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VERANTWORTLICHE KREDITVERGABE - Prinzipen für die verantwortliche Kreditvergabe
ÜBERBLICK

1. Kreditverträge haben in vielen Ländern die Bedeutung der Arbeitsverträge für das Leben der Bürger erreicht. Sie bedürfen einer besonders sorgfältigen Regulierung, die verhindert, dass schwächere Haushalte ausgebeutet werden.

2. Tatsächlich ist diese Entwicklung zur Zeit eher rückläufig. Kreditverträge sind in keiner Weise transparent, sie enthalten Bedingungen, die im besten Fall verwirrend und im schlimmsten Fall absichtlich irreführend sind. Solche Verträge binden teilweise an eine Vielzahl verschiedener zusammenarbeitender Anbieter und bürden zusätzliche Kosten für unvorhersehbare Ereignisse auf sowie verpflichten faktisch, weitere Dienstleistungen wie insbesondere teure Versicherungen in Anspruch zu nehmen. Die Folgen für Verbraucher, die nicht zahlen können oder wollen, können gravierend sein.

3. Der aktuelle Entwurf einer EU-Richtlinie zum Konsumentenkredit sowie der EU-Richtlinie zum Zahlungsverkehr setzt sich deutlich von vorhergehenden Regelungen ab. Unkontrollierbare Anbieter, die auch noch nach dem Recht anderer Staaten anbieten können sollen, erhalten das Recht der Kreditvergabe über Kreditkarten. Transparenz der Kosten wird ebenso von der Gestaltungsmacht der Anbieter abhängig gemacht, wie die Anwendung verbraucherschützender Regeln von Anbieter, Form und Inhalt des Vertrages. Bürgen werden nicht informiert werden und Kredite um des Kredites willen begünstigt. Verschuldung durch Mausclick und ein unbegrenzter Wettbewerb am Bürger vorbei könnte den existierenden sozialen Verbraucherschutz in den Mitgliedsstaaten, die die Schwachen schützen, bedrohen.

A. VORBEMERKUNG: KREDITE, VERSCHULDUNG UND RECHTSKULTUR IN EUROPA

1. Produktive Verbraucherkredite, die zukünftiges Einkommen für gegenwärtige Investitionen in Familie, Konsum, Ausbildung Existenzgründung und Gesundheit verfügbar machen, verschaffen Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben in der modernen Kreditgesellschaft. Obwohl die Ware, das Geld, das hier verliehen wird, von der Gemeinschaft in ihrem Wert staatlich garantiert ist, ist die Kreditvergabe zunehmend in private Hände gelegt worden, um damit unter Wettbewerbsbedingungen Kosten sparend die bestmögliche Verteilung zu erreichen. In privater Hand kann Kredit den nationalen Wohlstand vermehren und die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse erleichtern, zugleich aber auch Familien zerstören, Unglück, Armut und Arbeitslosigkeit ausbeuten und durch Abzug der Kreditkostender die Kaufkraft unteren Einkommensschichten entscheidend vermindern. Solche Wirkungen treten ein, wenn Kredite allein im Interesse and größtmöglichem Gewinn zu den geringsten Kosten vergeben werden und weder Recht noch Moral, öffentliche Aufmerksamkeit, Aufsicht oder schützende Gesetze die Kreditvergabe zügeln. Historisch haben Religionsstifter wie Jesus, Moses oder Mohammed, Philosophen wie Aristoteles, Hegel oder Rousseau, Schriftsteller wie Dostojewski, Balzac oder Thomas Mann immer wieder davor gewarnt, dass skrupellose Geldverleiher den Armen mit Geiz, Gier, Ausbeutung, Wucher und lebenslangem Schuldturm nachhaltigen Schaden zufügen können. Diese Einsicht ist Teil der Europäischen Rechtskultur die Wucher, sittenwidrige Kreditvergabe, Ausbeutung der Not, Zinseszins verboten oder eingeschränkt hat und zugleich mit den Prinzipien der Rücksichtnahme, von Treu und Glauben sowie mit Pfändungsschutz sowie Schuldbefreiung Grenzen definiert hat.

2. Kredit, der über die Rückzahlung mit dem Arbeitseinkommen verknüpft ist, investiert entweder unmittelbar in unsere Fähigkeit Einkommen zu erzielen (Ausbildung und Existenzgründung), eine Familie zu gründen oder sich zu erholen und seine Gesundheit wiederherzustellen oder finanzielle Engpässe im Leben zu überwinden. Private Profitmaximierung und das Vertrauen auf eine unsichtbare Steuerung durch den Markt führten weder bei Krediten an die Dritte Welt noch an die ärmeren Schichten historisch zu ausreichendem Schutz. Kreditvergabe mit Bezug zur sozialen Existenz der Menschen braucht ein regelndes Korsett, das gewährleistet, dass die gesteckten Ziele auch erreicht werden. Der Markt alleine interessiert sich nicht, wofür der Kredit benutzt und woraus er getilgt wird. Er begünstigt die Besserverdienenden und belastet die Ärmeren mit höheren Risiken und kleineren Beträgen.

3. Recht und Gerichte müssen daher den Schutz der Solzialexistenz der Verschuldeten gewährleisten sowie für eine Anpassung der Zahlungen für eine produktive Nutzung der Kredite zur Befriedigung sozialer Bedürfnisse Sorge tragen. Wenn die Europäische Union, die auf Grund von Art. 152 des Maastrichter Vertrages ebenso wie im neuen Verfassungsentwurf zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und zur Abwehr sozialer Diskriminierungen bekennt, sich in ihrer praktischen Politik für eine einseitige Öffnung der Märkte zugunsten der größten, einflussreichsten und oft auch rücksichtslosesten Finanzdienstleister entscheidet, die keinen Respekt vor der Vielfalt nationaler Verbraucher- und Schuldnerschutzkulturen haben, so bedroht sie damit die Idee eines geeinten Europas, das Bankgeschäfte für und nicht gegen die Menschen verlangt.

4. Die nachfolgend aufgeführten Rechtsprinzipien sollen verdeutlichen, wie die kulturelle Vielfalt, das Prinzip sozialer Rücksichtnahme, die „guten Sitten“ sowie „Treu und Glauben“, wie sie das gemeine Recht einmal europaeinheitlich entwickelte, sich in einer verantwortlichen Regelung zum Europäischen Verbraucherkreditrecht niederschlagen müssten. Vergleicht man diese Prinzipien mit dem aktuellen Entwurf der Kommission zur Konsumentenkreditrichtlinie, so fällt auf, dass zumindest die Kommission ein sehr anderes Verständnis für ein geeintes Europa hat.

B. DIE SECHS PRINZIPIEN

1. VERBRAUCHERSCHUTZGESETZGEBUNG MUSS EFFEKTIV SEIN.

Sie sollte alle Formen der Kreditvergabe umfassen, die einen direkten Bezug zur sozialen Existenz des Schuldners haben und zwar besonders im Bereich von Konsum, Ausbildung, Wohnung und Existenzgründung.

a) Der Anwendungsbereich einer Richtlinie muss nicht-gewerbliche Nutzer wie Endverbraucher, Wohneigentümer und Existenzgründer („Verbraucher“) schützen.

b) Jede gewerbliche Kreditvergabe muss unabhängig von ihrer Rechtsform erfasst sein. Kredite sind alle Formen der Verschuldung, bei denen gewerblich und damit entgeltlich Kaufkraft zur Verfügung gestellt wird und zwar unabhängig davon, ob es in der Form eines Gelddarlehens, eines Zahlungsaufschubs oder durch Leasing oder eine andere Rechtform erfolgt oder ob das Entgelt als Zins, Provision, Gebühr oder Preis benannt wird.

c) Der gesamte Prozess der Kreditabwicklung, so wie er sich aus Nutzersicht darstellt, muss erfasst werden. Die wirtschaftliche Entwicklung auf der Angebotsseite führt einer immer stärkeren Aufspaltung in verschiedene Verträge, Anbieter, während auf der Seite der privaten Haushalte sich diese Prozesse immer einheitlicher auswirken. Historisch begann der Verbraucherkredit im Abzahlungskauf damit, dass Verkäufer, Kreditgeber, Vermittler, Risikoträger, Zahlungsstelle und Inkassoinstitut in einer Person dem Verbraucher gegenübertraten und von ihm auch mit allen Problemen konfrontiert werden konnte. Später spaltete sich diese Beziehung zwischen Banken und Handel in zwei Verträge, das Erwerbsgeschäft und das Darlehen auf. Das System der Kostensenkung durch Arbeitsteilung entlang der Wertschöpfungskette führt die Anbieter zur horizontalen Kooperation, wo ein ganzes Bündel an getrennten Verträgen verbunden werden, durch die die Refinanzierung, die Kundenakquisition, die Risikoabsicherung des Kredits, die Kundenbetreuung während der Laufzeit („Servicing“), Umschuldung und Anpassung and die sich verändernden Lebensbedingungen des Kreditnehmers und schließlich die Schuldbeitreibung in verschiedene Hände gelegt ist, bei der jeder einzelne Anbieter allein am eigenen Gewinninteresse orientiert mit der Gesamtproblematik der Verfügbarkeit von zukünftigem Einkommen für aktuelle Bedürfnisse und damit mit sozialen Problemen bei Einkommen und Konsum kaum noch etwas zu tun hat. Außerdem hat die große Macht, die multinationale Finanzkonzerne haben, dazu geführt, dass die persönliche Abhängigkeit, die in jeder Kreditbeziehung enthalten ist, für den erzwungenen Überkreuzverkauf („cross selling“) von verbundenen Versicherungen, Investmentprodukten und anderen Finanzdienstleistungen missbraucht wird. Während für die Verbraucher es immer noch darum geht, zukünftiges Einkommen für aktuelle Ausgabenotwendigkeiten zu mobilisieren, behauptet die Gegenseite, sie würde eine Vielzahl von preiswürdigen Dienstleistungen dazu anbieten. Es gehört zu den wichtigen Aufgaben der politischen Kultur zu gewährleisten, dass die einheitliche Sichtweise der Nutzerperspektive als das Verbraucherschutzrecht bestimmendes Element auf dem Markt bleibt, wo letztlich ein einziges Ziel zu erreichen ist, die Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse der Verbraucher.

d) Kreditregelung muß leistungsfähige sozial- und ökonomische Effekte der Kreditverlängerung anregen

2. KREDITVERTRÄGE MÜSSEN TRANSPARENT SEIN UND VOM NUTZER VERSTANDEN WERDEN.

Es muss vollständige Transparenz über den Gesamtpreis einer Kredittransaktion sowie die tatsächlich bereitgestellte Kaufkraft bestehen, damit der Verbraucher rational das günstigste Produkt auswählen und damit Wettbewerb herrschen kann (Wettbewerbstransparenz). Es muss jedoch ebenso darüber Transparenz herrschen, welche Belastungen sowie evtl. Risiken wann auf die Liquiditätslage des Haushalts in der Zukunft zukommen (Soziale Transparenz).

a) Wettbewerbstransparenz erfordert eine Preisauszeichnung mit einem standardisierten mathematisch eindeutigen Preis, der als Gesamtpreis („one-price“ Doktrin) als Effektiver Jahreszinssatz alle aus der Nutzerperspektive durch den Kredit entstehende Zahlungsströme erfasst. Der Effektive Jahreszinssatz sollte alle auf den Kredit bezogenen Auszahlungen an den Verbraucher (Nettokapital) sowie alle Einzahlungen des Verbrauchers (Belastungen) gleichgültig auf welche Kostenelemente sie sich beziehen zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt umfassen. Dies umfasst Zahlungen aus verbundenen Geschäften wie Restschuldversicherungen, Spar- und Investmentverträgen, Kontogebühren ebenso wie die Zahlungen auf abgespaltene Dienstleistungen, die nach dem Ansatz an der Wertschöpfungskette etwa auf Vermittlerprovision, Akquisitionskosten, Risikogebühren oder Kosten für die Einziehung der Forderungen entfallen. Solche Zahlungen, die auf Produkte entfallen, für die ein Markt und damit eine Alter-native besteht, sollten zusätzlich gesondert ausgewiesen werden, damit der Vergleich einfach wird.

b) Soziale Transparenz verlangt die Aushändigung eines standardisierten Zahlungsplans, der alle gegenseitigen Zahlungen aus allen verbunden Geschäften umfasst. Der Zahlungsplan sollte die tatsächlichen Auswirkungen der Zahlungen auf das Vermögen des Kunden zum Vertragsschluss und in der Zukunft in Form einer Kontoaufstellung mit Soll und Haben enthalten und auf solche Risiken und ihre Folgen in der Zukunft hinweisen, die mit statistischer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

c) Verbraucher sollten ausreichend Zeit für eine informierte Entscheidung und zur Einholung fachlichen Rates in Bezug auf das konkrete Angebot haben. Das Widerrufsrecht oder das (französische) Recht, ein bindendes Angebot der Anbieterseite einseitig abzulehnen sollte in keiner Weise durch die Pflicht zur sofortigen Rückzahlung behindert werden. Solche Hindernisse betreffen gerade die Schwächsten, die von skrupellosen vor allem Kleinkreditgebern in unnötige Kredite hineingetrieben wurden und verhindert adäquate Marketingpraktiken.

d) Verbraucher sollten effektiven Zugang zu qualifiziertem, unabhängigem kostenadäquatem Finanz- und Kreditrat haben.

3. KREDITE SOLLTEN FAIR UND VERANTWORTLICH SEIN.

a) Verantwortliche Kredite bedeutet die Bereitstellung aller notwendigen Informationen sowie einer objekt- und personengerechten Beratung ebenso wie eine Haftung für fehlende und falsche Information und Beratung.
Beratung verbindet die Bedürfnisse der Verbraucher mit ihrem zukünftigen Einkommen und ihrer zukünftigen Kaufkraft und vermittelt ihnen einen konkreten Eindruck darüber, wie sich der Kredit auf das Leben ihrer Familien auswirken wird. Sie ist nur effektiv, wenn der Kreditgeber auch die rechtliche Verantwortung für ihre Richtigkeit, Vollständigkeit und Verständlichkeit übernimmt.

b) Kein Kreditgeber sollte das Recht haben, die Schwäche, Not, Unerfahrenheit oder Arglosigkeit des Kreditgebers auszunutzen.
Wo Märkte Verarmung, Übervorteilung und Abhängigkeit dadurch befördern, dass sie die Reichen begünstigen und die Armen nach ihrem scheinbaren Zukunftswert benachteiligen, muss das Recht dem Mindeststandards entgegenstellen, die auch für die Ärmeren die Bedingungen eines „Als-Ob-Marktes“ verwirklichen. Effektiv wirkende Wuchergrenzen, ebenso wie Regeln, die verhindern, dass Verbraucher in der Not durch ungerechtfertigte Zusatzkosten und unsinnige Zusatzprodukte belastet werden, können dafür Sorgen, dass die Freiheit des Marktes nicht als Vorwand dafür missbraucht wird, Kunden ohne Verhandlungsmacht kartellartig auszubeuten. Soziale Diskriminierung, Ausgrenzung, Preisdifferenzierung nach Einkommen und Einkommensquelle sowie die Überbürdung aller Risikokosten auf die Schwächsten (mit dem Scheinargument, dass auch diejenigen 70 % dieser Gruppe das höchste Risiko zu tragen haben, bei denen es später nachweislich nicht eintritt) führt dazu, dass diese Prophezeiung bewusst zur Realität gemacht wird. Soziale Risiken, die die ungleiche Verteilung von Einkommenschancen für geleistete Mühe und Arbeit zwischen Kinderlosen und Eltern, zwischen Kranken und Gesunden, zwischen Jungen und Alten, zwischen Gebildeten und weniger Gebildeten repräsentieren, sollten von allen in der Gesellschaft und nicht nur von den unmittelbar Betroffenen getragen werden.

c) Die Entschuldung mit eigenen Mitteln sollte als Grundlage einer sinnvollen Haushaltsführung bei Krediten, die sich unmittelbar auf Arbeit und Konsum beziehen, jederzeit möglich sein. Vorzeitige Rückzahlung von Krediten muss zu jeder Zeit ohne strafähnliche Zusatzkosten möglich sein. Verbraucher sollten das Recht haben, „in ihre Schulden zu sparen“, d.h. ihr Geld zur lukrativsten und sichersten Geldanlage, der Schuldentilgung zu benutzen. Es kann nicht akzeptiert werden, dass aus Profitgier Geldverleiher das Recht erhalten, Verbraucher in der Verschuldung zu halten, um daraus mehr Gewinne zu erwirtschaften. Jede Art von Fälligkeitsgebühr, die über die reinen Verwaltungskosten hinausgeht, ebenso wie die Androhung sonstiger Konsequenzen, verhindert das Recht. Wenn Verbraucher auf ihre Schulden zahlen, dann sollte dies bei Überschuldung immer zuerst von der Zinstragenden Kapitalschuld entlasten.

d) Das Recht muss die Umschuldungen sowie die Zusatzkreditaufnahme stärker daraufhin kontrollieren, ob sie letztlich eine Refinanzierung von Zinsen und Kreditkosten darstellen.
Umschuldungen führen aus der Sicht der Nutzer zu keiner Kredittilgung sondern zu einer Krediterhöhung und zumeist zu insgesamt verschlechterten Kreditkonditionen in einer Schwächephase. Recht sollte diese Ausbeutung steuern. Scheinlösungen, bei denen zukünftige Chancen gegen aktuelle kurzfristige Erleichterungen eingetauscht werden, müssen verhindert werden.

4. DIE ANPASSUNG VON KREDITBEZIEHUNGEN AN VERÄNDERTE LEBENSUMSTÄNDE SOLLTE VORRANG VOR KREDITKÜNDIGUNG UND INSOLVENZ HABEN.

a) Es besteht ein dringendes Bedürfnis nach einem Kündigungsschutzrecht bei Verbraucherkrediten. Kreditbeziehungen treten zunehmend an die Stelle von Arbeits- (finanzierte Selbständigkeit, Existenzgründung) und Mietbeziehungen (finanziertes Wohneigentum). Ihre Bedeutung für die Sozialexistenz der Kreditnehmer machten eine entsprechende Schutzgesetzgebung notwendig.

b) Bei Zahlungsstörungen sollte sichergestellt werden, dass daraus kein Zusatzverdienst der Anbieter oder interessierter Dritter abgeleitet werden kann, der dazu führen würde, den vereinbarten Vertrag in sekundäre Verpflichtungen umzuwandeln. Verzugszinssätze und –kosten sollten nicht die Kosten der Refinanzierung der ausstehenden Summen einschließlich der zusätzlichen Verwaltungskosten der Anbieter übersteigen.

5. DIE SORGE UM DIE ÜBERSCHULDETEN HAUSHALTE, IHRE ÖKONOMISCHE GESUNDUNG UND WIEDEREINGLIEDERUNG IN DEN PRODUKTIVEN WIRTSCHAFTLICHEN UND SOZIALEN PROZESS SOLLTE EINE ÖFFENTLICHE AUFGABE INSBESONDERE DES STAATES SEIN.

a) Gewinnorientierte Systems bieten in der Regel keine angemessenen Lösungen, um Überschuldeten zu helfen. Umschuldungen, Kreditkontingente, offene Linien, Zusatzkredite zur Ratenzahlung und andere Formen des grauen Kreditmarktes sowie die gewerbliche Schuldenregulierung bringen kurzfristige Probleme in langfristige Überschuldung und soziale Diskriminierung auf einem grauen Kreditmarkt spezialisierter Geldverleiher.

b) Verbraucher sollten das Recht auf ein öffentliches Verbraucherinsolvenzverfahren haben, indem ihre Pflichten zur Schuldentilgung den verbleibenden Verdienstmöglichkeiten angepasst wird. Wo die Bereitstellung von Kreditkapital und seine Rückzahlung und Verzinsung nicht länger einen produktiven Prozess der Einkommenserzielung befördern kann, muss eine Restschuldbefreiung oder Anpassung erfolgen. Während Kapitaleigner in juristischen Personen ihr Geld verselbständigen können und wo bei Fehlinvestitionen oder Unglück der Konkurs zugleich die Schulden tilgt, müssen wirkliche Menschen ihre Kredite auf den verbleibenden Wert ihrer Arbeitskraft einstellen können, wenn diese allein die Quelle der Rückzahlung ist. Restschuldbefreiung ist daher ein Menschenrecht, mit dem das Recht auf Hoffnung und neuen Anfang in der europäischen moralischen und religiösen Tradition für die Schuldner, ihre Familien und Kinder aufrechterhalten wird.

c) Verbraucherinsolvenzverfahren müssen dazu führen, dass Überschuldete durch Rehabilitation und Reintegration in ein produktives Leben zurückfinden. Dies erfordert eine Begleitung des Prozesses der Entschuldung mit Betreuung, unabhängigem Rat und Schutz vor eigennützigen „Helfern“.

6. KREDITNEHMER MÜSSEN ANGEMESSENE MITTEL HABEN, UM IHRE RECHTE ZU VERTRETEN UND IHRE PROBLEME ZU ÄUSSERN.

a) Es sollte angemessene individuelle wie kollektive rechtliche Verfahren geben, um Kreditnehmerrechte durchzusetzen. Während Banken Prozesse und Rechtsfragen strategisch sehen können und in jedem geführten Prozess die Wirkungen für ihr Gesamtgeschäft mitkalkulieren, übernimmt jeder Kreditnehmer ein enormes Risiko wenn er sich vor Gericht gegen die Banken und andere Kreditgeber wehrt. In der Praxis sind es die Banken, die die Rechtsfälle, die von den Gerichten der oberen Instanzen entschieden werden, auswählen. Diese strategische Schwäche der Verbraucher muss ausgeglichen werden, damit die höchsten Gerichte nicht mit Potemkinschen Dörfern konfrontiert sind. Das Prozesskostenhilfeverfahren mit seiner Prüfung der Erfolgsaussicht war in der Vergangenheit ein solches kompensatorisches Mittel, nicht jedoch die von der Anbieterseite dominierten Ombudsstellen. Verbandsklagen sind in der Theorie gut, brauchen jedoch ein entsprechendes Anwaltssystem und haben in der Vergangenheit für die Kreditnehmer kaum Nutzen gebracht.

b) Eine kritische Öffentlichkeit ist der Grundstock für die Entwicklung einer fairen und verantwortlichen Kreditvergabe. Banken und Versicherungen sowie andere Finanzdienstleister wie vor allem Strukturvertriebe üben mit ihren Werbeetats, als Kreditgeber und Investoren enormen Einfluss auf die freie Presse aus. Sie benutzen das Meinungsäußerungsrecht in vielen Fällen bei überforderten Wettbewerbsrichtern effektiv, um jede Kritik auch der gerade den Wettbewerb erhaltenen Kritiker im Keime zu ersticken. Außerdem sind die meisten Experten in Wirtschafts- und Rechtswissenschaften direkt oder indirekt mit Aufträgen der Anbieterseite in ihrer Arbeit mitfinanziert. Wenn der Staat hier nicht gegensteuert, um die freie Meinungsäußerung im Finanzsektor zu gewährleisten, dann wir einerseits diese Meinungsäußerung immer un-fundierter, irrationaler und emotionaler, zum anderen der Eindruck einer von Banken beherrschten Öffentlichkeit unabweisbar.

ID: 37005
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 13.03.06
   
 

Erzeugt: 15.03.06. Letzte Änderung: 18.04.06.
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