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Kombinationsfinanzierung, Immobiliardarlehen, Risiken, Anspruchsgrundlagen, Verjährung
iff-Infobrief
A Sachverhalt
Der Verkauf von Kombinationsfinanzierungen führt bei Absinken der Überschussbeteiligungen, wozu es in den letzten Jahren kam, zu einer Deckungslücke. Wird beispielsweise eine Immobilie im Wert von 200.000 € finanziert, die Tilgung für 20 Jahre ausgesetzt und in dieser Zeit eine Kapitallebensversicherung angespart, deren Auszahlungswert inklusive Überschussbeteiligung auf 200.000 € am Ende der 20-jährigen Laufzeit prognostiziert wird, so führen sinkende Überschussbeteiligungen dazu, dass die Auszahlung der Kapitallebensversicherung auf beispielsweise 150.000 € sinken kann und dadurch eine Deckungslücke von 50.000 € entsteht. Da die Abzahlung der Immobiliardarlehen für Privatpersonen oft bis zum Rentenalter geplant wird und mit Eintritt in das Rentenalter das Einkommen spürbar sinkt, kann ein späteres Abzahlen der entstandenen Lücke problematisch sein. Die Verbraucher haben zudem in der Regel damit gerechnet, dass diese Art der Finanzierung dazu führt, dass der angesparte Betrag zur Deckung des Darlehens ausreicht. Dieses war ein typisches Verkaufsargument, auch wenn die Überschussbeteiligung bei Kapitallebensversicherungen nicht garantiert wird und dieses in den Versicherungsverträgen schriftlich dargestellt wird. Steuerliche Vorteile durch die Finanzierungsform bestehen bei Privatpersonen in der
Regel nicht, werden teilweise aber als Verkaufsargument angeführt.

B Stellungnahme

B.I Finanzierungsmodelle und Risiko
Darlehen, die sich eines Tilgungsinstrumentes bedienen, gibt es in vielfältiger Form. Typische Tilgungsinstrumente sind klassische Kapitallebensversicherungen (KLV) und Bausparverträge, die mittels einer Zwischenfinanzierung (Bausparsofortfinanzierung) angespart und später abgelöst werden. Weitere Tilgungsinstrumente sind Investmentfonds, Rentenversicherungen (RV) und auf Investmentfonds basierende so genannte Fondsgebundene KLV und RV. Die angesparten Beträge können dabei nur in geringen Teilen in Investmentfonds angelegt werden, zum Beispiel nur die Überschussbeteiligung, so genannte Hybridprodukte, oder den gesamten Sparbetrag darin anlegen. Die weiteren Ausführungen beschränken sich auf das Tilgungsinstrument einer klassischen Kapitallebensversicherung.

Anbieter sind in der Regel Versicherungsunternehmen, die auch reine Annuitätendarlehen, also Darlehen mit einer durchgehenden Tilgung anbieten können und dieses inzwischen zunehmend tun. Auch Kreditinstitute bieten eine derartige Finanzierung in der Regel als eine mögliche Alternative an. Der Darlehenszins liegt in der Regel unter den üblichen Darlehenszinsen für Immobiliardarlehen, so dass diese Finanzierung auf den ersten Blick besonders günstig erscheint. Die Kosten für das Tilgungsinstrument werden in der Regel nicht in den effektiven Jahreszins mit eingerechnet, da der deutsche Gesetzgeber in der Preisangabenverordnung (PAngV) in § 6 Abs. 3 Nr. 5 eine Ausnahme für derartige Finanzierungen zuzulassen scheint. Darauf berufen sich in der Regel die Anbieter. Ein direkter Vergleich der Kombinationsfinanzierung mit einem üblichen Annuitätendarlehen ist daher nicht ohne Berechnungen möglich. Inwieweit die Kosten für die Risikolebensversicherung, die in dem Ansparprodukt einer Kapitallebensversicherung stecken, eine sinnvolle Ausgabe ist, hängt davon ab, ob der Darlehensnehmer eine zusätzliche Risikolebensversicherung benötigt. Aus Transparenz- und Kostengründen ist in derartigen Fällen eine getrennte Risikolebensversicherung in der Regel sinnvoller. Sie ist zudem flexibler einzusetzen, da sie nicht von dem Ansparvorgang abhängt.

Eine klassische Kapitallebensversicherung investiert von 100 € 80%-90% als Sparbeitrag in das Tilgungsinstrument. Der verbleibende Betrag dient für die Abschluss-, Vermittlungs- und Verwaltungskosten sowie für die enthaltene Risikolebensversicherung. Die genaue Höhe wird in den Verträgen nicht ausgewiesen. Die so genannte „Garantieverzinsung“, derzeit 2,75 % p.a. bezieht sich nur auf den Sparanteil, die effektive garantierte Rendite liegt somit in der Regel zwischen 1,5% und 2,3% und damit ungefähr auf dem durchschnittlichen Inflationsniveau. Der garantierte Auszahlungsbetrag liegt daher bei klassischen Kapitallebensversicherungen weit unter der prognostizierten Auszahlung, zu der eine prognostizierte Überschussbeteiligung hinzugerechnet wird. Die Überschussbeteiligung hängt von den erwirtschafteten Überschüssen in jedem Jahr ab. Einer mit 200.000 € prognostizierter Auszahlung mit Überschussbeteiligung steht derzeit etwa ein garantierter Betrag von 134.000 € gegenüber. Viele Darlehensnehmer von derartigen Kombinationsfinanzierungen sind in der letzten Zeit von dem Versicherer angeschrieben und über die nun erwartete Deckungslücke informiert worden.

Da bei Kombinationsprodukten die Tilgung ausgesetzt ist, muss das angesparte Kapital mindestens eine Nettorendite in Höhe des Darlehenszinssatzes erwirtschaften. Ansonsten bedeutet die Tilgungsaussetzung Nachteile. Da nur ein Teil der eingezahlten Beiträge angespart wird (80%-90%, s.o.), muss die ausgewiesene Rendite höher sein als der Darlehenszinssatz. In der Regel ist der Zinssatz für Geldanlagen niedriger als für Darlehen. Die Differenz wird für die Kosten und den Gewinn des Unternehmens wie dem eines Kreditinstitutes verwendet. Höhere Renditen sind in der Regel nur bei höheren Risiken erzielbar, die Risiken bei klassischen Kapitallebensversicherungen sind aber durch die Aufsichtsregeln beschränkt. Dieser beschriebene Nachteil zeigt sich in dem effektiven Jahreszins der Gesamtfinanzierung, der in derartigen Fällen in der Regel über dem angegebenen effektiven Jahreszins des Darlehens liegt. Der effektive Jahreszins der Gesamtfinanzierung wird nicht in den Vertragsunterlagen ausgewiesen und muss daher selbst ermittelt werden.

B.II Schaden
Grundsätzlich ist für die Ermittlung eines Schadens ein hypothetisches Alternativverhalten anzunehmen. Dieses wäre die übliche Finanzierung mittels eines Annuitätendarlehens, bei der dieselben Zahlungseingänge (Darlehensraten und Raten für die KLV) und ein marktüblicher Zins bzw. der Zinssatz des Anbieters zu diesem Zeitpunkt als raten für ein entsprechendes Annuitätendarlehen unterstellt werden (Cash-Flow-Ansatz).

In der Regel nehmen die Kunden lediglich die Deckungslücke als sichtbaren Schaden wahr. Soweit wie in dem Beispiel genannt statt 200.000 € nur 150.000 € am Ende der Versicherungslaufzeit für die Ablösung des Darlehens zur Verfügung stehen, ist auf den ersten Blick davon auszugehen, dass ein Schaden von 50.000 € zum Auszahlungszeitpunkt entsteht. Soweit allein auf diesen Schaden abgestellt wird, ist der Barwert dieser Summe zu ermitteln. Dabei ist daran zu denken, dass nicht nur die Überschussbeteiligung gesunken ist, sondern auch die Zinsen für das Darlehen. Bei gleich bleibender Belastung (8% p.a.) kann eine Tilgung in der Niedrigzinsphase in Höhe von 3% p.a. vereinbart werden. Bei einer verbleibenden Laufzeit von 10 Jahren reduziert sich die Restschuld auf 122.000 € (berechnet mit dem Programm finanzcheck vom institut für finanzdienstleistungen). Zum Vergleich: der Mittelwert von Zinsen für Immobiliardarlehen im Privatbereich liegt bei 7,7 % p.a.

Beispiel:
Abschlusszeitpunkt
1995 Prolongation/
2005 Alternativverhalten 2005 vorgesehene Ablösung 2015
Darlehenszinsen (Festzins 10 Jahre), kalkuliert 8,0 % 5,0 % 3,0 % zusätzliche Tilgung 122.000 €
Überschussbeteiligung, kalkuliert 8,0 % 5,0 % 150.000 €

Soweit genügend Zeit für eine zusätzliche Tilgung besteht, das Darlehen in einer Hochzinsphase aufgenommen wurde, die Prolongation in einer Niedrigzinsphase erfolgt und die Prognose der Ablösung mit diesem Zinssatz ermittelt wurde, kann ohne eine Mehrbelastung im Verhältnis zum Abschlusszeitpunkt der Verträge das Ziel der vollständigen Ablösung am Ende der Laufzeit durch eine zusätzliche Tilgung erreicht werden.

Die Bewertung eines entstandenen Schadens hängt daher primär von dem Ergebnis der bestehenden Finanzierungsalternative eines Annuitätendarlehens bei gleichem Cash-Flow ab. Die Deckungslücke ist dagegen nur ein Indikator für einen eingetretenen Schaden. Dabei ist die Deckungslücke im Einzelfall durch entsprechendes Alternativverhalten schließbar.

B.III Anspruchsgrundlagen
Es gibt drei mögliche Anspruchsgrundlagen:

B.III.a Aufklärungs- und Beratungsverschulden
Ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden kann aufgrund einer Nebenpflichtverletzung i.S.v. § 280 Abs. 1 BGB im Rahmen eines gesonderten Beratungsvertrages bzw. des Verschuldens bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo, jetzt geregelt in § 311 BGB) vorliegen.

Grundsätzlich muss ein Kreditinstitut bzw. ein Versicherer nicht über Risiken der Finanzierungsform oder der von ihm beabsichtigten Verwendung aufklären. Aufklärungs- und Beratungspflichten bestehen daher nach der Rechtsprechung nur im Einzelfall, soweit ein besonderes Aufklärungs- und Schutzbedürfnis des Kreditnehmers besteht und nach Treu und Glauben der Hinweis der Bank geboten ist (BGH WM 1987, 1546; Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 7. Aufl., Rz .91 ff.).
Bei einer Kombinationsfinanzierung durch eine Kapitallebensversicherung gibt es jedoch erhebliche Nachteile, die einem durchschnittlichen Kreditnehmer nicht bewusst sind und daher deutlich gemacht werden müssen (BGH ZIP 1990, 854; Vortmann a.a.O. Rz .109 ff. m.w.N.; Reifner ZBB 1999, 349). Dabei ist zwischen den Nachteilen der Finanzierungsart aufgrund der verzögerten Tilgung und dem Nachteil des Risikos einer entstehenden Deckungslücke zu unterscheiden. Zu dem an erster Stelle genannten Nachteil gibt es entsprechende Gerichtsentscheidungen, zu dem an zweiter Stelle genannten Nachteil sind bisher keine Urteile bekannt.

Fehlende neue Urteile lassen vermuten, dass ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden als schwierig durchsetzbar gewertet wird. Verträge neueren Datums enthalten zudem in der Regel Erklärungen zur Überschussbeteiligung, deren fehlende Garantie und allgemeine Erklärungen über die Auswirkungen bei einer Reduzierung der Überschussbeteiligung, jedoch keine Worst-Case Szenarien. Inwieweit dieses als ausreichend für eine Risikoaufklärung gewertet werden kann, hängt vom Einzelfall und der verwendeten Klausel ab.

Ein zweiter Weg ist der Standpunkt, dass das Tilgungsinstrument in den effektiven Jahreszins mit einbezogen werden muss. Rechtlich lässt sich dieses aus dem Umgehungsverbot der EU-Richtlinie zum Verbraucherkredit herleiten, die in Deutschland auch für Immobiliardarlehen in einer Norm umgesetzt wurde und somit die Norm auch einheitlich europarechtskonform auszulegen ist (Reifner VuR 2002, 367 ff.).

B.III.b Falschangabe des effektiven Jahreszinssatzes
Die Folge ist unabhängig von der Ermittlung eines konkreten Schadens die Herabsetzung des Nominalzinses bei dem Darlehen gem. § 494 Abs. 3 BGB um die Differenz des zu niedrige angegebenen effektiven Jahreszinses bei dem Darlehen. Für die Effektivzinsberechnung sind sämtliche Zahlungen (Darlehensraten und KLV-Beiträge) einzubeziehen. Diskutiert wird bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses, ob bei der Ablösung auf die prognostizierten Werte abzustellen ist oder auf die garantierte Auszahlung. Bei Abstellung auf die bei Vertragsschluss prognostizierten Werte ist der effektive Jahreszins des Darlehens in der Regel um 0,5% bis 1,0% p.a. zu niedrig angegeben. Um diesen Wert ist der Nominalzins des Darlehens rückwirkend zu reduzieren und die Restschuld neu zu ermitteln.

Teilweise wurde von den Gerichten ein derartiger Anspruch abgelehnt (LG Berlin VuR 2003, 421; OLG Frankfurt am Main BKR 2002, 271). Neuere Entscheidungen haben dagegen einem derartigen Anspruch stattgegeben und die Anwendung des Ausnahmetatbestandes in § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV für Tilgungsinstrumente bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses des Darlehens abgelehnt. Der BGH hat sich mit dieser Frage noch nicht befasst (Reifner VuR 2002, 367 ff.), ein Urteil dazu wird in der nächsten Zeit erwartet. Teilweise besteht nach Informationen von Rechtsanwälten derzeit die Bereitschaft der Darlehensgeber, sich im Vorfeld mit den Kunden zu vergleichen.

B.III.c Erfüllungsanspruch durch Tilgungsinstrument
Die dritte Anspruchsgrundlage hat das Urteil des OLG Karlsruhe eröffnet, indem es einen Erfüllungsanspruch auf vollständige Tilgung durch die Kapitallebensversicherung in dem zu beurteilenden Fall angenommen hat (OLG Karlsruhe BKR 2003, 752). Die Darlehensforderung erlischt mit der Zahlung der Kapitallebensversicherung vollständig, in dem genannten Fall gem. § 607 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. Im Darlehensvertrag befand sich folgende Fassung:

„Die Tilgung erfolgt durch eine Lebensversicherung bei der ... , Ablauf 31.5.2000.“.

Der Darlehensnehmer kann in derartigen Fällen dem Darlehensgeber im Zeitpunkt der Ablösung die - rechtsvernichtende - Einwendung der Erfüllung gem. § 362 BGB entgegenhalten. Allerdings hat das OLG Karlsruhe durchklingen lassen, dass es sich hier um einen Einzelfall handelt. Inwieweit sich diese Entscheidung auf die Mehrheit der Fälle übertragen lässt, bleibt abzuwarten.

B.III.d Bewertung der einzelnen Ansprüche
Während der als erstes genannte Anspruch eine schuldhafte Pflichtverletzung und einen Schaden voraussetzt, kann der als zweites genannte Anspruch unabhängig von Pflichtverletzung, Verschulden und Schaden geltend gemacht werden, was, soweit der Anspruch von der anstehenden BGH-Entscheidung anerkannt wird, die Durchsetzungsmöglichkeiten des Anspruchs erhöht und das Risiko einer Klage reduziert. Bei der als letztes genannten „Anspruchsgrundlage“ entsteht keine Deckungslücke. Es handelt sich hier um eine Einwendung, die dem Darlehensgeber am Ende der Laufzeit entgegengehalten werden kann. Die Ansprüche bestehen, soweit die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt, sind, nebeneinander. Der Anspruch aufgrund eines Aufklärungs- und Beratungsverschuldens ist am schwierigsten durchzusetzen.

B.IV Verjährung der unterschiedlichen Ansprüche
Die Verjährung bei einem Aufklärungs- und Beratungsverschulden entsteht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. In diesem Moment hat sich der Schaden durch den Abschluss das erste Mal teilweise realisiert, da der Abschluss eine Vermögensgefährdung darstellt. Dabei lassen sich Urteile aus der Anlageberatung heranziehen (siehe zum Beispiel: LG Hamburg Urteil vom 29.04.2004, AZ 319 O 248/03). Unerheblich bei der Entstehung eines Schadensersatzanspruchs bei Wertpapieranlagen ist, ob der Anspruch der Höhe nach bereits exakt feststeht (Assmann/Schneider WpHG Komm. § 37a WpHG Rz 7). Durch den Abschluss der Verträge hat sich die Vermögenssituation des Darlehensnehmers bereits verschlechtert. Die Verjährung tritt daher gem. §§ 195, 199 BGB grundsätzlich innerhalb von drei Jahren ein, für ältere Fälle Ende 2004.
Dabei werden Ansprüche in Zukunft möglicherweise verjähren, bevor die Darlehensnehmer den Schaden und einen möglichen Anspruch überhaupt wahrgenommen haben. Eine Lösung dafür ist das Abstellen auf die Kenntnis von den wirtschaftlichen Zusammenhängen für den Beginn der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Hierin heißt es

„… von den den Anspruch begründenden Umständen … Kenntnis erlangt …

Von der Literatur wird das Abstellen auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge derzeit (noch) weitgehend abgelehnt (ablehnend zum Beispiel: Hohmann WM 2004, 757; abstellend auf die Rechtsprechung zu § 852 BGB. Mansel NJW 2002, 89 (91).. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist jedoch an § 852 BGB a.F. angelehnt. Der BGH (NJW 2002, 2777) hat in einer Entscheidung zu Optionsgeschäften zu § 852 BGB a.F ausgeführt, dass es bei komplexen Finanzgeschäften auf die Kenntnis der umstände der wirtschaftlichen Zusammenhänge ankommt, aus denen sich eine Aufklärungspflicht ergibt. Eine Kenntnis darüber kann bei dem Darlehensgeber erst angenommen werden, wenn er über die wirtschaftlichen Zusammenhänge von einem Rechtsanwalt, einer Verbraucherzentrale oder durch den Versicherer selbst darüber informiert wurde. In der Regel wird mit dem ersten Schreiben über die erwartete Deckungslücke durch den Versicherer die Kenntnis über die wirtschaftlichen Zusammenhänge, einen möglichen Schaden und damit über eine mögliche Aufklärungspflichtverletzung gegeben sein. Inwieweit die Gerichte dem folgen werden, ist derzeit noch nicht absehbar. Urteile zur Verjährung nach der Schuldrechtsmodernisierung sind erst nach 2004 zu erwarten. Unabhängig von der Kenntnis verjährt ein derartiger Anspruch gem. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB innerhalb von 10 Jahren taggenau.
Eine Aufrechnung mit bereits verjährten Ansprüchen gem. §§ 215, 387 ff. BGB scheidet zu einem späteren Zeitpunkt aus. Denn dafür müssen sich die Ansprüche (Schadensersatz und Darlehensrückgewähr) zu einem Zeitpunkt vollwirksam und fällig gegenüber gestanden haben (Palandt § 387 Rz. 11 BGB). Die Rückzahlung des Darlehens ist aber auch bei Prolongation erst am Ende der vereinbarten Laufzeit bzw. mit Kündigung fällig. Hier ist zu trennen zwischen der Laufzeit des Darlehensvertrages an sich und der getroffenen Zinsvereinbarungen. Der Anspruch auf Schadensersatz verjährt daher in der Regel vor Fälligkeit des Anspruchs auf Darlehensrückzahlung, so dass es zu einer Aufrechnungssituation vor Eintritt der Verjährung nicht kommt.
Der Anspruch auf die Neuabrechnung des Darlehens aufgrund eines zu niedrigen effektiven Jahreszinses verjährt erst mit dem Sinken der Restschuld auf 0 € und dem Entstehen von Rückforderungsansprüchen des Darlehensnehmers. Die Problematik der Verjährung ist mit Ansprüchen einer unterlassenen Zinsanpassung zu vergleichen. Eine Kombinationsfinanzierung ist wirtschaftlich betrachtet ein Annuitätendarlehen mit aufgeschobener Tilgung, verteilt auf zwei Verträge. Der BGH (NJW 2002, 957) hat bestätigt, dass es sich bei derartigen Finanzierungsformen um eine wirtschaftliche Einheit handelt. Die KLV stellt das Tilgungsinstrument dar. Bei Annuitätendarlehen sind Raten auf Zins und Tilgung zu verteilen. Die Ausweisung und Kenntnisnahme des Saldos stellt an sich kein Anerkenntnis oder einen Verzicht auf Ansprüche dar, da hierin keine Willenserklärung des Darlehensnehmers zu sehen ist.
Der Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung des Darlehensnehmers reduziert sich bei reduziertem Nominalzins entsprechend. Eine differenzierte Verjährung der einzelnen Zinsdifferenzen, wie sie teilweise von einzelnen Kreditinstituten bei unterlassenen Zinsanpassungen vorgetragen wird, ist daher prinzipiell abzulehnen. Im Übrigen würde ansonsten auch die Regelung der EU-Richtlinie zum Verbraucherkredit unterlaufen werden, die als Norm einheitlich auszulegen ist. Eine Verjährung tritt daher erst mit Rückzahlung des Darlehens ein. Der Anspruch auf Rückzahlung des zu viel bezahlten Betrages aufgrund einer zu hoch ausgewiesenen Restschuld besteht gem. § 812 BGB und verjährt innerhalb von 3 Jahren nach Zahlung gem. § 195, 199 BGB.
Soweit der Darlehensvertrag festlegt, dass die Erfüllung durch die KLV vollständig erfolgt, kann dem Darlehensgeber die Einwendung des § 362 BGB entgegengehalten werden. Eine Verjährung tritt in diesem Zusammenhang für den Darlehensnehmer nicht ein. Bei Zahlungen an den Darlehensgeber aufgrund der „Deckungslücke“ im Jahr 2015 verjähren Rückgewährsansprüche gem. § 812 BGB frühestens Ende 2018, wobei es auch hier auf die Kenntnis ankommt.

Vertragsschluss Neues 1. Schreiben Regel-Verjährung Prolongation Ablauf Altfälle Ablösung
Schuldrecht Deckungslücke Altfälle 199 Abs. 2 Nr. 1 BGB
-------+------------+----------------+------------------+-----------------------+-----------------+-----------------------+------
1995 2002 2003 2004 2005 2011 2015
C Fazit
In der Vergangenheit und auch noch heute werden für die Immobilienfinanzierung Immobiliardarlehen abgeschlossen, die keine kontinuierliche Tilgung vorsehen, sondern bei der die Tilgung durch ein Ansparprodukt – meist eine Kapitallebensversicherung – ersetzt wird, die am Ende der anvisierten Laufzeit die Tilgung des Darlehens in einer Summe vorsieht. Bis dahin ist die Tilgung ausgesetzt. Diese Form der Baufinanzierung birgt erhebliche Risiken und führt bei sinkenden Überschussbeteiligungen zu Finanzierungslücken am Ende der Laufzeit. Ein Anspruch der Verbraucher für die entstandene Deckungslücke kann in diesen Fällen (1) aufgrund eines Beratungsverschuldens, (2) aufgrund einer Falschangabe des effektiven Jahreszinses und (3) aufgrund eines Erfüllungsanspruchs in Höhe des Darlehens bestehen. Die Anspruchsgrundlagen können, soweit zutreffend, nebeneinander geltend gemacht werden. Aufgrund der langen Laufzeit derartiger Verträge ist auf die Verjährung zu achten. Die Verjährung hängt von der geltend gemachten Anspruchsart ab. Eine spätere Aufrechnung mit bereits verjährten Forderungen ist in der Regel nicht gegeben.
Nur bei Ansprüchen aufgrund eines Aufklärungs- und Beratungsverschuldens droht der Eintritt der Verjährung in absehbarer Zeit. Ansprüche aufgrund eines Aufklärungs- und Beratungsverschuldens verjähren in dem Beispiel regelmäßig Ende 2004, aufgrund der Kenntnis im Jahr 2003 erst Ende 2006, unabhängig der Kenntnis Ende 2011. Der Anspruch auf Rückgewähr einer zuviel gezahlten Restschuld entsteht erst mit der Rückzahlung des Darlehens im Jahr 2015, die Verjährung tritt frühestens Ende 2018 ein. Die Einwendung der vollständigen Erfüllung durch die KLV kann 2015 dem Darlehensgeber entgegengehalten werden.

ID: 35262
Autor(en): Tiffe, Achim
Erscheinungsdatum: 14.12.04
   
 

Erzeugt: 19.05.05. Letzte Änderung: 15.10.07.
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