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BGH-Urteil: "Schrottimmobilien"
iff-Infobrief
A Sachverhalt
Die Verbraucherzentrale Bremen weist daraufhin, dass der Bundesgerichtshof in einem neueren Urteil vom November 2003 bei den in der Öffentlichkeit als "voll finanzierte Schrottimmobilien" bekannten Anlagen vor allem der ehemaligen Bayernhyp jetzt auch im Ergebnis die Anwendung der Rechtsprechung seiner Vorgängersenate zur Aufklärungspflicht beim Kapitallebensversicherungskredit auf Immobilienkredite ablehnt.
Es gäbe auch dann keine aufklärungsbedürftigen Tatbestände, wenn ein Vermittler eingeschaltet war, der systematisch mit der Bank die Immobilien ins Publikum bringt und durch Kapitallebensversicherungsprovisionen zu Falschaufklärung getrieben wird. Im Übrigen würde allein eine Zinsdifferenz als Schaden in frage kommen.

Der BGH XI ZR 322/01 meint in seiner Entscheidung vom 18.11.2003
(www.money-advice.net/view.php?id=32669):

"d) aa) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Beklagte auch deshalb für aufklärungspflichtig gehalten, weil ihre Filiale ein besonderes Gefahrenpotential durch die von ihr mit veranlaßte Verknüpfung des dem Kläger gewährten Darlehens mit einer Kapitallebensversicherung geschaffen habe. Richtig ist zwar, daß Aufklärungs- und Warnpflichten eines Kreditinstituts ausnahmsweise auch dann bestehen können, wenn die Bank selbst einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken des Projekts hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt (Senatsurteile vom 24. April 1990 - XI ZR 236/89, WM 1990, 920, 922 und vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662). Eine solche Gefährdung ist etwa zu bejahen, wenn das Kreditinstitut das eigene wirtschaftliche Wagnis auf den Kunden verlagert und diesen bewußt mit einem Risiko belastet, das über die mit dem zu finanzierenden Vorhaben normalerweise verbundenen Gefahren hinausgeht (BGH, Urteile vom 28. April 1992 - XI ZR 165/91, WM 1992, 1310, 1311 und vom 11. Februar 1999 - IX ZR 352/97, WM 1999, 678, 679). Die Nichtaufklärung über mögliche Nachteile einer Kombination von Kreditvertrag und Kapitallebensversicherung stellt aber weder eine Abwälzung des wirtschaftlichen Risikos der Beklagten auf den Kläger dar noch steht sie einer solchen gleich.

B Stellungnahme
Der BGH hatte ja bereits die effektive Aufklärung des Verbrauchers (Aufklärung des Vermittlers reicht), das Widerrufsrecht (nur Kreditwiderruf, kein Widerruf des verbundenen Immobilienerwerbs) und anderes mehr außer Kraft gesetzt und sich damit zum Schutzpatron der Vertreiber dieser Systeme gemacht. Mit dem weiteren Urteil wird nun auch dieses Tor zum Verbraucherschutz geprellter Anleger geschlossen, so dass man den Betroffenen inzwischen nur raten kann, unnötige Revisionskosten zu sparen und auf eine neue Geschäftsverteilung beim BGH zu warten, wie sie schon einmal, damals allerdings zu lasten des Verbraucherschutzes durch die Ablösung des 3. durch den 11. Senat erfolgte. Die Entscheidungen sind im iff-System money-advice.net dokumentiert.
Die nachfolgende Feststellung ist besonders unverständlich:
"Die Nichtaufklärung über mögliche Nachteile einer Kombination von Kreditvertrag und Kapitallebensversicherung stellt aber weder eine Abwälzung des wirtschaftlichen Risikos der Beklagten auf den Kläger dar noch steht sie einer solchen gleich."
In fast täglichen Meldungen wird der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass die Kapitallebensversicherer ihre Renditeversprechen ständig nach unten revidieren. (z.B. www.money-advice.netview.php? id=32725) Dies hat die unmittelbare Auswirkung, dass das Kapitalmarktrisiko des Kreditgebers bei Festzinskrediten über den Renditeverlust bei der Kapitallebensversicherung auf den Kunden abgewälzt wird. Der Kunde, dem bei Abschluss vorgegaukelt wurde, seine Tilgung werde lediglich über eine lukrative Kapitallebensversicherung umgeleitet, stellt am Ende der Laufzeit des Kredites fest, dass ihm erhebliche Schulden übrig bleiben. Ein Festzins ist damit in Wirklichkeit ein variabler Zins.
Ein paar hundert Meter weiter in Karlsruhe hat das OLG Karlsruhe am 4. April 2003 weit näher an der Praxis geurteilt, als es feststellte:
"Soll ein Bankdarlehen durch eine Lebensversicherung getilgt werden und bleibt die Auszahlungssumme der Lebensversicherung hinter dem Darlehensbetrag zurück, so kann die Bank die verbleibende Differenz zum Darlehensbetrag nur dann von ihrem Kunden verlangen, wenn sich dies eindeutig aus den Regelungen des Darlehensvertrages ergibt." (www.money-advice. net/view.php?id=32447)
Im einzelnen sind die Probleme auch dargestellt in Reifner, Die Lebensversicherungshypothek als "wirtschaftliche Einheit", Zeitschrift für Bankrecht 1999, 349 (www.money-advice.net/view. php?id=17838.) sowie in Reifner, Verbraucherdarlehensvertrag in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, Springer: Heidelberg, 2004, S. 317 ff, Rdn. 163 ff

ID: 35186
Erscheinungsdatum: 05.01.04
   
 

Erzeugt: 17.05.05. Letzte Änderung: 16.10.07.
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