländern und demnächst auch Polen, um den "freien Wettbewerb" (womit der Export englischer Wucherkredite etwa von Providential gemeint sein dürfte) zu fördern. So klagt die Europäische Kommission zur Zeit gegen solche Zinsgrenzen zum Schutz von Kleingewerbetreibenden in Italien

Damit gefährdet die englische Regierung den sozialen Verbraucherschutz nachhaltig, und weil englischsprachige Gutachten gleich welcher Qualität in Brüssel leicht zirkulieren können, auch die Brüsseler Politik. Da das deutsche Justizministerium zusammen mit der englischen Regierung bei der Konsumentenkreditrichtlinie aktiv geworden ist, bleibt auch zu fragen, ob man in Berlin immer genau weiß, mit wem man es zu tun hat.

Das iff dokumentiert seinen in Großbritannen veröffentlichten Brief in englischer Sprache

ID: 37209
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 25.10.04
   
 

Erzeugt: 12.04.06. Letzte Änderung: 12.04.06.
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