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Wilfried Trapp, Schuldnerhilfe Köln e.V.

(Workshop 4 Sa. 09:15: Verbraucher-, Kunden- und Schuldnerberatung: Qualitätssicherung und Effizienz)
Gruppenarbeit in der Schuldnerberatung

Die Verbraucherinsolvenz als Ausweg
Die Schuldnerberatungsstellen nehmen im Verbraucherinsolvenzverfahren neben der Anwaltschaft eine wichtige Funktion wahr. Sie beraten und unterstützen die Betroffenen bei der Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens und sind be-fugt, die Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen mit den Gläubigern auszustellen.

Beratungsüberlastung führte zu langen Wartezeiten
Da das Verbraucherinsolvenzverfahren für viele Schuldner der einzige Weg ist, ihre Schuldensituation zu überwinden, war der Andrang in den Schuldnerbera-tungsstellen von Anfang an sehr groß. Obwohl das Land NRW die Durchführung von Verbraucherinsolvenzberatung mehr als andere Bundesländer fördert, rei-chen die bereit gestellten Finanzmittel jedoch bei weitem nicht aus, um die Bera-tungsnachfrage auch nur annähernd zu befriedigen. So entstand bei der Schuld-nerhilfe Köln e.V. eine Warteliste, die bis zum Jahr 2003 auf 140 Personen an-wuchs. Für die Betroffenen hätte dies eine Wartezeit von zwei bis drei Jahren bedeutet. Solche Wartezeiten sind für die Betroffenen unzumutbar.

Pilotprojekt als Einstieg in die Gruppenberatung
Die Schuldnerhilfe Köln e.V. stellte daher bereits vor einigen Jahren Überlegun-gen an, wie die Nutzung der vorhandenen Beratungs-Ressourcen optimiert wer-den könnte. Die Chance zur Erprobung eines neuen methodischen Ansatzes, der eine höhere Effizienz und Effektivität versprach, bot sich im Jahr 2002. Damals unternahmen wir im Rahmen eines vom Institut für Finanzdienstleitungen in Hamburg initiierten Pilotprojektes den ersten Versuch, Verbraucherinsolvenzbe-ratung in Gruppen durchzuführen. Absicht des Projekts war es, die Finanzkompe-tenz der Gruppenteilnehmer im Prozess der Schuldenregulierung zu stärken. Bei der Gruppenarbeit wurde u.a. deutlich, dass Synergieeffekte genutzt werden konnten, weil viele Verfahrensschritte im Insolvenzverfahren identisch sind und standardisiert werden können. Durch die positiven Erfahrungen konnten anfangs durchaus vorhandene interne Vorbehalte bei den Beratungskräften, wie z.B. die Befürchtung, dass sich die Ratsuchenden in der Gruppe nicht öffnen würden, ausgeräumt werden. Es wurde im Gegenteil beobachtet, dass viele Teilnehmer geradezu erleichtert waren, mit ihren Problemen nicht allein zu stehen und sich mit Gleichbetroffenen austauschen zu können.

Abbau der Warteliste durch Gruppenberatung
Die positiven Erfahrungen ermunterten uns, den Weg der Gruppenberatung wei-ter zu gehen. Es gab hausinterne Fortbildungen in dieser neuen Methode, parallel dazu wurden die Konzepte zur Gruppenberatung aufgrund praktischer Erfahrun-gen kontinuierlich geändert und angepasst. Schließlich war die Methode so aus-gereift, dass wir Mitte 2004 damit begannen, die bestehende Warteliste durch Einrichtung von Gruppen systematisch abzubauen. In 8 Gruppendurchgängen mit jeweils 10 – 14 Teilnehmern gelang es, die bestehende Warteliste bis zum Jah-resende aufzulösen und die Betroffenen bei der Einleitung des Verbraucherinsol-venzverfahrens zu unterstützen. Auf diese Weise konnte die Anzahl der Insol-venzberatungsfälle um 72,5 % gegenüber dem Jahr 2003 gesteigert werden.

Vorteile der Verbraucherinsolvenzberatung in Gruppen
Die Gruppenarbeit erstreckt sich über eine Zeitdauer von ca. vier Monaten. In der Regel finden in dieser Zeit drei Gruppensitzungen statt. Eingeschoben sind darin zwei Einzelberatungstermine: Im ersten wird per EDV der Regulierungsplan erstellt, im zweiten wird der fertige Antrag geprüft, bevor er bei Gericht einge-reicht wird. Zur Klärung spezieller Fragen stehen die Beratungskräfte zwischen-durch auch für Einzelgespräche zur Verfügung. Insgesamt konnte die Bearbei-tungszeit eines Insolvenzfalles in einer Gruppe auf 5 – 6 Stunden pro Fall redu-ziert werden.

Neben der größeren Beratungseffizienz bietet die Gruppenberatung aber auch den Teilnehmern große Vorteile. Die Ratsuchenden müssen in der Gruppe einen großen Teil der praktischen Arbeit selbst erledigen, z.B. die Korrespondenz mit den Gläubigern (nach Anleitung und unter Verwendung von Mustern). Dadurch werden vorhandene Selbsthilfepotentiale aufgedeckt und gefördert. Der spätere Regulierungserfolg wird eher als eigene Leistung empfunden und stärkt auf diese Weise das Selbstbewusstsein. Außerdem werden ganz lebenspraktische Dinge wie z.B. die Gestaltung eines Briefes trainiert. Immer wieder gelingt es in den Gruppen auch, die Hilfsbereitschaft untereinander zu wecken und die Restschuld-befreiung als gemeinsames Anliegen zu begreifen.

Akzeptanz der Gruppenberatung
Im August 2005 wurden 70 Teilnehmer im Rahmen einer Kundenbefragung an-geschrieben, die eine Gruppenberatung erfolgreich abgeschlossen hatten. Von diesen antworteten 40 Teilnehmer, das entspricht 57,1 %. Nachstehend einige Ergebnisse:

• Hatten Sie das Gefühl, in der Gruppe offen reden zu können?
Ja: 36 x (= 90 %), Nein: 4 x (= 10 %)

• Hat die Beratung bei der Lösung Ihrer Schuldenprobleme geholfen?
Ja: 40 x (= 100 %), Nein: -

• Haben Sie in der Gruppenberatung nützliche Dinge lernen können?
Ja: 36 x (= 90 %), Nein: 4 x (= 10 %)

• Wie bewerten Sie unsere Gruppenberatung?
sehr gut: 26 x (= 65,0 %)
gut: 11 x (= 27,5 %)
gut bis befriedigend: 1 x (= 2,5 %)
ausreichend: 2 x (= 5,0 %)

Perspektiven
Die Verbraucherinsolvenzberatung in Gruppen ist bei der Schuldnerhilfe Köln e.V. zum Standard geworden. Nur in Ausnahmefällen, z.B. bei rechtlich oder tatsäch-lich komplizierten Fällen, bei unzureichenden Sprach- oder Schriftkompetenzen der Ratsuchenden oder bei besonders "schwierigen" Kunden wird die klassische Einzelfallhilfe angeboten. Auch die Skeptikerinnen und Skeptiker im Hause sind inzwischen davon überzeugt, dass wir uns mit der Gruppenarbeit in der Verbrau-cherinsolvenzberatung wieder stärker unserer Hauptaufgabe, der Beratung, zu-wenden können; die Übernahme von Mandaten tritt in den Hintergrund.

ID: 36807
Autor(en): iff
Erscheinungsdatum: 02.02.06
   
URL(s):

Schuldnerhilfe Köln e.V.
 

Erzeugt: 06.02.06. Letzte Änderung: 14.02.06.
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